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Wie verhandle ich erfolgreich? Wie überbringe ich schlechte Nachrichten? 10 Taktikregeln vom Profi

Richtig verhandeln zu können, ist eine Kunst. Und genau diese Kunst beherrscht Matthias Schranner in Perfektion. Er hat sein geballtes Wissen in einem Buch veröffentlicht.

 

Nutzt eure Intuition!

Wer gut
verhandeln kann, kommt besser durchs Leben. Sei es beruflich oder privat. Genau
dieser Angelegenheit widmet sich Matthias Schranner, der als angesehenster
Verhandlungsexperte Deutschlands gilt, seit zehn Jahren. Er berät Konzerne, mittelständische
Unternehmen und politische Parteien. Nun zieht er in seinem Buch „Teure Fehler – Die 7 größten Irrtümer in schwierigen Verhandlungen“
ein Fazit und erklärt, wie man bei einer schwierigen
Verhandlung
zum Ziel kommt. Wir veröffentlichen zehn von 25 Taktikregeln, die Matthias
Schranner im Kapitel „Verhandeln ist eine Sache der Intuition“ darlegt.

1. Agenda

Starten
Sie bitte jede Verhandlung mit einer Agenda. Auch und vor allem eine kurze und
unstrittige Agenda ist Ihnen für den weiteren Verhandlungsverlauf eine große
Hilfe.
(…) Sie definieren gleich
zu Beginn, was verhandelt wird und was nicht.

Zudem ist
es sinnvoll, jeden Agendapunkt mit einer zeitlichen Begrenzung zu verknüpfen.
Sie können beispielsweise kommunizieren, dass für Agendapunkt Nr. 2 ein
zeitlicher Rahmen von 30 Minuten angedacht ist.

Somit
können Sie während der Verhandlung von Punkt Nr. 2 nach 30 Minuten auf die
Agenda verweisen und zum nächsten, Ihnen vielleicht besser ins Konzept
passenden Punkt wechseln. Oder Sie schicken vorweg, dass gerade Punkt Nr. 2 für
alle von großem Interesse ist und Sie deshalb möchten, dass nicht 30, sondern
45 Minuten auf seine Besprechung verwendet werden. So können Sie flexibel und
ganz nach Ihrem Belieben Einfluss auf den zeitlichen Ablauf der Verhandlung
nehmen.

2. Inhalt wiedergeben

Es mag
sich banal anhören, aber Sie sollten Ihrem Gegenüber ständig zeigen, dass Sie
sehr an ihm und seiner Position interessiert sind. Benutzen Sie oft kleine
Ermutiger wie „Aha“ oder „OK“ und schreiben Sie viel mit.

Reflektieren
Sie, dass Sie den Inhalt verstanden haben. Wiederholen Sie mit eigenen
Worten, was Sie verstanden haben, und versichern Sie sich über die Richtigkeit.

Nutzen
Sie Redewendungen wie: „Wenn ich Sie richtig verstehe …“ oder „Wenn ich das in
eigenen Worten wiedergebe …“.

Wichtig
ist hierbei, dass Sie das vom Gegenüber Gesagte paraphrasieren und
zusammenfassen. So sind Sie in der Lage, der Verhandlung mit Ihrer
Zusammenfassung eine neue, für Sie günstige Richtung zu geben.

3. Gefühl wiedergeben

Hier wird
es schon sehr viel schwieriger. Das Beschreiben von Gefühlen in Verhandlungen
kommt fast immer dem Betreten einer Eisfläche gleich. Ein falsches Wort oder
eine falsche Betonung, und Sie verlieren den Halt und somit die Führung in der
Verhandlung. (…) Gefühle sind universal, jeder kennt sie und jeder kann sie
nach- vollziehen. Wenn Sie Gefühle beschreiben, haben Sie einen schnellen und
authentischen Zugang zu Ihrem Gegenüber gefunden.  (…) Wenn Sie die Situation ansprechen,
dann beschreiben Sie sie aus Ihrer Gewissheit heraus und verkünden nicht die
Wahrheit über sie. Sie sagen dem Mitarbeiter (der entlassen werden soll, Anm. d. Red.), dass Sie – obwohl kinderlos und
nicht verschuldet – seine Situation gut verstehen können. Diese
Herangehensweise wird Ihr Gegenüber sofort als unauthentisch entlarven und als
respektlos abtun: Wie können Sie sich als jemand in einer so anderen Lebenslage
anmaßen, sich in die seinige einzufühlen? Sie werden als heuchlerisch und nicht
glaubwürdig wahrgenommen. Und das ist wirklich schlimm in einer Verhandlung.

Wenn Sie
aber die Gefühle ansprechen, wird Ihre Schilderung authentisch. Da Sie
etwas beschreiben, das Sie wirklich kennen. Das Gefühl der Ausweglosigkeit, das
jeder von uns schon einmal verspürt hat. Gehen Sie jedoch nicht zu sehr ins
Detail. Sonst sprechen Sie wieder über sich und nicht über Ihr Gegenüber.
Also nicht die eigene Situation beschreiben, sondern nur kundtun, dass Sie sein
Gefühl kennen und daher nachvollziehen können.

4. Überbringen einer schlechten Nachricht

Das
Aussprechen eine Kündigung gehört hierzu. Ich werde oft gefragt, wie ich solche
Situationen aus meiner Erfahrung heraus bewerte. Sollte man die schlechte
Nachricht gleich ansprechen oder mit Small Talk einleiten oder gar den
Verhandlungspartner mit Andeutungen dazu bringen, dass er die schlechte
Nachricht selbst entschlüsselt?

Hier habe
ich einen sehr klaren Tipp: sofort ansprechen! Irgendwann müssen Sie es eh
sagen. Wenn Sie um den heißen Brei herumreden, wird alles noch viel schlimmer.
Sagen Sie, was
Sache
ist, und halten Sie dann den Mund.
 Sagen Sie beispielsweise „Hiermit spreche
ich Ihnen die Kündigung aus!“ und halten Sie sich mit Erklärungen und Rechtfertigungen
zurück. Alles, was Sie auf die schlechte Nachricht folgend nachschieben, verwässert
Ihre Aussage. Zudem kann es gegebenenfalls gegen Sie verwendet werden.

Sollte
Ihr Gegenüber emotional reagieren, dann vereinbaren Sie bitte einen baldigen
Termin für die nächsten Schritte. Denken Sie bitte nie, dass es ja gar nicht so
schlimm ist und Ihr Gegenüber Ihre Entscheidung schon irgendwie verstehen wird.
Nein, er kann und wird sie nicht verstehen. Schlicht, weil in dem Moment der
Wahrheit seine Synapsen den Zugang zum Großhirn nicht mehr ermöglichen und ihm
somit jede Form von Rationalität abhanden gekommen ist.

5. Nichts sagen

Diese
Taktik scheint die einfachste zu sein. Leider ist aber gerade das Nichtssagen
äußerst schwer. Es bedeutet, wirklich nichts zu sagen, weder verbal noch durch
Körpersprache, einfach nichts.

In meinen
schwierigsten Verhandlungen gab es oft Situationen, in denen ich nicht wusste,
was ich sagen sollte. Jede Aussage hätte als Provokation verstanden werden und
die Verhandlung eskalieren lassen können.

Deshalb
halte ich mich an einen alten Grundsatz der Dialektik: „Wenn Sie nichts zu sagen
haben, sagen Sie nichts!“

Mit Ihrem
Schweigen betonen Sie alles bisher Gesagte, steigern dessen Effekt und bringen
zudem Ihr Gegenüber zum Reden.

6. Ratschläge vermeiden

Sehr
unklug sind Ratschläge in einer Verhandlung. Im Wort Ratschlag steckt der
Schlag, den Sie Ihrem Gegenüber lieber nicht verpassen. Ebenfalls zu vermeiden
ist es, die Wahrheit für sich in Anspruch zu nehmen.

Vermeiden
Sie also bitte:

­– Pausenloses Bedrängen à la „Jetzt kommen
Sie schon.“

– Belehrungen
à la „Das sehen Sie falsch.“

 -Vorwürfe
à la „Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht?“

– Bewertungen
à la „Ich weiß schon, was Ihnen fehlt.“


- Dramatisieren
à la „Wissen Sie, was Sie anderen damit antun?“

7. These und Antithese

Das
Belehren des Gegenübers ist eine der großen Gefahren der Verhandlung. Sie
können den Anschein der Belehrung leicht vermeiden, wenn Sie nicht nur die
Vorteile, sondern auch die Nachteile Ihrer Vorschläge selbst in die Verhandlung
einbringen.

Sagen Sie
also nicht, wo alleine der konkrete Nutzen für Ihr Gegenüber liegt. Wer nur die
Vorteile seines Produkts herausstellt, wird als Belehrender wahrgenommen.

Bringen
Sie auch seine Nachteile in die Verhandlung ein. Solche, die tatsächlich gegen
Sie sprechen. Stellen Sie dar, warum Sie dennoch von Ihrem Vorschlag überzeugt
sind. Arbeiten Sie nach den Grundsätzen der Dialektik mit These und Antithese.
Gut ist es, These und Antithese in ein synthetisches Fazit, das für Ihren
Vorschlag spricht, münden zu lassen.

Dieses
Fazit, diese Beurteilung sollte sich natürlich organisch in Ihre gesamte
Vorgehensweise einfügen und Sie auf Ihrem Weg zu einer Einigung unterstützen.

An diesem
Punkt ist die Abgrenzung zur affektiven Phase von Bedeutung, also von den
ersten drei Minuten der Verhandlung. In der affektiven Phase sollten Sie negative
Punkte tunlichst vermeiden. Während der kognitiven Phase, dem „Stabilisieren“
des Gegenübers, macht es Sinn, auch Negatives zu betonen, um glaubwürdig zu
wirken.

8. Vermeiden Sie Rückgriffe auf frühere Aussagen

Greifen
Sie nicht frühere Äußerungen Ihres Gegenübers auf, sofern sie Ihren Interessen
widersprechen. „Sie hatten damals gesagt …“

Wenn Sie
ihm seine Äußerungen vorhalten, bleibt ihm nichts anderes übrig, als bei seiner
Meinung zu bleiben. Sie intensivieren so also nur das Ausmaß seiner Gegenwehr.

9. E contrario

Nun
betreten wir die hohe Schule der Dialektik und argumentieren aus der
Gegenposition – e contrario.

Sie
bringen eine Meinung, die Sie absolut nicht teilen, in die Verhandlung ein und
stellen heraus, wie wenig Sie mit ihr einverstanden sind. Daraufhin widerlegen
Sie die Meinung selbst. Nachdem Sie nun deutlich gemacht haben, nicht dieser
bestimmten Meinung zu sein, und diese Meinung auch noch überzeugend widerlegt
haben, gibt es keinen Angriffspunkt für die Gegenseite mehr.

So
drosseln Sie das Tempo der Verhandlung, indem Sie zweimal hintereinander auf
die Bremse drücken. Wenn Sie das geschickt anstellen, wird Ihre „Nichtmeinung nicht mehr aufgegriffen und Sie behalten die Verhandlungsführung inne.

Ein
Beispiel für eine selbst widerlegte „Nichtmeinung“: „Ich bin nicht der Meinung,
dass der Preis der alleinige Maßstab für die Bewertung meines Angebotes sein
sollte. Vielmehr zählt die Messbarkeit des Erfolgs, die ich anhand der folgenden
Untersuchung darlegen kann.“

10. Sprechen Sie im Konjunktiv

Den Kern
einer Verhandlung bildet das Handeln, Sie handeln mit Ihrem Gegenüber eine
Einigung aus.

Wer
signalisiert, dass er schon alles weiß und die Einigung bereits vor seinem
geistigen Auge sieht, der wirkt arrogant und ruft beim Gegenüber eine
Blockadehaltung hervor.

Tun Sie
zumindest so, als ob Sie selbst noch nach dem geeigneten Weg zu einer Lösung
suchen würden.

Zeigen
Sie dem Gegenüber, dass Sie selbst in Teilbereichen noch unschlüssig sind und
gerne seinen Rat hören würden.

Benutzen
Sie deshalb keine dominanten und festlegenden Formulierungen, sondern sprechen
Sie im Konjunktiv.

Bringen
Sie jede Forderung im Konjunktiv in die Verhandlung ein. „Wäre es für Sie
vorstellbar …“ oder „Würden Sie es für möglich halten …“ sind geschickte
Formulierungen. Auch die Verbindung mit der Ich-Form ist gut geeignet: „Ich
möchte meinen, dass …“ oder „Ich könnte mir vorstellen, dass …“.


Aus:
Matthias Schranner: „ Teure Fehler: Die 7 größten Irrtümer in schwierigen Verhandlungen“,
© Econ Verlag, Berlin, 2009, 18 Euro

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