was ich von daten und fakten halte? nicht so sehr viel. vorallem nicht in heutigen zeiten. vorallem nicht in der absolutheit, in der sie vergöttert werden. vorallem nicht in der ihr nachgesagten universellen potenz die wahrheit abbilden zu können. statistiken als abbild der realität? schon seltsam. allein schon die vorstellung.
Beigetreten29. April 2019
„der burren erinnert uns daran, dass physische materie gleichzeitig unzerstörbar und vollständig wandelbar ist: dass sie ihren zustand in drastischer weise ändern kann, von pflanzlich zu mineralisch oder von flüssig zu fest. diese beiden konträren vorstellungen von beständigkeit und transformation gleichzeitig zu denken, bereitet dem gehirn sinnvollerweise schwierigkeiten, da man sich als einzelner gleichsam wertvoll und überflüssig fühlt. wir werden uns gewahr, dass wir aus nichts anderem als endlos wandelbarer materie bestehen – aber auch immer in irgendeiner form weiter existieren. dieses wissen beschert uns eine art minimalistischer unsterblichkeit: wir begreifen, dass unsere körper einem endlosen kreislauf von auflösung und neugestaltung angehören...“
(aus: karte der wildnis, robert macfarlane)
ist es das streben nach mehr. nach weiterem. oder ist es das fehlende vermögen das hier und jetzt zu geniessen. will ich weg, weil ich so neugierig auf das neue und andere bin. oder will ich woanders sein, weil ich in der gegenwart all die verpflichtungen als last empfinde. will ich, wenn ich die anhöhe erreicht habe am liebsten auf dem höhsten berg oben stehen, der vor mir liegt, weil ich mir einen besseren ausblick verspreche. oder erliege ich einfach dem unvermögen mich auf das einzulassen, das mich umgibt.
ich entschliesse mich, für meinen kollegen keinen nachruf zu schreiben. ich beschliesse, nicht zu warten. ich möchte jetzt sagen, was zu sagen ist.
wie kann es dazu kommen, dass sich jemand regelrecht falsch fühlt? innerhalb welcher parameter leben wir, wenn menschen darin scheinbar ihren platz nicht finden? an welchem punkt sind die normen, die aus unserem mensch-sein erwachsen sind, zu festgesetzten und unverrückbaren regelwerken geworden? wieso ist die einhaltung der normen, das angepasst sein in diese, wichtiger und mächtiger, als die ursprünglichste aller empfindungen für uns selbst?
kann man jetzt nicht mal morgens in ruhe zeitung lesen, ohne sich darüber aufregen zu müssen, dass da draußen immer noch leute rumlaufen, die es nicht kapiert haben? die immer noch bücher darüber schreiben, wie ich als frau und mutter es am besten mache? am besten für mich. aber auch am besten für die anderen? ich würde den artikel-titel "immer mit der ruhe!" gerne ersetzen: lasst mich doch alle in ruhe!
eine sehr gute freundin hat mir vor jahren das buch "das bleibt in der familie" von sandra konrad geschenkt. es handelt von familie. wie sie uns prägt und wie über generationen konflikte, verletzungen und lasten, weitergegeben werden. ich konnte damals nicht so viel damit anfangen. nach zehn mehr oder weniger motivierten gelesenen seiten, blieb es auf dem berühmten stapel liegen: die zwei bis sechs bücher, die ich parallel zu lesen pflege.
sie hatte schon damals einen guten grund es mir zu schenken. und ich hab schlicht die message nicht verstanden. das schöne an geschenkten büchern: sie laufen nicht weg und haben gute chancen, im laufe eines lebens, ihren auftritt zu bekommen. ausgenommen völlig unterirdische flachware, die sich bei mir nicht durchringen wird, weil ich dann lieber zum zigsten mal die inseln im sturm inhaliere.
kann man immer so weitermachen, wenn im wochentakt einer ins koma fällt, überfahren wird oder einfach nicht aufwacht? gibt es wirklich das sinnhafte im leben, welches dieses – das leben geht weiter – legitimiert? eine berufung, die dich jeden morgen aus dem bett treibt, egal was kommen mag, bis es nicht mehr geht? das dich antreibt wie ein innerer motor, auch wenn eine schreckensnachricht die nächste jagt?
ist es ein menschliches bedürfnis sich zu einer gruppe zu formieren? brauchen wir das, weil es identitätsstiftend ist? und können wir unsere identität nur dadurch stiften, dass wir andere ausschliessen? bedeutet stärke und einheit, dass man einen gemeinsamen nenner definiert, den nur diese gruppe hat? und besteht die stärke dann in der macht, die anderen auszuschliessen?
was ist eigentlich so wahnsinnig schlimm daran, die dinge mal anders zu machen, als eben schon immer? schliesslich gibt es sehr viele menschen da draußen, die wir für ihre visionen und träume beneiden. dafür dass sie das unmögliche einfach nur gedacht oder sogar möglich gemacht haben.