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Der Pay-Gap ist ein Mythos? CDU-Politikerin Kristina Schröder sagt Ja!

Frauen werden immer noch schlechter bezahlt als Männer. Im vergangenen Jahr betrug der unbereinigte Gender-Pay-Gap 21 Prozent. Die Gründe dafür sieht das statistische Bundesamt vor allem in strukturellen Problemen – CDU-Politikerin Kristina Schröder hält die Lohnungerechtigkeit dagegen für einen Mythos.

 

Freie Entscheidung für weniger Lohn?

Frauen verdienen in Deutschland weniger als Männer, wie viel genau, hat das Statistische Bundesamt erneut errechnet. Im Jahr 2016 sind es unbereinigt 21 Prozent, was bedeutet, dass Frauen im Schnitt rund 16 Euro die Stunde verdienen, während Männer rund 20 Euro für diese Arbeitszeit erhalten. Grund zur Freude! Immerhin haben wir damit einen ganzen Prozentpunkt im Vergleich zu den Jahren 2014 und 2015 gut gemacht. Nun ja, oder man geht tiefer und fragt sich, warum das Lohngefälle immer noch so hoch ist. Für die Statistiker des Bundesamtes sind die Gründe dafür vor allem strukturell bedingt, und liegen in den unterschiedlichen Branchen und Berufen sowie ob in Teil- oder Vollzeit gearbeitet wird begründet.

Die bereinigten Zahlen, die sich bei der Betrachtung von vergleichbarer Qualifikation und Tätigkeit ergeben, lesen sich auch gleich besser, denn hier verdienen Frauen „nur“ sechs Prozent pro Stunde weniger als Männer. Sind wir damit in einem Bereich angelangt, der weniger wichtig ist? Offensichtlich findet das die CDU-Politikerin und ehemalige Frauenministerin Kristina Schröder, die heute auf Twitter die Frage in die Runde schmiss, ob diese sechs Prozent weniger ein Problem als eine freie Entscheidung sind.

Ist doch okay, wenn Unternehmen Frauen weniger zahlen!

Aha. Frauen entscheiden sich also aktiv für weniger Lohn? Oder Unternehmen entscheiden das für Frauen … und dann ist das in Ordnung? Und überhaupt, die 21 Prozent kämen doch vor allem wegen der typischen Frauenberufe und der Teilzeitarbeit zustande. Das ist doch dann total in Ordnung und der Pay-Gap lediglich ein Mythos, wie die Politikerin in einem Beitrag auf Tichys Einblicke das Thema bereits im Jahr 2016 kommentierte. Und auch heute steht sie noch dazu. Denn man müsse in die Zahlen eben einberechnen, dass nicht alles so gleichwertig ist wie es das statistische Bundesamt sieht, dass Frauen seltener in Führungspositionen sind und Frauen nunmal schwanger werden, deshalb aussetzen und so auch weniger verdienen. Und dass sich viele eben ganz bewusst entscheiden, für die Familie aus dem Berufsleben auszusteigen.

Wow, was will man dazu sagen? Macht das etwa die Lohnunggleichheit gerecht und den Pay-Gap zum Mythos? Ist damit das Thema erledigt und wir können uns endlich die Hände in den Schoß legen?

Quelle: Kristina Schröder | Twitter

Pay-Gap? Ach komm, das ist halt so!

Es ist zum Haare raufen. Frau Schröder beschreibt wesentliche Punkte, die zu einem Pay Gap beitragen und bezeichnet ihn zeitgleich als Mythos! Doch hier geht es doch gar nicht um freie Entscheidungen, sondern um strukturelle Probleme, die real sind und ganz real zu Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen führen. Okay, folgen wir ihrem Argument des Wunsches nach mehr Zeit für sich, der eben weniger Geld einbringt. Nun, da ist es doch erstaunlich, dass den vor allem Frauen verspüren sollen. Tja, so ist es auch nicht. Denn schaut man in die Zahlen aus dem aktuell erschienen Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, wird absolut deutlich, dass die Mehrheit der Frauen, die in Teilzeit arbeiten und so weniger verdienen, das überhaupt nicht möchten. Freie Entscheidung? Nein.

Quelle: Gutachten für den zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung

In diesem wird übrigens auch erklärt, wie problematisch es ist, das Care-Arbeit unbezahlt ist und für (mehrheitlich) Frauen so ein Nachteil entsteht, den wir endlich angehen müssen – das ist vielleicht der spannendere Ansatz, als das Problem als Selbstverständlichkeit hinzustellen und nicht daran zu arbeiten. Aber hey, ist doch unsere Entscheidung, ob wir schwanger werden oder nicht! Und wie verhält es sich in Sachen (Lohn-)Gerechtigkeit, wenn „typische Frauenberufe“ – etwa in der Pflege – grundsätzlich viel zu gering bezahlt werden? Und wie kann man annehmen, dass es dem Thema gerecht wird, aus weniger Geld für gleiche Arbeit bei vergleichbarer Situation eine Entscheidungsfrage zu machen? Aber gut, Frau Schröder ist ja auch entschieden gegen eine festgesetzte Frauenquote, denn das wird sich ja sowieso irgendwann von alleine regeln, nicht wahr? Nun ja, kann sein. Frauen sind ja als Mitarbeiterinnen so schön günstig.

Wenn das die Antworten der Christdemokraten auf die Schieflage zwischen den Geschlechtern auf unserem Arbeitsmarkt ist, dass ungleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit eben eine Sache der Entscheidung der Unternehmen ist und Frauen auch sowieso nicht so viel arbeiten wollen sich bewusst für unbezahlte Care-Arbeit entscheiden (es fühlt sich doch so toll an, zu gebären und zu helfen – wieso sollte das finanziell entlohnt werden?), dann weiß ich: Die CDU hat keine Antworten für die Zukunft und verschließt die Augen vor dem Jetzt. Und vor allem bietet sie in keiner Hinsicht Lösungen. Keine guten Zeichen hinsichtlich der Bundestagswahl. Aber vielleicht hat die CDU ja den Masterplan gegen Altersarmut und für eine Besserstellung von Alleinerziehenden in der Hinterhand und wird uns damit noch gründlich überraschen. Zu hoffen wäre es.


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