Foto: Alessandro Rovere

Keinen Schimmer von der Kulturszene im Nahen Osten? Dann braucht ihr diese Plattform!

Ein junges Startup hat sich auf die Online-Vermittlung von Themen rund um Kunst und Kultur aus dem Nahen Osten spezialisiert. Wer und was genau hinter KuKü steht, haben wir im Gespräch mit den Herausgeberinnen Esther und Fatima erfahren.

 

Wer oder was ist KuKü?

KuKü” – wenn ich das Wort ausspreche, klingt es  französisch. In der geschriebenen Version könnte es sich allerdings auch um einen Begriff aus dem Türkischen handeln. Was es wohl heißen mag? Nach einem Besuch auf der gleichnamigen Online-Plattform weiß ich mehr: KuKü 

– das steht für Kunst & Kültür”.

Das Spiel mit den kulturellen Einflüssen im Namen ist bei den Mitgliedern des Onlinedienstes offensichtlich Programm. Neben Video-Interviews mit Musikerinnen aus der Türkei und Marokko stoße ich beim Stöbern auf der Website unter anderem auf das Porträt surfender Muslima und das Foto eines Imams mit einer Schwäche für Katzen. Die 26-jährige Fatima ist Redakteurin und zuständig für das Online-Marketing. In unserem Gespräch erklärt sie mir, wie sie und ihre Kolleginnen und Kollegen auf die Idee gekommen sind, KuKü zu gründen:

„Mit KuKü wollen wir den Leuten eine Alternative zu den Mainstream-Medien bieten. Besonders im Bereich Kunst und Kultur liegt der Fokus bei den meisten Medien stark auf Europa und den USA. Wir rücken daher insbesondere Künstlerinnen und Künstlern von der Balkan-Region bis Middle East in den Vordergrund. Auch im Nahen Osten gibt es tolle Künstler, aber kaum jemand kennt sie hier.“

Wer nun glaubt, dass es sich bei KuKü um ein Online-Magazin handelt,
liegt damit nicht falsch – aber auch nicht ganz richtig. Von der 28-jährigen Esther, Redakteurin und PR-Managerin bei KuKü, erfahre ich,
dass sie ihren Usern und Userinnen noch weit mehr als die
journalistische Aufbereitung politischer und künstlerischer Inhalte bieten möchten.

Mehr als ein Magazin!

Zwar werden die Inhalte rund um Reisen, Kulturen und Künstler und Künstlerinnen

im Nahen Osten in Form eines Magazins veröffentlicht, doch in erster Linie verstehen Esther, Fatima, Ömer und ihre Kollegen sich  als eine digitale Produktionsfirma mit unterstützenden Angeboten für Migranten und Kultur- und Kunstinteressierte. Ihre Dienstleistungen reichen dabei von Blogartikeln über Ethno-Marketing und interkultureller Beratung bis hin zur Unterstützung von internationalen Marken und Kulturinstitutionen, die sich auf dem deutschen Markt etablieren möchten.

Die aktuellen politischen Ereignisse sollen in ihren Beiträgen keineswegs außer Acht gelassen werden. Durch die Ausstellung von Fotografie und Video-Performances bekommen die Menschen aber, im Gegensatz zu den üblichen Nachrichtenportalen, die Möglichkeit geboten, für sich selbst zu sprechen.

Auf meine Frage, warum es in einem der Videointerviews, in dem eine deutsch-türkische Elektro-Musikerin vorgestellt wird, keine Untertitel gibt (obwohl die junge Frau mehrfach zwischen Deutsch und Türkisch wechselt), reagieren Esther und Fatima mit einem einvernehmlichen Grinsen. Schließlich erklären sie mir, dass ihr Freund Ömer, der Gründer von KuKü, das Interview gemacht habe, auf das ich mich beziehe. Jede und jeder innerhalb des Teams habe so seine eigene Art, bei der Produktion von Themenbeiträgen vorzugehen.

Ich verstehe überhaupt nichts, aber es berührt mich sehr.”

Fatima stört der Wechsel zwischen den Sprachen nicht, da sie in ihrem Alltag sowohl Türkisch als auch Deutsch spricht. Aber auch Esther, die zum Islam konvertiert ist, jedoch, wie ich, kein Türkisch versteht, fühlt sich nicht ausgeschlossen, wenn die Beiträge ihrer Kolleginnen und Kollegen nicht ins Deutsche übersetzt werden.

„Ich finde es sehr wichtig, dass man sich auf die Mimik und Gestik sowie die Stimme der Person konzentriert, die spricht. Wenn Leute unsere Videos sehen, verbinden sie Sprachen wie Türkisch oder Arabisch anschließend eventuell weniger mit der Sprache des Terrors oder der Sprache der Drogendealer.“

Die Bestätigung für ihre Vermutung bekommt sie unter anderem aus der Facebook-Gemeinde von KuKü. Nachdem dort kürzlich ein Video eines ägyptischen Künstlers veröffentlicht wurde, sammelten sich darunter zahlreiche Kommentare. Einer davon, verfasst von einer deutschen Frau mittleren Alters, lautete: Ich verstehe überhaupt nichts, aber es berührt mich sehr.”

Es geht darum, zu zeigen, was auch Realität ist

Eben genau darum geht es den Mitgliedern bei KuKü. Sie möchten mit ihren Beiträgen und ihrer Unterstützung bei anderen Projekten ein Gefühl transportieren, das die Menschen – egal welcher Herkunft oder Religion – miteinander verbindet. Die beiden jungen Frauen betonen zudem, es gehe ihnen nicht darum, zu zeigen, was richtig oder falsch sei – oder darum, eine bestimmte Meinung zu propagieren. Vielmehr wollen sie mit den Projekten, denen sie Aufmerksamkeit schenken, zeigen, was auch Realität ist.

In einer ihrer Fotoserien sieht man eine verschleierte Frau mit Bierflasche und Zigarette in der Hand. In einem anderen Artikel wird eine lesbische, muslimische Polizistin porträtiert. Geschichten wie diese sollen natürlich auch provozieren, aber in erster Linie geht es dem Team darum, ein Bild von Diversität aufzuzeigen.

Viele der Beiträge auf dem KuKü-Blog kommen direkt aus ihrer Community. Das bedeutet, jede und jeder, die oder der möchte, kann eigene Ideen und Artikel einreichen, die anschließend von den Mitgliedern von KuKü angeschaut und gegebenenfalls überarbeitet werden. Journalistische Erfahrung oder der kulturelle Background spielen dabei keine Rolle.

Für wen ist KuKü gedacht?

Als ich nach der Zielgruppe für KuKü frage, erklärt Fatima mir, dass in ihrer Community und auf Facebook ganz verschiedene Menschen unterschiedlichen Alters zusammenkommen. Viele der User seien weiblich, im Alter zwischen 20 und 35. Es gebe aber auch viele Ältere, die mit großer Neugier an Inhalte herangehen und sich freuen, wenn generations- und kulturübergreifende Gespräche stattfinden, die sich so in ihrem Alltag oder auf der Straße nicht ergeben hätten.

Ein weiteres Publikum, das sie zudem gerne vermehrt ansprechen möchten, sind Jugendliche, die in Deutschland den Bezug zu ihrer ursprünglichen Heimat oder Kultur vermissen. Esther erklärt:

„Wenn man im Internet beispielsweise nach Rap-Musik aus dem Nahen Osten sucht, landet man meistens direkt auf den Seiten aus den jeweiligen Ländern. Wir wollen das ändern und den Jugendlichen das Angebot eines digitalen Treffpunkts bieten, damit sie auch hier einen Teil ihrer Kultur wiederfinden, mit anderen über ihre Lieblingskünstler diskutieren und Dinge weiterempfehlen können.“ 

Wenn ihr selbst Ideen für Blogartikel habt oder im Internet auf eine spannende Künstlerin oder einen Künstler gestoßen seid, freuen sich die Mitglieder von KuKü über eure Anregungen. Es lohnt sich in jedem Fall immer, auf Facebook oder auf der Seite des jungen Startups vorbeizuschauen. Zu ihrem einjährigen Geburtstag, der bald ansteht, arbeiten die Mitglieder derzeit schon an einem neuen Projekt. Wir sind gespannt!

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