Lange wurde darüber diskutiert, zum 1. Juli 2017 kommt die Neuregelung zum Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende. Doch es gibt Kritikpunkte.
Endlich bewegt sich etwas
Zum 1. Juli 2017 tritt die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses für alleinerziehende Eltern in Kraft, der von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) ins Kabinett eingebracht wurde. Konkret bedeutet das, dass Kinder und ihr alleinerziehendes Elternteil nun bis zum 18 Lebensjahr Anspruch auf den gesetzlichen Vorschuss haben – und das unbegrenzt. Darauf haben Bund und Länder sich nun nach jahrelangen Verhandlungen geeinigt. Bisher gab es den Unterhaltsvorschuss nur für Kinder bis zum zwölften Lebensjahr und für maximal sechs Jahre. Künftig haben Kinder zwischen zwölf und 18 Jahren nun Anspruch auf 268 Euro Unterhaltsvorschuss, Kinder bis zum fünften Lebensjahr erhalten weiterhin 145 Euro und Kinder zwischen sechs und elf Jahren 194 Euro.
Die Politik, die immer noch viel zu wenig für Alleinerziehende und ihre Kinder tut, setzt mit diesem Schritt ein wichtiges Zeichen. Bundes Familienministerin Manuela Schwesig zeigte sich deshalb gegenüber tagesschau.de zufrieden: „Damit ist jetzt Klarheit, vor allem für die Kinder von Alleinerziehenden, die keinen Unterhalt vom Vater oder der Mutter bekommen, dass wir ihren Unterhaltsvorschuss verbessern.”
Eine Neuregelung mit Grund zur Kritik
Eigentlich, so wollte es Schwesig ursprünglich, sollte die Neuregelung allerdings schon zum Januar diesen Jahres rückwirkend Gültigkeit haben. Dagegen stellten sich Bund und Länder aber aus finanziellen Gründen quer und einigten sich auf eine Übergangszeit bis zum ersten Juli 2017. Sechs lange Monate für Alleinerziehende und ihre Kinder, die auf den Unterhaltsvorschuss dringend angewiesen sind.
Und auch darüber hinaus gibt es einige Kritikpunkte an dem neuen Gesetz. Kinder, die auf Hartz-IV angewiesen sind, oder dessen alleinerziehendes Elternteil bei Hartz-IV-Bezug nicht mindestens 600 Euro dazu verdienen, sind von dem Unterhaltsvorschuss ausgeschlossen. Nur mit sehr kleinen Kindern hat man, wenn man komplett von Sozialhilfe lebt, ein Anrecht auf den Unterhaltsvorschuss. Bedenkt man, dass 39 Prozent der alleinerziehenden Mütter – die 89 Prozent der Alleinerziehenden insgesamt ausmachen – nicht erwerbstätig sind, oft nicht sein können, zeigt sich, dass die Neuregelung zwar ein Gewinn für Alleinerziehende ist, von einer fairen Lösung kann aber noch lange nicht die Rede sein. Wieder werden die besonders armen Familien nicht unterstützt.
Unfaire Regelungen produzieren Kinderarmut
Warum braucht es den Unterhaltsvorschuss überhaupt? Drei Hauptgründe gibt es dafür: Das zu Unterhalt verpflichtete Elternteil kann den Unterhalt nicht zahlen, das Elternteil kann zahlen, weigert sich aber, oder das Elternteil behauptet, es könne nicht zahlen. Im ersten Fall muss der Staat einspringen. Im zweiten und dritten Fall muss man sich allerdings die Frage stellen, warum es dem Staat nicht möglich ist, den Unterhalt von zur Zahlung fähigen Elternteilen einzutreiben? Bei Steuern oder Bußgeldern tun sich die Behörden schließlich auch nicht besonders schwer.
Und noch eine Problematik liegt im staatlichen Unterhaltsvorschuss: dieser ist auf einen geringen Mindestanspruch festgelegt, unabhängig davon, was das Elternteil verdient, das nicht zahlt. Kinder, die also, nach dem Verdienst ihres nicht-erziehenden-Elternteils Anspruch auf mehr Unterhalt hätten, bekommen dennoch nur den festgelegten Unterhaltsvorschuss. Wenn ein Elternteil also nicht bereit ist seiner Verantwortung nachzukommen, müssen das die Kinder, die nichts dafür können, austragen. 268 Euro für die Bildung und Bedürfnisse von Kindern zwischen zwölf und 18 Jahren ist einfach nicht besonders viel. Wenn Eltern in der Lage sind ihre Kinder mit mehr Geld zu unterstützen, sich aber einfach weigern, ist das ein Armutszeugnis, dem der Staat etwas entgegen setzen muss.
50 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die SGB-II beziehen, leben in Ein-Eltern-Familien. Wenn die Politik also etwas gegen Kinderarmut in Deutschland tun will, muss sie Alleinerziehende und ihre Kinder dringend in ihren Rechten und ihrer finanziellen Situation stärken. Da ist die Neuregelung des Unterhaltsvorschusses nur ein kleiner Schritt.
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