Foto: Jordan Whitfield | Unsplash

Karriere machen: Was heißt das überhaupt?

Früher dachte ich, Karriere machen heißt, einen klaren Weg sehr zielstrebig, schnell immer weiter zu gehen. Heute definiere ich „Karriere” ganz anders.

 

„Karriere” bedeutet permanent Druck zu haben

Lange habe ich mich unter Druck gesetzt. Mir war es so wichtig,eine Karriere zu machen, die nach außen strahlt und glitzert. Mit der ich beeindrucken kann und über die meine Familie mit Stolz erzählen kann. Heute, da ich diesen Anspruch loslassen konnte und meiner eigenen Vision einer authentischen Karriere folge, stelle ich mir die Fragen: Was heißt es, Karriere zu machen? Und wie darf deine Karriere aussehen?

Heute bin ich an einem Punkt, an dem ich weiß: Arbeiten gehört zu meinem Leben und gleichzeitig ist Arbeit nicht mein Leben. Noch vor wenigen Jahren, konnte ich mir nur schwer vorstellen, Anerkennung und Akzeptanz zu finden, wenn ich nicht produktiv bin, wenn ich keine tollen Ergebnisse vorweisen kann, wenn ich einfach so da bin.

Nach wie vor liebe ich es, Dinge zu erschaffen und erfolgreich zu sein, doch aus anderen Motiven. Früher war es für mich elementar, einen Job zu haben, der meine Familie stolz macht und beruhigt und daher mit einem guten Gehalt verbunden ist (mein Trugschluss: viel Geld = viel Anerkennung = höherer eigener Wert). Nun lässt sich natürlich aus heutiger Sicht meine Berufswahl für das Finanzwesen auch gerade hinsichtlich Akzeptanz und Anerkennung wiederum hinterfragen, doch vor zehn Jahren, versprach es eine erfolgreiche Karriere. Und das wollte ich doch, oder?

Was heißt es, erfolgreich Karriere zu machen?

Der Begriff Karriere ist für sich stehend völlig unspektakulär und wird unter anderem so definiert (siehe Wikipedia): 

1. Die persönliche Laufbahn eines Menschen in seinem Berufsleben, nüchtern und wertfrei

2. Jede betriebliche Stellenfolge einer Person in einem betrieblichen Stellengefüge, technisch und wertfrei

Interessant wird es, wenn man sich zum Beispiel die umgangssprachliche Definition anschaut (auch hier Wikipedia): Beruflicher Aufstieg (Weg nach oben). Karriere verbunden mit einer Veränderung der Qualifikation und Dienststellung sowie einem wirtschaftlichen und bzw. oder sozialem Aufstieg.

Aha, hier kommt die Wertung ins Spiel. Wenn ich also Karriere mache, ist das mit einem Aufstieg verbunden. Und erfolgreich Karriere machen, bedeutet dann, dass ich besonders schnell oder besonders gut, diesen Aufstieg erreiche.

Und, was ist eine entspannte Definition von Karriere?

Mir gefällt es, Karriere als persönliche Laufbahn eines Menschen in seinem Berufsleben zu sehen und damit wertfreier zu betrachten. Das lässt den Raum offen für viele kreative Gestaltungsmöglichkeiten der eigenen Berufsentscheidungen. Denn während man bei Karriere z.B. oft an eine aufsteigende Treppe denkt, kann eine Laufbahn gewunden sein, Abzweigungen haben, auf und ab gehen, eine Schleife drehen. So wie das (Berufs-)Leben eben spielt.

Die vermeintliche ideale Karriere: Schule, Studium/Ausbildung, die Spaß machen, Job, der richtig gut zu mir passt und erfüllend ist, Aufstieg in diesem Job, der so gut zu mir passt, Geld, Einfluss, Führung, ist nur wenigen vergönnt. Glückspilze?

Die Qual der Wahl

Schon – aber auch nicht. Denn heute sind wir mit wahnsinnig vielen Möglichkeiten uns beruflich zu entwickeln, konfrontiert. Das ist wunderbar. Es bietet Gelegenheit, unsere verschiedenen Talente auszuleben. Gleichzeitig
erhöht es auch den Druck, ein Gebiet, eine Branche, eine Tätigkeit zu finden,
die uns ausfüllt, möglichst bis an unser (Berufs-) Lebensende und darin
„Karriere zu machen“, also aufzusteigen.

Meine Meinung: Diesem Druck brauchen wir uns heute nicht mehr unterwerfen. Wir können aktiv und selbstbestimmt gestalten, was Karriere für uns ist und wie wir sie gestalten wollen. Eben mehr im Sinne einer Laufbahn, dessen Windungen und Tiefe wir selbst entwerfen. Go for it.

Darf Karriere auch Laufbahn heißen?

Entscheide selbst. Darf deine Karriere Laufbahncharakter haben? Ist es okay, wenn du BWL studiert hast und entdeckst, dass dein Herz für Sozialpädagogik schlägt? Willst du dich in einem anderen Zweig deines Unternehmens ausprobieren dürfen? Darfst du noch mal ein weiteres Studium beginnen? Darfst du dich selbstständig machen? Darfst du aus der Selbstständigkeit wieder in eine Festanstellung wechseln?

Ich habe mich mit ähnlichen Fragen, meine eigene Karriere betreffend, auseinandergesetzt. Und es tat gut, mir endlich selbst die Erlaubnis zu geben: Ja, ich darf. Ich kann Dinge ausprobieren und ich darf mich für neue Abzweigungen entscheiden und ihnen folgen. Und wenn ich in eine Sackgasse gelangen würde, dann kann ich umdrehen und eine nächste Abbiegung nehmen. An meinem eigenen Wert ändert das alles nichts. Ich gewinne nur dazu. Erfahrung, Wissen, Kontakte.

Mut zahlt sich aus 

Dich diesen Fragen zu stellen, erfordert Mut und Durchhaltevermögen. Eine Veränderung deiner Karriere benötigt Zeit. Du wirst Dinge vorbereiten, Kontakte knüpfen, Bewerbungen schreiben, Rückschläge hinnehmen müssen. Deine Bekannten, Freunde und Familie werden deine Entscheidungen
hinterfragen, meist weil sie dich (und vielleicht auch sich selbst) schützen
wollen und weil sie es gut mit dir meinen.

Am Ende lohnt es sich aber. Du wirst erstaunt sein, was noch alles in dir steckt und wie viele deiner Befürchtungen gar nicht eintreffen. Du wirst stolz auf dich sein, Dinge ausprobiert und dich weiterentwickelt zu haben. Du wirst zur aktiven Gestalterin, zum aktiven Gestalter deines Lebens. Gut, oder?!

Dieser Text ist bereits auf Carolins Blog erschienen. Wir freuen uns, dass sie ihn auch hier veröffentlicht. 

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