Berliner Feministinnen und Feministen aufgepasst: Momentan findet vom 8. bis 15. März die Berlin Feminist Film Week statt. Wir waren bei der Kurzfilm-Reihe „Body Positive – My Body is my Temple“ dabei und haben einige spannende Impulse daraus mitgenommen.
Filme von Frauen über tolle Frauen
Auf dem Programm der dritten Berlin Feminist Film Week stehen Filme von weiblichen Filmemacherinnen, die die Geschichten anderer spannender Frauen in den Fokus stellen. Mit der Kurzfilmreihe „Body Positive – My Body is my Temple“ geht es los.
Eine Frau steht mit einem schwarzen Top bekleidet vor einer violett bestrahlten Leinwand. Ihre Arme beugen sich seitlich auf beiden Seiten in die Höhe und bewegen sich rhythmisch in Zeitlupe vor und zurück. Die Haut unter ihren Armen schwingt dabei unaufhörlich mit – der Anblick hat fast schon etwas Meditatives.
„This goes to all the kick-ass women out there”
Mit ihrem Kurzfilm
„Sleeveless/Fearless“, in dem die ganze Zeit lang nichts anderes als diese eine Bewegung zu sehen ist, lenkt die finnische Künstlerin Hinni Huttunen
die Aufmerksamkeit des Publikums auf eine Stelle ihres Körpers, die viele andere Frauen hastig verstecken würden, wenn sie, enthusiastisch winkend, auf einmal bemerken, wie jedes Mal ein bisschen Wabbel-Speck mitschwingt.
In Huttunens Film hat die Geste hingegen etwas von einer Kampfansage. Die Miene der Künstlerin ist todernst. In den Schatten, die sich hinter ihr auf der Leinwand abzeichnen, wirken ihre Arme wie die einer muskulösen Ringerin. Nach diesem Auftakt zur Kurzfilmserie „My Body is my Temple“ steht fest: Diese Filme kommen von richtig starken Frauen und ermutigen all diejenigen, die sich mehr Selbstvertrauen und ein positiveres Gefühl für ihre Körper wünschen.
„Fatness is a feminine issue”
Ein Thema, das im Zusammenhang mit der Körperwahrnehmung von Frauen naheliegt und auch in einem Großteil der Kurzfilme eine entscheidende Rolle spielt, ist das Gewicht. In dem brasilianischen Doku-Kurzfilm „Mother of Pearl“ erzählen junge Frauen mit Übergewicht, wie sie zu ihren Körpern und den Reaktionen anderer stehen. Die meisten von ihnen treten selbstbewusst vor die Kamera und verlieren sich teilweise in Aufzählungen von Details an ihrem Körper, die ihnen besonders gefallen.
Sie alle haben zuvor jedoch eine Phase durchlebt, in der sie sich nicht so frei und unabhängig gefühlt haben. Grund dafür waren insbesondere die Blicke und Reaktionen der Menschen in ihrem Umfeld. Mütter, die Diät-Kochbücher zu Weihnachten verschenken und Väter, die anbieten, ihre Töchter zur Schule zu fahren – nur um eine weitere Gelegenheit zu finden, ihr Aussehen zu kritisieren. Eine Frage, die in jeder der Geschichten mitschwingt: Woher nehmen sich andere (dünne) Menschen, das Recht, über sie zu urteilen?
„Sometimes I feel like I got born fat to fight Fat Phobia“, verkündet eines der Mädchen. Aber nicht nur in Brasilien, auch in den USA, Australien und vielen europäischen Ländern, gilt es noch immer als Schwäche, dick zu sein. Keine der Frauen vor der Kamera fühlt sich durch die Bilder in Frauenmagazinen oder die Figuren in ihren Lieblingsserien repräsentiert. „Wer dicke Vorbilder möchte, muss sie sich selber suchen – die werden dir auf keinem Silbertablett präsentiert“, erklärt die Fa(t)shion-bloggerin Hengameh Yaghoobifarah in einer an die Filmvorführung anschließenden Gesprächsrunde.
Was ist so lustig an dicken Menschen?
Dicke Menschen bekommen in den meisten internationalen Filmen, wenn überhaupt, bloß die Rolle der lustigen Nerds. Aber was genau ist eigentlich so lustig daran, wenn jemand dick ist? Im Film „Aquaporko“ geht es um eine Gruppe dicker Frauen in Sydney, die eine Synchronschwimm-Choreografie einüben. Als die Frauen mit Klammern auf der Nase und Blümchen-Badehauben im Wasser herumplantschen, geht ein lautes Lachen durchs Kino-Publikum. Die Selbstironie, die in diesen Bildern an den Tag gelegt wird, zeugt von großer Charakterstärke – ändert allerdings wohl kaum den mit Komik behafteten Blick auf die Körper dieser Frauen.
Quelle: Aquaporko! von Kelli Jean Drinkwater
Als die Festival-Veranstalterin Karin Fornander am Ende der Filmvorführung mit ihren Gästen, der Filmemacherin Hinni Huttunen (Sleeveless/Fearless) und der Bloggerin Hengameh Yaghoobifarah, vor das überwiegend weibliche und junge Publikum tritt, erkundigt sich eine der Zuschauerinnen, ob es denn gut wäre, das Übergewicht der Frauen in den Filmen so positiv darzustellen. Immerhin verbinde man Fettleibigkeit häufig mit einem ungesunden Lebensstil.
Die Anmerkung sorgt im Publikum und bei den Aktivistinnen für Unmut. Als Antwort auf ihre Nachfrage erhält die junge Frau schließlich ein knappes Statement, in dem Hengameh Yaghoobifarah klarstellt, dass sie gesund sei. Die Reaktionen muten ein bisschen befremdlich an – ganz klar sollte doch sein: Nicht bei allen Menschen, die stark übergewichtig sind, hat das mit einem ungesunden Lebensstil zu tun, bei vielen aber schon. Ob dieser Zusammenhang zwischen Übergewicht und einem ungesunden Lebensstil nun eine Rolle spielen sollte, wenn es darum geht, als Frau eine positive Verbindung zum eigenen Körper zu entwickeln, ist eine hochkomplexe Frage; aber sollte es nicht möglich sein, diesen ganz sicher sensiblen Punkt anzusprechen, ohne dafür ausgebuht zu werden?
Immerhin fordern die Fat Fem-Aktivistinnen selbst, alle Frauen – egal wie dick oder dünn – mehr einzuschließen.
Also los Girls: Empower everyone!
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