Studien zeigen, dass die Aufmerksamkeitsspanne unter unserem digitalen Lebensstil leidet. Wir verraten, wie du deine Konzentration zurückgewinnst.
Die Aufmerksamkeitsspanne wird – oh, ein Vogel!
Wie verliert man seine Aufmerksamkeit und Konzentration für eine Sache? Man nehme ein süßes Katzenvideo, ein leckeres Rezept für gesunde Brownies und eine Liste mit zehn unglaublichen Fakten, von denen man sich keinen merken wird. Kleine Ablenkungen im Alltag haben eine große Wirkung auf unsere Konzentrationsfähigkeit. Wer im Büro arbeitet, hat es sogar doppelt schwer, bei der Sache zu bleiben. Der Kollege hat eine wichtige Frage, der Wasserkocher rumpelt, der Posteingang füllt sich und eigentlich wartet man auf einen wichtigen Anruf.
Studien haben ergeben, dass sich die Hälfte aller Arbeitnehmer nicht mehr länger als 15 Minuten am Stück konzentrieren kann, bevor ihre Arbeit ungewollt unterbrochen wird. Untersuchungen zeigen zum Beispiel, dass eine E-Mail im Durchschnitt bereits nach sechs Sekunden geöffnet wird. Das ist fatal, denn nicht nur die Aufmerksamkeitsspanne leidet unter der permanenten Ablenkung, sondern auch die Produktivität. Wer einmal abgelenkt wird, braucht nämlich mindestens weitere 15 Minuten, um wieder zurück in den Workflow zu kommen.
Doch es gibt auch gute Nachrichten: Konzentration kann man lernen! Mit ein wenig Geduld und den richtigen Strategien für effektives Zeitmanagement.
Generation Goldfisch?
Mitte 2015 sorgten die Ergebnisse einer Microsoft-Studie für internationale Aufregung. In der Studie geht es um ein hart umkämpftes Gut: unsere Aufmerksamkeit im digitalen Zeitalter. Und die ist eine knappe Ressource, denn jeder Internetnutzer wird täglich allein mit bis zu 10.000 Werbebotschaften konfrontiert. Klingt nach einer unrealistischen Zahl? Das liegt daran, dass die meisten dieser Botschaften unbewusst aufgenommen werden. Die sogenannte „Banner-Blindheit” ist bei Werbetreibenden bereits ein bekanntes Problem. Kein Wunder also, dass sich Tech-Giganten wie Microsoft dafür interessieren, wie man Informationen so aufbereiten kann, dass sie sich auch wirklich einprägen.
Eine Mammutaufgabe allerdings, denn bei der täglichen Reizüberflutung schaltet unser Gehirn im wahrsten Sinne des Wortes ab. Laut der Studie liegt unsere Aufmerksamkeitsspanne unter acht Sekunden und damit unter der Konzentrationsfähigkeit eines Goldfischs. Durch die ständige Zerstreuung seien außerdem Gedankengänge weniger zusammenhängend und öfters durch Grübeleien und Tagträume unterbrochen.
Unser Gehirn ist allerdings ein wahres Chamäleon und kann sich durchaus an wachsende Anforderungen anpassen. So lernen wir unbewusst neue Strategien, um die erhöhte Informationsflut zu bewältigen.
Chamäleon statt Goldfisch
Marketing-Experten sind von den Ergebnissen der Studie mittlerweile nicht mehr überzeugt. Ein Kritikpunkt: Das Gehirn kann zwar Schwierigkeiten haben, sich auf eine Sache zu konzentrieren, das hängt allerdings stark von der Aufgabe selbst ab. Wird eine Aufgabe als langweilig empfunden, ist man schneller abgelenkt oder sucht die Ablenkung geradezu. Jeder kennt das Erstellen dröger Excel-Tabellen oder andere Fleißaufgaben, die man gerne durch ein kurzes Youtube-Video oder den Check des Instagram-Feeds unterbricht. Die Desktop-Version von WhatsApp ist bei der Konzentrationsfindung ebenso wenig förderlich wie der Slack-Channel mit den liebsten Kollegen. Was die Studie allerdings nicht berücksichtigt: Menschen, die sich viel mit digitalen Medien auseinandersetzen, können relevante Informationen besser aufnehmen und schneller aus großen Datenmengen herausfiltern. „Wir haben dank der vielfältigen Möglichkeiten, Medien zu konsumieren, die Fähigkeit entwickelt, mehr Informationen in kürzerer Zeit aufzunehmen und zu verarbeiten”, erläutert die Sozialwissenschaftlerin Tina Bauer.
Doch es gibt auch Aufgaben, die volle Konzentration über einen langen Zeitraum fordern. Ob Masterarbeit, Forschungsprojekt oder knifflige Aufgabenstellung, manche Herausforderungen lassen sich nur lösen, indem man sich wirklich in sie vertieft. Abgesehen davon, wie erfüllend es sein kann, sich richtig in dem zu verlieren, was man gerade tut – wie beim stundenlangen Klötzchenstapeln als Kind. Wie gelingt es diese Fähigkeit zurückzuerobern?
In einem ersten Schritt sollte man sich darüber bewusst werden, welche Ablenkungen einen am meisten beeinflussen und versuchen, diese zu vermeiden. Im Folgenden stellen wir einige Methoden vor, wie du dir eine Konzentration zurückholen kannst.
1. Zeitblöcke setzen
Um sich seine Zeit sinnvoll einzuteilen, hilft es, sich Zeitblöcke zu setzen und diese wenn möglich auch im eigenen Kalender einzutragen. So wissen auch die Kollegen Bescheid, dass man für die nächste Stunde nicht verfügbar ist. Besonders bei kreativen Aufgaben, wie zum Beispiel Texten oder Konzeptionieren, sollte man sich trauen, sich unverfügbar zu machen – und das auch offen mit dem Team kommunizieren. Wichtige Deadlines oder intensive Aufgaben transparent zu machen, schafft mehr Verständnis für den produktiven Rückzug. Dabei kann man ruhig auch mal alle Nachrichten stumm schalten und das Postfach schließen. Wer Schwierigkeiten mit der eigenen Disziplin hat, kann sich sogar Website-Blocker für den Browser installieren, die zum Beispiel Nachrichtenwebsites oder Social-Media-Plattformen für einen gewünschten Zeitraum blockieren.
2. Mut zum Monotasking
Ein Stapel Rechnungen, Korrekturschleifen, die Planung der After-Work-Drinks, private Nachrichten und obendrauf das Tagesgeschäft. Manche Tage schreien nach Multitasking und das ist ziemlich verführerisch, schließlich sind wir darauf trainiert, möglichst viele Dinge gleichzeitig zu erledigen. Männer werden heutzutage immer noch belächelt, da sie angeblich nicht zum Multitasking fähig sind. Selbst wenn das wahr wäre, aus der Hirnforschung wissen wir, dass sie dafür eigentlich bewundert werden sollten, denn zu viele Aufgaben parallel zu erledigen bedeutet Stress, senkt die Produktivität und vermiest die Laune. Was ist wirklich wichtig? Das kann im Zweifelsfall auch mal eine unliebsame Aufgabe sein.
Diese sollte man generell als erstes erledigen, um den Kopf wieder frei zu haben. Das entspricht auch der „Getting Things Done”-Methode von David Allen. „GTD” besagt, dass wichtige Aufgaben, die in kurzer Zeit erledigt werden können, als erstes auf der To-Do-Liste stehen sollten. Vor allem solche, die einem unangenehm sind, wie zum Beispiel Absagen, Kritik oder kurzfristige Terminänderungen. Wichtig ist, eines nach dem anderen zu erledigen und sich vor allem genug Zeit für Pausen einzuplanen.
Kurze Unterbrechungen der Arbeit sind durchaus sinnvoll. Pausen sollten allerdings auch als solche genutzt werden und nicht dazu, alle Social-Media-Feeds zu aktualisieren. Stattdessen kann man ruhig einmal aufstehen, sich ein Glas Wasser holen, an die frische Luft gehen oder mit den Kollegen quatschen.
3. Produktive Pausen einlegen
Diese Technik ist generell als Pomodoro-Workflow bekannt. Es geht darum, regelmäßige Pausen zu machen. Diese Methode ist deshalb so erfolgreich, weil die feste Zielsetzung von 25 Minuten pro Einheit dazu motiviert, sich voll und ganz auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Was sind schon 25 Minuten? Anschließend kann man sich eine kurze Pause gönnen oder sogar den Posteingang checken. So schafft man in kürzerer Zeit mehr Arbeit, als wenn man versucht, die Aufmerksamkeit auf mehrere Aufgabenbereiche aufzuteilen oder stundenlang durchzuarbeiten.
Wichtig bei dieser Methode ist, sich nur einen Aufgabenbereich pro Pomodoro vorzunehmen. Die Planungsphase vor der eigentlichen Arbeit ist also mindestens genauso relevant wie die Arbeit selbst.
4. Die Not-To-Do-List
Wem es schwer fällt, unter vielen kleinen Aufgaben die dringendsten herauszufiltern, der kann auf eine simple Methode zurückgreifen: Die Not-To-Do-List. Um fokussiert in den Tag zu starten, kann es schon kurz nach dem Aufstehen helfen, sich eine Not-To-Do-List zu schreiben. Was simpel klingt, kann plötzlich viel freie Zeit schaffen, die man anschließend mit wichtigeren Dingen füllen kann. Was muss man wirklich nicht erledigen? Welche Aufgabe hat auch noch nächste Woche Zeit? Was kann man abgeben? Steht einem vielleicht der eigene Leistungsdruck im Weg?
Sich noch mehr aufzuhalsen erscheint oft einfacher, als Extraaufgaben abzulehnen oder abzugeben! Doch delegieren kann im Zweifelsfall ebenso wichtig sein, wie Aufgaben zu verschieben. Wenn Teilbereiche an Kollegen oder andere Teammitglieder abgegeben werden können, dann darf man sich ruhig auch mal erlauben loszulassen. Engagement ist gut, effektive Zeitplanung ist besser.
Wir brauchen Konzentrationsfähigkeit, um unseren täglichen Aufgaben nachzukommen. Und wir sind externen Ablenkungen nicht machtlos ausgeliefert. Organisation und Planung hören sich zwar nicht besonders hip an, sind aber unabdingbar für einen strukturierten Arbeitsalltag. So bleibt am Ende des Tages nicht nur das gute Gefühl, etwas geschafft zu haben, sondern auch genug Zeit für andere wichtige Dinge – zum Beispiel den entspannten Feierabend.
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