Die Spannung hier in der Redaktion so kurz vor der Wahl ist kaum noch zu ertragen. Wie muss es da erst unserer Community in Amerika gehen? Hier berichtet sie.
Wie ist die Stimmung?
Keine einfache Frage. Angespannt. Optimistisch. Enttäuscht. All das sind Vokabeln, die mir dazu einfallen. Denn so einfach ist es gar nicht die Situation hier vor Ort in Worte zu fassen, schon alleine nur für die Großstadt New York. Trotzdem will ich es einmal versuchen.
Die meisten meiner Bekannten hier vor Ort in New York sind klar für Hillary, oder besser gesagt klar gegen Trump und schon deshalb für die Kandidatin der Demokraten. Viele von ihnen sind Deutsch-Amerikaner, leben hier seit mehreren Jahren, haben eine Greencard oder Arbeitserlaubnis, aber nur wenige besitzen das Privileg wählen zu dürfen. Sie sind angespannt, fragen sich, was passiert falls Trump gewählt werden sollte. Was hieße das für die Jobs, Arbeitserlaubnis, Familie quasi ein ganzes Leben, was man sich aufgebaut hat. Denn Trump hat eines sehr klar gemacht, Immigration und Immigranten sind nicht sein „favourite Topics” und es kämen harte Zeiten auf alle „Non-Americans” zu.
Auch in meiner Nachbarschaft, mit einer großen LGBTQ-Gemeinschaft, herrscht Besorgnis, aber auch Verägerung. So sagte die Barkeeperin von der lesbischen Kneipe um die Ecke gestern Abend entschlossen: ”Well if he [Trump] gets elected and I get cut down to half of my rights, I will also only pay half of my taxes. That is only fair, right?” Denn auch für sie steht einiges auf dem Spiel.
Wer sind die Trump-Supporter?
Bei Whats App fragt eine meiner Freundin eine weitere Standardfrage: „Hast du schon einen Trump Supporter kennengelernt?” Dabei ist wichtig zu sagen, dass es den oder die Trump SupporterIn so pauschal gar nicht gibt. Sie sind entweder sehr laut und sofort erkennbar, oder sehr zurückhaltend. Dann bekommt man die politischen Präferenzen manchmal nur durch kleine Anspielungen oder
Gesten mit. Natürlich sind da auf der einen Seite, die Leute die sich stolz direkt vor dem Trump Tower fotografieren lassen, ein Trump T-Shirt tragen oder ein riesen Trump Schild am Fenster ihrer Wohnung hängen haben.
Auf der anderen Seite sind da aber auch z.B. der Taxifahrer, der nur beiläufig erwähnt als er unsere Diskussion über die Wahlen hört: „You know sometimes crazy is not bad.” Oder die Bekannte, die man im Supermarkt trifft und die gesteht, dass Trumps Argumente sie schon manchmal ansprechen würden.
Dann gibt es ja noch die andere Welt, die Sozialen Medien. Viele meiner amerikanischen Freunde sind sogenannte „Third Party Vaters”. Sie fühlen sich vom Establishment hintergangen und sehen es nicht ein, auch nur einen der beiden Kandidaten der großen Parteien zu unterstützen. ”Do not go for the lesser evil, vote change!”, liest sich ein Facebook-Post in meiner Timeline. Viele der jungen Studierenden und Millenials waren für Bernie Sanders, fühlen sich betrogen vom Democratic National Committee, das neutral sein hätte sollen, was aber durch einige Emails, veröffentlicht via Wikileaks, in Frage gestellt wurde.
Gegen Hillary ist für Trump
Nun stehen sie fest hinter der Green Party Kandidatin Jill Stein, auch wenn dies vielleicht bedeutet, dass Trump gewinnen mag. Es geht ihnen im wahrsten Sinne des Wortes ums Prinzip. Auch wenn einige von ihnen gewillt sind ihre Votes, vor allem wenn sie Wähler in den Swing States sind, mit anderen zu tauschen. Es ist wie auf einem Marktplatz, sie gehen quasi einen (legalen) Deal ein, a la meine Jill Stein Stimme gegen deine Hillary Stimme, um Trumps Wahl zu verhinden und dabei weiterhin ihre eigene Partei zu unterstützen.
Trotz allem schauen viele dem heutigen Abend optimistisch entgegen. Denn die Vorraussagen der großen Medien und Zeitungen sehen Clinton klar als Gewinnerin. So sagt die New York Times voraus, dass die Chance für einen Wahlsieg von Clinton bei 84 Prozent liegt. Ein Standardargument ist dabei weiterhin, dass ein Land, dass Barack Obama einst wählte, doch niemals einen Trump wählen würde, so unreflektiert wären die Amerikaner dann doch nicht.
Das beruhigt auf der einen Seite. Auf der anderen ist da noch dieses Sprichwort: „Sag niemals nie”. Denn vielen von uns hier lebenden Europäern ist noch eine Sache ganz lebhaft im Kopf und Herzen hängen geblieben. Mit einem Brexit hatten wir damals auch alle nicht gerechnet.
Und, was denkt ihr, wer wird das Rennen machen?
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