Viele tun sich mit dem Thema Selbstmarketing schwer. Aber wenn man sich ein paar Dinge klar macht, kann man die Scheu davor verlieren. Und das lohnt sich wirklich!
An alle fleißigen Bienen: macht euch sichtbar!
Vor einiger Zeit habe ich einen Artikel geschrieben darüber, wie wichtig ein größeres Bewusstsein bei Frauen für Selbstmarketing ist. Viele Frauen sind nach wie vor sehr zurückhaltend, wenn es um gezielte Werbung für die eigene Person geht. Selbstmarketing gehört aber zu den Grundlagen, wenn man Karriere machen möchte. Der gezielte Einsatz von wenigen Maßnahmen kann die
eigene Sichtbarkeit im Unternehmen und auch außerhalb enorm steigern – und
Sichtbarkeit ist laut einer Studie von IBM zu ca. 60 Prozent dafür verantwortlich, ob jemand Karriere macht. Die vielbeschworene gute Leistung tatsächlich nur zu 25 Prozent. Keine guten Voraussetzungen für die fleißigen Bienchen unter uns, die meinen, mit stetiger fleißiger Arbeit sei es getan.
Bei den vielen Gründen, warum Frauen sich mit Selbstmarketing schwertun, ist mir einer zuletzt eine Frage mehrfach ins Auge gefallen: Kann es sein, dass Selbstmarketing sozial als unweiblich gesehen wird? Im Sinne von „Das tut frau nicht!“?
Männer sind durchsetzungsfähig, Frauen sind „bossy“
Wir alle werden von klein auf mit Bezug auf unser Geschlecht sozialisiert. Kleine Kinder lernen sehr früh, was typisch weiblich und was typisch männlich ist. So werden Jungs, die sich wild benehmen, Führungsanspruch zeigen und vielleicht auch mal raufen zwar meist für grobe Gewalt ausgeschimpft (was ja auch gut ist), aber insgeheim freuen sich seine Eltern oft über ihren „wehrhaften Racker“. „Er ist halt typisch Junge!“ heißt es dann gerne mal. Meine kleine Nichte ist auch ein wehrhafter Racker. Ihre Mutter wurde aber schon wiederholt darauf angesprochen, dass ihre Tochter doch ganz schön dominant sei. Offensichtlich empfindet die Erzieherin dieses Verhalten bei einem kleinen Mädchen als nicht angemessen. Das ist kein Einzelfall. In den Medien findet man dafür auch den Begriff „bossy“, also ein starkes, dominantes Führungsverhalten. Jungs sollen so sein, Mädchen dürfen eher nicht.
Die Amerikanerin Bréné Brown erforscht seit Jahren, wofür sich die Geschlechter schämen. Wir Menschen sind Herdentiere, und sich einer Gruppe zugehörig zu fühlen, ist für uns existenziell wichtig. Von der eigenen Gruppe Ablehnung zu erfahren, vielleicht sogar ausgegrenzt zu werden, das hat ganz früher mal den sicheren Tod bedeutet. Also versuchen wir, möglichst „dabei“ zu sein. Dafür, wie man sich benehmen sollte, gibt es in jeder Gesellschaft Regeln. Wenn die Verhaltensabweichung zu stark ist, dann reagiert die Gesellschaft oft mit einschüchternden Reaktionen. Eine davon ist, dass ein Mensch gezielt beschämt wird. Vielleicht erinnerst du dich auch noch an so einen Satz: „Wie du wieder aussiehst! Schäm dich!“
Das Problem mit der Scham
Das Problem an der Scham, ist die damit verbundene Botschaft. Die lautet: „Ich bin ein schlechter Mensch!“ Bei Schuldgefühlen wirft man sich vielleicht vor, dass man etwas nicht gut gemacht hat. Das kann man beim nächsten Mal ja ändern. Bei Scham steht der ganze Mensch zur Diskussion. Schublade auf und zu – „Ich bin nicht gut genug. Ich bin nicht richtig wie ich bin.“ Das schädigt den Selbstwert und öffnet mittelfristig Burnout und Depressionen die Tür. So die Forschungsergebnisse von Bréné Brown.
Wofür genau schämen sich Frauen? Auch das hat die Amerikanerin erforscht: Frauen werden insbesondere daran gemessen, ob sie nett, schlank, bescheiden und gutaussehend sind bzw. dabei alle ihre Möglichkeiten auch hinreichend nutzen. Ich finde das erschreckend! Im Vergleich dazu werden Männer daran gemessen, ob sie ihre Emotionen im Griff haben, ob sie erfolgreich bei der Arbeit sind und einen gewissen Status einnehmen können, und ob sie (tatsächlich!) gewaltfähig sind. Uff!
Welche dieser Aufzählungen passt besser zum Thema Selbstmarketing? Wohl eher die männliche – denken viele von uns sofort, oder?
Selbstmarketing: Jeder sollte seinen eigenen Stil finden
Selbstmarketing hat glücklicherweise viele Aspekte. Eine wichtige Grundregel lautet, dass jeder für sich den persönlich richtigen Stil von Selbstmarketing finden sollte.
Was also sind die (nach obiger Liste) vermeintlich eher weiblich-kompatiblen Selbstmarketing-Aktivitäten, die entsprechend den meisten Frauen eher leichtfallen sollten?
- Das eigene Xing-Profil sorgfältig zu bearbeiten und ein professionelles Foto dafür machen zu lassen, das erfordert nicht so viel Mut. Eine Aktivität, die eher im Stillen passieren kann und trotzdem eine gute Wirkung entfaltet. Gleiches gilt für ein gutes Profil in LinkedIn, wenn du internationaler arbeitest.
- Eine zum Typ passende Kleidung mit einem persönlichen Stil zu pflegen, vielleicht immer mit einem gewissen Etwas dabei, das nur du hast … ebenfalls leicht, oder?
- E-Mails und Präsentationen in einem gepflegten, sorgfältigen Stil zu halten und gute Antwortzeiten einzuhalten, ein bisschen Berufs-Knigge … auch nicht schwer, oder?
Viele Frauen finden es jedoch sehr herausfordernd, das bescheidene Terrain zu verlassen. Bescheidenheit bedeutet, sich nicht in den Vordergrund zu spielen. Genau das musst du aber ab und an mal ein wenig tun, etwa bei diesen Gelegenheiten:
- Netzwerken mit teilweise Unbekannten – was denkt
der nur von mir?!?? - Eine starke, raumgreifende Körpersprache zeigen:
Aufrechter Stand, gerade Haltung … für viele Frauen rein körperlich fast eine Provokation. Ich könnte auffallen! - Eine Präsentation mehr als nötig machen und sich sogar freiwillig dafür melden. (Streber!)
- Die eigenen Stärken in 30 Sekunden auf den Punkt bringen zu können, in wenigen starken Sätzen (Elevator Pitch) – nein, das ist doch peinlich?!??
- Dem Chef oder der Chefin regelmäßig davon berichten, was man Gutes getan hat bzw. welche Erfolge frau hatte … ist das nicht Angeberei?!??
Es gibt viele solche Aspekte von Selbstmarketing, die ein anderes weibliches Selbstverständnis verlangen als es die Gesellschaft offensichtlich gerne sieht.
Aber Ladies, keine falsche Scham!
Ein wichtiges Mantra: Ich bin gut genug!
Die Zeiten sind vorbei, dass für uns die „3 K“ relevant waren (Kinder, Küche, Kirche)! Vielleicht braucht die Gesellschaft noch ein bis zwei Generationen Zeit, um das endgültig zu verstehen. Unsere Töchter wachsen bereits mit einer Bundeskanzlerin auf.
Und was, wenn dieses Schamgefühl einfach übermächtig wird? Auch darauf hat Bréné Brown eine gute Antwort gefunden. Ein Satz, ein Mantra,
den du dir selber gar nicht oft genug sagen können: Ich bin gut genug!
Vielleicht nicht perfekt, und ich weiß auch sicher nicht alles. Aber das, was ich weiß und wer ich bin, das ist bei weitem gut genug! In jedem Fall gut genug, um ab und an davon ein bisschen mehr zu zeigen als vielleicht bisher. Alles, was du machst, ist besser als nichts.
In diesem Sinne: Keine falsche Bescheidenheit und keine falsche Scham! Zeig, was du kannst und wer du bist!
Dieser Text ist zuerst auf www.juliapeters.info erschienen. Wir freuen uns, ihn auch hier veröffentlichen zu können.
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