Unsere Community-Autorin Lydia sagt: „Ich bin ein Teamplayer. Also, wenn das Team stimmt.“ Denn schon eine einzige schwierige Person kann Teamwork zum Albtraum werden lassen. Doch es gibt Hoffnung: Forscher haben jetzt herausgefunden, wie Teams richtig gut funktionieren.
Teamplayer? Klar, denn alles andere ist asozial!
Teamplayer oder nicht? Früher hätte ich immer auf jeden Fall gesagt,
ich sei ein Teamplayer. Klar, Mann! Alles andere klingt ja auch irgendwie asozial. Die gesellschaftliche Erwartung ist, dass man gefälligst Teamplayer zu sein hat.
Heute würde ich das einschränken: Kommt ganz aufs Team an. Denn ein dysfunktionales Team kann eine ewig sprudelnde Quelle des Frusts sein. Und dann bin ich plötzlich kein Teamplayer mehr, sondern will ganz schnell weglaufen.
Für mich sind zum Beispiel Endlosdiskussionen, verbissene Theoretisiererei
(ups, neues Wort erfunden!) und fehlende Entscheidungsstrukturen
extreme Frust-Trigger. Als ich einmal einen Artikel über die Probleme von fehlenden Hierarchien geschrieben habe, kamen gleich jede Menge Leserreaktionen: „Ja, das kenne ich aus dem Studium!“ Dieser Frust ist also weiter verbreitet als man annehmen mag.
Wenn ein Team rockt, kann es Wunder vollbringen
Wenn ein Team aber wirklich rockt, kann man zusammen Wunder vollbringen und viel Spaß bei der Arbeit haben. Das vermisse ich richtig – jetzt, da ich hauptsächlich allein vor mich hin arbeite. Oh well, the writer’s life is a lonely life.
Aber noch mal zu der Teamplayer-Frage: Ich glaube, dass ich durch meine kollektivistische Kindheit und Jugend die Spielregeln für Teams einigermaßen verinnerlicht habe. Ein paarmal habe ich aber erlebt, wie eine einzige Person ein Team zum Explodieren bringen kann. Dazu gehört nicht viel.
Das Teammitglied aus der Hölle
Wenn du vorhast, mal das Teammitglied aus der Hölle zu spielen – hier die
Gebrauchsanweisung:
1. Sei egoistisch
Me first! Eigeninteressen werden vorangestellt. Und zwar um jeden Preis. (Macht sich auch immer sehr schön im Urlaub, wenn es darum geht, Pläne
miteinander abzustimmen und am Ende die Kosten gerecht aufzuteilen.)
Diese Person geht keine Kompromisse ein und sitzt Konflikte gnadenlos
aus. Ein konsequenter Egoist kann ein Team bereits zerschießen, bevor es überhaupt eine Chance hat, ein solches zu werden.
2. Sei übergriffig
Über Diskussionsbeiträge anderer rücksichtlos drüberbrettern, andere
Teammitglieder unterbrechen, niederschreien oder ausbooten. Die Lauten
machen die Welt kaputt – und der oder die Asoziale im Team will auf jeden Fall
möglichst viel kaputt machen.
3. Sei faul
Sobald es darum geht, Verantwortung zu übernehmen, taucht das Teammitglied aus der Hölle ab. Allenfalls pickt es sich die Rosinen heraus – also die Arbeiten, die es gern macht.
4. Sei respektlos
Unnötig zu erwähnen, dass man von diesem Exemplar Mensch keinen Respekt erwarten kann. Gleichwohl fordert es selbst ihn ein, denn es ist
hochgradig manipulativ – und damit kommen wir auch schon zu Punkt 5.
5. Sei manipulativ
Das „Prachtexemplar“ dreht den Kollegen jedes Wort im Mund um, spielt sie
gegeneinander aus und gibt ihnen am Ende auch noch das Gefühl, selbst
schuld an der Misere in der Gruppe zu sein. Und natürlich versucht das
Teammitglied aus der Hölle, sich sämtliche Erfolge des Teams auf die
eigene Fahne zu schreiben.
Wie geht es besser?
Oh mein Gott, das klingt furchtbar, wenn ich das gerade noch mal alles durchlese. Gibt es wirklich solche Menschen? Oh ja, mir ist erst kürzlich so jemand begegnet.
Und es hat mich bis ins Mark erschüttert, dass jemand so drauf sein kann. Allzu häufig sind diese Exemplare glücklicherweise nicht anzutreffen – in der einen Branche mehr, in der anderen weniger.
Im Umkehrschluss würde das ja bedeuten, dass jemand, der
- die Interessen aller berücksichtigt und Kompromisse eingehen kann
- Ideen und Vorschläge anderer hören, berücksichtigen und integrieren kann
- Verantwortung (und auch mal unbeliebte Aufgaben) übernimmt
- Respekt zeigt und
- Erfolge und Misserfolge mitträgt
das ideale Teammitglied ist.
Google forscht nach dem perfekten Team
Fragen wir doch mal Google. Nein, nicht die Suchmaschinenmaske. Sondern das fünfjährige Forschungsproject Aristotle, bei dem Google Hunderte seiner Teams vermessen hat – auf der Suche nach dem perfekten Team.
Millionen Dollar wurden ausgegeben, um möglichst viel über die Kooperation der Mitarbeiter zu erfahren: zum Beispiel, wie oft wer mit wem Mittag isst
(die Produktivsten gehen mit unterschiedlichen Menschen zum Lunch und
bauen so ihr Netzwerk aus).
Oder welche Eigenschaften die besten Manager gemeinsam haben (gute Kommunikation und die Vermeidung von Mikromanagement – zur großen Überraschung der Google-Manager).
Eines bereitete dem Forschungsteam aber Kopfzerbrechen: Sie konnten keine
Muster erkennen. Es gab keine universellen Eigenschaften, die auf ein gut funktionierendes Team schließen ließen: keine besonderen Persönlichkeitsmerkmale oder Teamzusammensetzungen, keine Normen oder
ungeschriebenen Gesetze. Oder besser gesagt: Sie haben so viele unterschiedliche Muster gefunden, dass sie mit den Ergebnissen nichts anfangen konnten.
Doch dann: endlich eine Spur
Die Wissenschaftler begannen, den Teams verschiedene Aufgaben zu stellen
(zum Beispiel gemeinsam Lebensmittel einkaufen – ich sag nur Urlaub!)
und diese Ergebnisse dann zu messen. Dabei stießen sie endlich auf eine Gemeinsamkeit: Die Teams, die eine dieser Aufgabe sehr gut erledigt hatten, schafften alle anderen Aufgaben auch sehr gut. Verwirrend war nur, dass die guten Teams ganz unterschiedlich vorgegangen waren.
Daraus schlossen sie: Was die guten von den dysfunktionalen Teams unterscheidet, ist der Umgang miteinander. So hatten beispielsweise alle Mitglieder der funktionierenden Teams in etwa den gleichen Redeanteil.
Die Forscher machten auch die Gegenprobe: Sobald lediglich eine Person oder eine kleine Gruppe sprach, sank die kollektive Intelligenz des ganzen Teams. (Wenn an dieser Stelle vor deinem geistigen Auge ein endlos vor
sich hinredender Chef erscheint, bist du nicht allein.)
Ganz wichtig auch: Empathie
Auch eine ganz wichtige Erkenntnis der Aufgaben war: Die funktionierenden Teams verfügten über eine hohe „durchschnittliche soziale Sensibilität“, konnten also intuitiv erahnen, wie andere sich fühlten anhand von deren Ton, Gesichtsausdruck und Körpersprache. Also Sozialkompetenz, Feinfühligkeit, Empathie.
In der Psychologie nennt man das „psychologische Sicherheit“ – die Gewissheit, in einer Gruppe sprechen zu können, ohne beschämt, zurückgewiesen oder bestraft zu werden. Es geht um eine Atmosphäre von Vertrauen und Respekt, in der jede Person sie selbst sein kann.
In der weiteren Auswertung der Studienergebnisse fiel auf, dass die meisten Teammitglieder darüber sprachen, wie sie sich im Team gefühlt hatten.
Wie sagte schon die geniale Maya Angelou:
„Ich habe verstanden, dass die Menschen vergessen, was du gesagt oder getan hast. Aber sie werden nie vergessen, welches Gefühl du ihnen gegeben hast.“
Was ein gutes Team ausmacht ist also, nett und fair zueinander zu ein. So, wie ich es oben beschrieben habe.
Tja, Google.
Wo ist mein Scheck?
Dieser Text ist zuerst auf Lydias Blog Büronymus erschienen. Wir freuen uns, dass wir ihn auch bei uns veröffentlichen können.
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