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Wie ein Gesetz ermöglichen soll, dass Frauen so viel verdienen wie Männer

Überall in der Welt verdienen Frauen weniger als Männer – für die gleiche Arbeit. Ein Gesetz in Deutschland soll damit Schluss machen. Manuela Schwesig hat in dieser Woche die Eckpunkte vorgestellt.

 

Tabuthema Gehalt

In Deutschland wird selten miteinander über die eigenen
Gehälter gesprochen
, denn damit verbinden wir irgendwie ungute Gefühle: Wenn
ich nun weniger verdiene als die Kollegin, heißt das, ich bin weniger wert?
Will sie noch mit mir zusammen arbeiten, wenn ich mehr verdiene? Ist das am
Ende unfair?

Viel eher hört man Geschichten über das Gehalt, wenn jemand
ein Unternehmen verlässt. So eine Beraterin, die zunächst ihr Gehalt sehr
weit nach oben verhandelte, bis das Unternehmen sagte, mehr könne es ihr beim
besten Willen nicht zahlen – ein halbes Jahr später erfuhr sie zufällig, dass
ihr Kollege auf gleicher Hierarchieebene, der zum exakt gleichen
Zeitpunkt den Job antrat, ganze 1.000 Euro mehr im Monat bekam. Oder die
Managerin, die nach zwei Jahrzehnten ihren Führungsposten aufgab und durch
gleich zwei Kollegen ersetzt wurde, die beide von Anfang an mehr
verdienten, als sie zum Schluss.

Das sind zwei krasse Beispiele, aber sie
unterstreichen das, was sich empirisch messen lässt und in vielen Unternehmen
Realität ist: Frauen verdienen in gleichen Positionen oft weniger als ihre
Kollegen. Manchmal liegt es daran, dass sie schlechter verhandelt haben oder
das Gehalt auch Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit mit einberechnet,
manchmal liegt es aber auch schlicht an Diskriminierung.

Den Pay-Gap gibt es wirklich

22 Prozent weniger als Männer verdienen Frauen in
Deutschland im Schnitt – das ist einer der größten Gehaltsabstände in Europa. Komisch,
in einem so modernen Land, oder nicht? Die niedrige Bezahlung führt dann auch zu niedrigen Renten – Frauen sind im Alter häufiger arm (Gender-Pension-Gap) und haben auch weniger Vermögen (Gender-Wealth-Gap).

Ein Teil des so genannten
Gender-Pay-Gaps lässt sich damit erklären, dass typische Frauenberufe oft
schlechter bezahlt werden als die Jobs in eher männlichen Branchen, doch
restlos klären lässt sich die Ungleichheit damit nicht. Lohndiskriminierung
ist leider real, und es hat sich in den letzten Jahren wenig in diesem Bereich
getan. Kann ein Gesetz da helfen?

Wie kann ein Gesetz helfen?

Frauenministerin Manuela Schwesig (SPD) plant ein solches
Gesetz
, das Lohnlücken bekämpfen soll, in dem es vor allem die Transparenz von
Gehältern stärkt: „Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und
Männern“ wird es heißen. Es war bereits zwischen Union und SPD im
Koalitionsvertrag verankert worden – daher soll es auch noch in dieser
Legislatur kommen, Schwesig hofft auf das kommende Jahr. Am Mittwoch hat sie
die Eckpunkte dazu vorgestellt.

Angestellte in der Privatwirtschaft und im öffentlichen
Dienst sollen mit dem Gesetz das Recht bekommen, über ihr Gehalt eine Auskunft
zu erhalten, in dem es anonym mit dem Durchschnittsgehalt von fünf Mitarbeitern
auf gleicher Ebene verglichen wird. Ist ihr Gehalt niedriger als das, könnten
sie klagen.

Große Unternehmen ab 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollen
zudem sich selbst überprüfen und berichten, ob sie Frauen und Männer fair
bezahlen. Aus der Wirtschaft gibt es seit den Plänen zum Gesetz Kritik  zu dieser Idee, angeblich seien Analysen der
Lohnstrukturen sehr aufwendig. Das Argument klingt wenig tragfähig, wenn man
bedenkt welche Berechnungen in Unternehmen ohnehin aufgestellt werden müssen. Moderne
Unternehmen haben sich zudem längst selbst interne Pay-Gap-Analysen verordnet.
Sie beschäftigen sich mit dem Thema „Unconscious Bias“ und wissen außerdem:
Auch für Frauen ist ein nicht faires oder zu niedriges Gehalt oft Grund, sich
nach einem anderen Job umzusehen
. Wer Frauen im Unternehmen halten will, sollte
sie angemessen bezahlen.

„Gute Arbeitgeber schaffen längst transparente
Vergütungsstrukturen und profitieren von einer offenen Unternehmenskultur. Für sie
gibt es auch 
keinen Grund, die Veröffentlichung ihrer Bilanzen in Sachen Geschlechtergerechtigkeit zu scheuen. Gehaltstransparenz ist
Augenhöhe
!“
, kommentiert Henrike von Platen, Präsidentin der Business and
Professional Women Germany e.V.  das
geplante Gesetz.

Mehr Wissen für Verhandlungen

Das Gesetz soll außerdem festlegen, dass in Stellenanzeigen
ein Mindestgehalt angegeben wird und in Arbeitsverträgen nicht mehr festgelegt
werden kann, über das Gehalt nicht zu sprechen. Damit stärkt das Gesetz
Transparenz, aber verhindert nicht, dass über Gehälter verhandelt wird – es ist
leicht zu sagen, Frauen verhandelten schlechter, so lange sehr unklar ist,
worüber verhandelt wird oder wie viel schlechter man denn verhandelt hat. Und
ist mit echten Menschen über Geld zu sprechen, nicht tatsächlich ein
Fortschritt, statt nach Durchschnittsgehältern im Netz zu suchen oder in
anonymen Foren zu fragen, was andere verdienen?

In Kalifornien ist solch ein Gesetz übrigens seit diesem Jahr in Kraft.

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