Foto: Lotto24

Petra von Strombeck: „Mit 35 weiß man, dass man kein Superstar oder Profi-Fußballer mehr wird“

Petra von Strombeck ist als Chefin von Lotto24 eine der wenigen Frauen in Deutschland, die ein börsennotiertes Unternehmen leiten. Wir haben mit ihr über Familienfreundlichkeit und Unternehmenskultur gesprochen – und darüber, wie es sich anfühlt, Lottogewinnern die gute Nachricht zu überbringen.

 

Für den Traum vom großen Glück

Petra von Strombeck ist seit bald vier Jahren Vorstandsvorsitzende der Lotto24 AG in Hamburg. Vorher hat sie bei Tchibo, Premiere und Danone gearbeitet. 

Wieso spielen Leute eigentlich
Lotto? Also: Was geht in jemandem vor, der entscheidet: „So,
jetzt mache ich das mal“?

„Irgendwann kommt fast jeder in
seinem Leben an den Punkt, an dem er Lotto spielt. Im Alter von 35
Jahren hat man zwei Kinder, vielleicht ein Eigenheim und ist
beruflich angekommen. Man weiß, dass es jetzt die nächsten 30 Jahre
so weitergeht und man kein Superstar und auch kein Profifußballer
mehr wird. Zu diesem Zeitpunkt beginnen die Menschen, Lotto zu
spielen, um sich einen Traum zu erfüllen. Mit vergleichsweise wenig
Geldmitteleinsatz besteht die Möglichkeit des großen Glücks. Wir
beobachten, dass viele unserer Kunden ab diesem Alter, also um Mitte
dreißig, bei uns einsteigen. Allerdings gewinnen wir auch jüngere
Zielgruppen, weil wir schon früh die Bedeutung mobiler
Vertriebskanäle erkannt haben und als einer der ersten Anbieter Apps
für alle Betriebssysteme mit responsiven Design entwickelt haben. Das stößt bei den Jüngeren auf positive Resonanz.“

Was wird für Sie in Ihrer
Position als CEO Ihre größte Herausforderung in den nächsten
Jahren sein und wie wollen Sie die angehen, was wird wichtig sein?

„Wir wollen
unsere Position als Nummer eins auf dem deutschen Markt sichern und
ausbauen. Das ist das Ziel mit der höchsten Priorität. Zugleich
arbeiten wir an daran, unseren Kunden das beste Spielerlebnis,
Innovationen im Lottobereich und neue Produkte zu bieten. Das ist
eine Aufgabe, die uns jeden Tag neu fordert. Sie bemerken sicherlich,
dass ich immer von ,wir’ spreche. Und
das meine ich auch so, denn ohne ein qualifiziertes und engagiertes
Team geht gar nichts. Und das ist die zweite Herausforderung: Durch
das Insourcing unserer IT sind wir jetzt rund 100 Mitarbeiter,
doppelt so viele wie im vergangenen Jahr. Es ist wichtig, diese
Mitarbeiter einerseits zu integrieren und sich andererseits von ihren
neuen Ideen inspirieren zu lassen. Das Zusammenwachsen und das Leben
unserer Unternehmenswerte, nämlich flache Hierarchien, kurze
Entscheidungswege, das Arbeiten im Team, offene Kommunikation und
Transparenz, sind auch wichtige Aufgaben in den nächsten
Jahren.“

Sie setzen stark auf Familienfreundlichkeit –
war das der Grund, warum Ihr Unternehmen 2015 zum besten
Arbeitgeber Hamburgs gewählt wurde? Und was war noch
ausschlaggebend?

„Wir sind in der Sonderkategorie
,Familienfreundlichkeit
ausgezeichnet worden; aber auch in der Gesamtwertung, für die
weitaus mehr Kriterien zu Grunde lagen, haben wir als eines der
besten unter den 267 Hamburger Unternehmen abgeschnitten. Wir
landeten auf Top-Platzierungen für eine hervorragende Personalarbeit,
die Unternehmenskultur und die fachliche Qualifikation des
Managements und der Mitarbeiter. Auch auf ,Kununu
haben wir eine Top-Position. Die Unternehmenskultur hat bei uns
einen besonders hohen Stellenwert, denn nur zufriedene Mitarbeiter
sind innovativ und produktiv. Um diesen Gesichtspunkt nie aus den
Augen zu verlieren, führen wir jährlich Mitarbeiterbefragungen
durch. Die letzte Umfrage mit einer hohen Beteiligung von 92 Prozent
ergab, dass sich 100 Prozent der Mitarbeiter mit den
Unternehmenszielen identifizieren. Das ist sicher auf die Transparenz
unserer Kommunikation zurückzuführen. 98 Prozent würden Lotto24
als Arbeitgeber weiterempfehlen, ein Beleg für die gute
Arbeitsatmosphäre bei uns. Und natürlich macht es
auch Spaß, beim
Marktführer zu arbeiten.“

Gerade beim Thema
Familienfreundlichkeit kriegen es immer noch viel zu 
wenige
Unternehmen hin, auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter 
einzugehen.
Woran liegt das Ihrer Ansicht, und wie sind Sie das
Thema 
Familienfreundlichkeit in Ihrem Unternehmen angegangen?

„Wir haben hoch qualifizierte
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bei uns gibt es Teilzeit auch für
Führungskräfte, denen wir beides ermöglichen wollen:
Karrierechancen und ein erfülltes Privatleben. Ich glaube, die Basis
ist das Vertrauen in die jeweilige Person. Wir finden für jeden das
richtige Modell, ob in Teilzeit oder im Home Office. Wichtig ist nur,
dass der Mitarbeiter die ihm gestellten Aufgaben erfüllt. Wo er
seine Leistung erbringt, ist im Endeffekt egal. Ich kann nur
vermuten, dass andere Unternehmen weniger flexibel und individuell
sind.“

Bei großen Gewinnen rufen Sie
die Gewinner selbst an – wie läuft das ab? Wie ist das, jemanden
anzurufen, der gerade ein paar Millionen Euro gewonnen hat?

„Die Reaktionen sind unterschiedlich
– allen gemein ist, dass die Gewinner glücklich sind. Im vergangen
Jahr habe ich einen Gewinner angerufen, der meinte, jetzt hätten wir
seine Glückssträhne perfekt gemacht, denn er hatte gerade eine
schwere Krankheit überstanden. Ich gebe auch Tipps, zum Beispiel
dass der Gewinn nicht an die große Glocke gehängt werden sollte,
sondern man vielleicht in der nächst größeren Stadt ein Konto
eröffnet, damit sich der Großgewinn nicht gleich rumspricht. Auf
jeden Fall macht es mir viel Freude, Gewinner diese schöne Nachricht
zu überbringen.“

Wie würden Sie Ihren bisherigen
Aufstieg beschreiben – war Ihnen schon während der Ausbildung
klar, dass Sie geeignet sind beziehungsweise Lust haben auf eine
Führungsposition, oder hat sich das eher ergeben?

„Ich habe meine berufliche Laufbahn
mit dem Ziel begonnen, die mir gestellten Aufgaben optimal zu
erfüllen und mir immer wieder neue Herausforderungen zu suchen. Die
Frage, ob ich ,Lust’ habe, eine
Führungsposition einzunehmen, habe ich mir nicht gestellt. Man hat
es mir in meinen jeweiligen beruflichen Stationen einfach zugetraut,
weil ich meine Arbeit gut gemacht habe.“

Wie, denken Sie,
würden Ihre Mitarbeiter Sie beschreiben?

„Das müssen Sie natürlich die
Mitarbeiter selber fragen, aber das Feedback ist eigentlich meistens:
,gut gelauntes Energiebündel, offen für andere Meinungen,
teamorientiert, schnell und klar in der Entscheidung, manchmal ein
wenig anstrengend’ .“

Gab
es in Ihrer Karriere jemanden, der Sie besonders gefördert hat?
Beziehungsweise was war wichtig für Sie, um den Weg gehen zu können,
den Sie bisher gegangen sind?

„Eine wichtige
Voraussetzung ist sicher, dass mein Mann und ich im Team agieren.
Wenn ich auf Geschäftsreise bin, hält er mir den Rücken frei und
übernimmt die Betreuung unserer Kinder. Und umgekehrt.“

Was war der beste Ratschlag oder
Tipp, den Sie in ihrer Berufslaufbahn je bekommen haben, und wer
hat Ihnen den gegeben?

„Aktuell erhalte ich von meinem
Vorstandskollegen Magnus von Zitzewitz relevante Tipps. Der häufigste
ist: ,Nicht so schnell, Petra!’ und
damit hat er sicher recht.“

Und was wäre Ihr wichtigster
Karriere-Rat für junge Frauen?

„Lasst euch nicht beirren, man ist
keine schlechtere Mutter, nur weil man arbeitet. Karriere und Familie
lassen sich vereinbaren.“


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