Foto: Rachael Crowe

„Lass uns schauen“ – über die Freiheit, nicht langfristig zu planen

Warum ich gerne mal einen privaten Termin absage – oder gar nicht erst langfristig plane.

 

Warum ich nicht drei Monate im Voraus plane

Eigentlich hasse ich Termine. Verabredungen. Zusagen auf
lange Sicht. Die einzigen Zusagen, die ich immer halte, sind fest vereinbarte Kundenaufträge
– sonst wäre ich ein Arschloch (und arm).

Alle anderen Termine und Verpflichtungen aber sind verhandelbar. Meist verhandle
ich sie vor allem mit mir selbst. Langfristige Zusagen für private Termine sind
mir zuwider. Was weiß denn ich, wie ich mich in einigen Wochen, an genau diesem
Tag, zu genau dieser vereinbarten Uhrzeit fühle. Vielleicht tut sich
urplötzlich ein schwarzes Loch in einem meiner Universen auf. Vielleicht muss
ich, statt Leute zu treffen, lieber aus dem Fenster sehen und die Stirn
runzeln.

Und so kann es passieren, dass ich vereinbarte Termine
kurzfristig absage oder – mich zunehmend besser kennend – gar nicht erst
langfristig zusage. „Lass uns mal schauen“, sage ich dann, und meine es zu
allen Beteiligten, auch zu mir. Denn mit mir muss ich vorsichtig sein, ich
brauche die Gewissheit, etwas nicht zu müssen, um schlussendlich vielleicht
doch Spaß daran zu haben.

Ich brauche viel Zeit für mich. Vielleicht überproportional
viel Zeit im Vergleich zu anderen Menschen, aber auch das weiß ich nicht, man
fragt ja die Leute nicht: „Wie viel Zeit brauchst Du eigentlich für Dich? wie
viele Stunden am Tag, Abende in der Woche, Jahre Deines Lebens, um mit Dir zu
sein, Dir selbst zuzuhören, Deine Seele zu pflegen?“ Bei mir jedenfalls ist es
ziemlich viel Zeit, die dafür drauf geht. Ohne sie könnte ich weder kreativ
sein, noch menschenverträglich. Ich brauche diese Freiheit.

Was also bleibt übrig zwischen der Erwartungshaltung von Freunden und
Bekannten, dass man geplant und regelmäßig als Freundin und Bekannte zur
Verfügung steht, und meinem Drang, mich freizustrampeln von Pflichten und
Terminen?

Es bleibt ein „Lass uns schauen“ für jene, die damit umgehen
können.

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