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An all die gut gelaunten Sommer-Menschen da draußen: Ihr nervt!

Der Sommer macht automatisch glücklich? So ein Quatsch! Ich fordere das Recht auf schlechte Laune, egal, was der Wetterbericht sagt.

 

Sommer, Sonne, Sonnenschein …

Heute ist so ein Tag. So ein komischer Tag. So ein blöder Tag. So ein Tag, über den ich nächste Woche denken werde: „Meine Fresse, was war denn da mit dir los?“ Ich bin heute nämlich traurig, weil die Sonne scheint. Weil das Wetter voll gut ist. Weil die Leute draußen sind und schöne Dinge tun. Weil alle so scheißglücklich sind.

Und ich sitze hier mit meinem Bänderriss seit Wochen auf dem Sofa. Wenn ich total crazy bin und etwas Abwechslung in meinen Alltag bringen will, dann setze ich mich an den Küchentisch und schaue dort Netflix. Das gibt mir dann so ein bisschen das Gefühl, erwachsen zu sein. Auf der Couch liegen, mit den Füßen an der Wand und dem Kopf nach unten hängend, wäre nicht besonders reif. Aufrecht am Küchentisch – so stelle ich mir Menschen vor, die ihr Leben auf die Reihe kriegen.

Versteht mich nicht falsch, gutes Wetter und Sonnenschein sind schon feine Sachen. Aber manchmal, zum Beispiel heute, wünsche ich mir einfach Regen und Kälte. Denn dann hätte mein Verstand einen Grund und ein Recht darauf, düstere Gedanken zu hegen. Aber so geht das ha nicht. Da will man einmal so richtig schön den Abgründen der eigenen Seele verfallen – und die Sonne lacht einem frech ins Gesicht. Das ist nicht fair. So müsste ich heute ganz supi dupi glücklich sein. Das Leben genießen. Mich mit tollen Menschen umgeben. Selfies machen und meinen Lifestyle mit der Welt teilen.

Grumpy Cat 

Ich hab da aber keinen Bock drauf. Zum Glück habe ich einen kaputten Fuß, der mir ein Alibi liefert. Natürlich wäre ich lieber gesund und aktiv. Aber selbst wenn ich heute gesund und aktiv wäre, wäre ich wohl nicht wirklich glücklich dabei. Ich weiß, dass das ganz normal und auch in Ordnung ist. Trotzdem kämpfe ich heute dagegen an. Ich muss mich ständig vor mir selbst rechtfertigen. Ich habe das Gefühl, bei so fabelhaftem Wetter darf man gar nicht traurig sein. „Los, Isabel, los, los tu etwas gegen deine schlechte Laune! Lass dich bloß nicht hinein fallen, stell dich bloß nicht so an. Und nimm dich, verdammt nochmal, nicht so ernst!” – Halt!

Ich fordere das Recht auf schlechte Laune, egal, was der Wetterbericht sagt! Wie schon gesagt, in ein paar Tagen werde ich die Lage ganz anders beurteilen. Ich werde spirituell vor mich hin denken und werde kluge Ratschläge verteilen und werde davon reden, wie dankbar ich doch für mein tolles Leben bin. Aber jetzt ist jetzt und jetzt ist scheiße.

Was bitte will das Universum mir gerade mitteilen? Ich bin seit drei Wochen zur Zwangsruhe verdonnert und ich habe diesen Zustand mittlerweile auch akzeptiert. Aber bitte, bitte liebes Universum, was soll denn jetzt dieser emotionale Durchhänger? Was soll ich dadurch lernen, dass es mir gerade so dreckig geht und ich mich so elendig alleine fühle? Ein grausamer Gedanke jagt den nächsten. Heute scheint die Welt verloren.

Und die Sonne bringt das Fass einfach zum überlaufen. Ich überlege heute schon, welche Ausrede dafür, warum ich nicht draußen war, ich am Montag vorbringen kann. Ach stimmt ja, der kaputte Fuß. Danke dafür.

Das Fazit dieses Textes

1. Man darf grantig sein und man muss sich die schlechte Laune auch nicht von gutem Wetter verbessern lassen.

2. All das Selbstvertrauen und positive Denken, das man sich mühsam über Jahre aufgebaut hat, kann an einem frühsommerlichen Samstag den Bach runter gehen und man steht gefühlt am Anfang einer elendigen, zweiten Pubertät.

3. Das geht wieder vorbei.

4. Wenn man schimpft, wie ein Rohrspatz und heult, wie ein Schlosshund und dann zufällig an einem Spiegel vorbei läuft, muss man unter Umständen über sich selbst lachen.

5. Eine kühle Wohnung ist ein akzeptabler Aufenthaltsort.

Dieser Beitrag ist bereits auf Isabels Blog erschienen. Wir freuen uns, dass sie ihn auch hier veröffentlicht. 

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