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Als Mutter muss ich immer besser sein als meine Kollegen – das kotzt mich an!

Als Mutter zurück in den Beruf zu kommen, ist mit vielen Umstellungen verbunden. Überall soll man perfekt funktionieren. Das kann ganz schön zermürbend sein.

 

Ein Kind verändert so ziemlich alles in deinem Leben. Deinen Tagesrhythmus, deine Beziehung, deine Partyhaltung, deine Einkaufsgewohnheiten, dein Essverhalten, deinen Musikkonsum, deine Freizeitgestaltung und dein Arbeitsleben. Letzteres ist oft ein schmaler Grat zwischen Mamapflichten und gutem Arbeitnehmerdasein. Und zu jedem der genannten Punkte könnte man ein ganzes Buch mit tausenden dazugehörigen Unterpunkten verfassen. Nun bin ich aber zum einen ein Freund von Kurzgeschichten und zum anderen lässt es mein heutiges Zeitmanagement gar nicht zu, mich zu lange mit eben diesem Text zu befassen. Daher möchte ich aus aktuellem Anlass nur auf einen der insgesamt acht Punkte eingehen. Den letzten.

Schnell zurück an den Arbeitsplatz

Ich bin bereits sechs Monate nach der Geburt meiner Tochter wieder an meinen alten Arbeitsplatz zurückgekehrt. Aus genau zwei Gründen:

  1.  Mir fiel zu Hause die Decke auf den Kopf. Und ich wollte einfach mal
    wieder etwas anderes tun, als Windeln wechseln, Wäsche waschen und in
    Gluckslauten zu kommunizieren.
  2.  Ich hatte Angst, man würde bei der Arbeit schlecht über mich reden
    oder auch nur denken, wenn ich mir länger Elternzeit nehmen würde –
    ABSOLUTER QUATSCH!

Eigentlich kommt noch ein entscheidender dritter Punkt dazu: Mein Partner hatte sich Elternzeit genommen und konnte somit für die Kleine da sein. Das ist vielleicht nicht ganz unwichtig an dieser Stelle.

Damals habe ich bei einer Lokalzeitung gearbeitet und mich dort vor allem um eine kleine Klatsch- und Tratsch-Kolumne gekümmert – quasi mein zweites Baby! Ich habe diesen Job immer gerne gemacht. Ich hatte tolle Kollegen, durfte auf schöne Events und Konzerte und habe dadurch tatsächlich den ein oder anderen Promi vorgesetzt bekommen (da stehe ich ein bisschen drauf, keine Ahnung, warum).

Unterschwelliges Unverständnis 

Direkt nach meiner Babypause bin ich erst mit 25 Prozent zurück an den Schreibtisch, habe dann aber relativ flott auf 50 Prozent erhöht. Zum einen, weil ich bemerkt habe, dass man diese wöchentliche Kolumne mit einer 25-Prozent-Stelle nicht gefüllt bekommt. Zum anderen, weil ich es mir zeitlich einfach leisten konnte. Und auch, weil ich es mir und meinem Chef beweisen wollte. Ich hatte die stichelnden Kommentare schließlich nicht überhört: „Frau Gröner, das Event sollten wir aber unbedingt bei der nächsten Ausgabe drin haben.“, „Vielleicht können Sie noch das kleine Thema übernehmen?“, „Frau Gröner, Sie gehen schon?“ etc.

Kurzum, ich hatte immer das Gefühl, mich doppelt zu sehr ins Zeug legen zu müssen wie meine Kollegen, um mein „Mamadefizit“ auszugleichen. Das mag zum Teil an mir selbst gelegen haben, aber es gab – wie erwähnt – durchaus auch eindeutige Kommentare von außen. 

Und plötzlich ist das Kind krank

Inzwischen arbeite ich 70 Prozent in einer Werbeagentur. Meine Tochter ist viereinhalb Jahre, total bezaubernd – und schleppt aus dem Kindergarten gerne Bakterien und Viren nach Hause. Sie ist also gelegentlich mal krank, soll passieren. Und was das dann für Krätzen sind: Hand-Mund-Fuß-Krankheit, Streptokokken, Drei-Tages-Fieber, Norovirus … es wird gekotzt, geschissen und gelitten und das beinahe im Akkord.

Für mich heißt das: zu Hause bleiben, obwohl ich selbst gar nicht krank bin.
Für mich heißt das: meinen Arbeitgeber anrufen und sagen, dass ich MAL WIEDER wegen der Kleinen zu Hause bleiben muss.
Für mich heißt das: schlechtes Gewissen.
Für mich heißt das: wenn es mir schlecht geht, schleppe ich mich trotzdem zur Arbeit, weil ich dann ja nicht schon wieder „ausfallen“ möchte.

Und eigentlich weiß ich, dass mir von meinem jetzigen Arbeitgeber vollstes Verständnis entgegengebracht wird – eigentlich. Dieses dumme Gefühl, dass man es nach ein paar Tagen „Zwangsurlaub“ wegen dem Kind, in der Schicht allen beweisen muss. Dass man die Überstunden still hinnimmt, weil man schließlich wegen des Kindes nicht da war. Dass man selbst den kleinsten Kommentar zum Anlass für eine mittelgroße Krise nimmt. Dieses dumme Gefühl ist immer noch sehr präsent.

Der schmale Grat

„Das bedenkt man gar nicht, wenn man Mütter einstellt, dass die auch wegen der Kinder zu Hause bleiben müssen“ – ist zum Beispiel so ein Kommentar, der mir bei der Arbeit schon mal entgegenschallte. Vielleicht ein völlig harmloser? Vielleicht hatte sich mein Gegenüber dabei tatsächlich nichts gedacht. Aber er ging dann, meiner Meinung nach, doch an die absolut falsche Person. Ich weiß nicht, was es mit euch anderen Müttern da draußen macht, mich macht es unsicher und wütend. Mich frustriert und nervt es zu gleichen Teilen. Unter anderem auch, weil ich manchmal gar nicht mehr einschätzen kann, ob ich jetzt gerade paranoid werde, oder ob da tatsächlich so ein Wink mit dem Zaunpfahl an mir vorbeigeflogen (oder auch direkt auf mich zugeprescht) ist? Das Ergebnis ist jedenfalls immer das gleiche: Ich habe das Gefühl, ich bin als Arbeitnehmer nicht gut genug. Ich muss mich mehr beweisen, als meine kinderlosen Kollegen. Ich muss mich rechtfertigen.

Und ich habe immerhin das Glück, dass sowohl mein Mann, als auch
meine Eltern oft als Babysitter einspringen können. Somit fehle ich bei der Arbeit keine ganze Woche oder länger, sondern lediglich ein paar Tage. Das macht es aber nur bedingt besser. Zumal ich natürlich immer gerne für mein Kind da bin, wenn es ihm schlecht geht. Und genau da haben wir ihn: den schmalen Grat, den wir arbeitenden Mütter gehen: zwischen Rabenmutter und Glucke, zwischen Workaholic und Heimchen am Herd. ES KOTZT MICH AN!

Diesen Artikel ist bereits auf Anna-Lenas Blog killepupmitlala erschienen. Wir freuen uns, dass sie ihn auch hier veröffentlicht. 

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