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Gegen Honorar-Dumping: Wie Freiberufler überleben können

Wie berechne ich als Freiberufler mein Honorar? Und worauf muss ich achten, um mich nicht durch eine falsche Kalkulation selbst zu ruinieren? Unsere Community-Autorin Annika hat ein paar hilfreiche Tipps.

 

Was bleibt am Ende übrig?

Nach erledigtem Auftrag bekommt man für seine Arbeit ein hübsches Sümmchen überwiesen – viel bleibt am Ende davon aber nicht übrig. Die Einkommensteuer, Beiträge zur Krankenversicherung, Büromiete, Nebenkosten, Altersvorsorge, Versicherungen, Aufwendungen für die Akquise, der Dienstwagen, Investitionen in Arbeitsutensilien, all das geht vom Bruttoeinkommen ab und dann soll am Ende ja auch noch ein Gewinn übrig bleiben. Schließlich muss man als Freiberufler genauso für die Wohnungsmiete aufkommen wie jeder andere auch. Deshalb müsst ihr clever kalkulieren, denn sonst seid ihr – trotz guter Auftragslage – vielleicht bald pleite.

Berechnet, was ihr zum Leben braucht!

Macht euch eine Liste und tragt zusammen, welche Kosten monatlich in eurem privaten Bereich auf euch zukommen. Spart ihr auf ein Auto? Zahlt ihr einen Kredit ab? Oder legt ihr monatlich etwas auf die hohe Kante? Habt ihr eine private Altersvorsorge? All dies müsst ihr in eurer Berechnung erfassen. Werft einen Blick auf eure Kontoauszüge, damit ihr auch nichts vergesst.

Freiberuflichkeit kostet!

Benzin und Versicherung für den Geschäftswagen, Kosten für die Bewirtung und die Akquise neuer Kunden, Reisekosten, betriebliche Versicherungen wie die Berufshaftpflicht, Bürobedarf, Marketinginstrumente, Kosten für Buchhaltung und Steuerberater, Investitionen und Abschreibungen: Macht euch eine Liste und pauschalisiert, wenn nötig, die Kosten, die mit eurer Freiberuflichkeit verbunden sind. Plant auch Reisekosten mit ein, die eigene Homepage, den Praktikanten… 

Fasst eure privaten und eure beruflichen Ausgaben zusammen. Wie ihr seht, ist hierbei schon eine ordentliche Summe zusammen gekommen. Doch wir sind noch längst nicht fertig!

Qualität hat ihren Preis!

Eine gute Ausbildung kostet Geld, eine gute Weiterbildung auch. Investiert in eure eigene Qualität und bildet euch fort. Besucht Messen, Tagungen, Workshops, Seminare und bringt euer Know-how auf den neusten Stand. Eure Kunden werden es euch danken. Doch billig ist diese Investition in die eigene Qualität nicht. Weiterbildungen sind nicht nur monetär sehr kostspielig, ihr verliert auch Arbeitszeit! Achtet deshalb bei der Festlegung und Verhandlung eurer Honorare auf einen Puffer, den ihr später wieder in euch selbst investieren könnt.

Ihr habt schon viele Jahre Erfahrung und gute Referenzen? Dann berücksichtigt auch diese Aspekte in der Kalkulation eurer Honorarvorstellungen. Verkauft euch bitte nicht unter Wert!

Auf Pausen und Erholung achten!

Kein Mensch schafft es auf lange Sicht 365 Tage im Jahr durchzuarbeiten. Kalkuliert deshalb in eure Tagessätze auch Wochenenden mit ein, Urlaubstage und mögliche Krankheitstage. Vor Krankheit ist niemand geschützt und für Freiberufler ist die eigene Gesundheit existentiell. Seid ihr krank, könnt ihr kein Geld verdienen. Plant deshalb immer einen Puffer für Krankheitstage ein! 

Auch an Feiertagen arbeitet ihr eventuell nicht, vergesst deshalb auch diese nicht in eurer Rechnung.

Nicht alles bringt Geld!

Als Freiberufler ist man nicht immer zu 100 Prozent ausgelastet. Genauso wie es Hochphasen gibt, gibt es auch immer wieder Wochen, in denen nicht so viel los ist. Außerdem könnte ihr euch nicht jeden Tag vergolden lassen, soll heißen, ihr könnt nicht jeden Arbeitstag abrechnen. Unterlagen ordnen, Zeit für die Steuer, Recherche, Themenvorschläge kreieren, Networking, Weiterbildung – all dies bringt euch kein Geld. Kalkuliert das ein!

Und nun seid ihr überrascht wie viel von eurem Honorar abgeht? Die Summe, die ihr hier habt, ist das was ihr verdienen müsst, um am Ende nicht drauf zu zahlen. Doch verdient habt ihr damit noch nichts. Zuerst müsst ihr einen Gewinn aufschlagen, dann erst habt ihr euren Tagessatz.

Über Geld spricht man!

Transparenz ist hier das Stichwort. Rede mit deinen Kollegen und Kolleginnen über eure Tagessätze. Sind sie ähnlich? Weichen sie stark voneinander ab? Gibt es vielleicht sogar eine unterschiedliche Bezahlung beim gleichen Kunden? Einigt euch auf eine Untergrenze für Tagessätze, aber auch für Stundenhonorare. Das wird euch später das Verhandeln mit dem Auftraggeber erleichtern. Will er euch unter eure abgesprochene Untergrenze handeln, könnt ihr hart bleiben, ohne die Sorge zu haben, dass ein Kollege den Job für weniger Geld machen könnte. Durch eure internen Absprachen garantiert ihr im Übrigen auch, dass die Honorare der Branche stabil bleiben. Dumpingpreise erfreuen vielleicht anfangs den Auftraggeber, doch langfristig gesehen machen sie das Arbeitsfeld kaputt.

Macht euch eigene AGBs!

In euren AGBs haltet ihr euren Tagessatz fest und ab wann ihr zusätzlich Überstunden in Rechnung stellt. Ihr könnt auch den Arbeitsprozess definieren und erklären, welche Schritte eure Arbeit umfasst. Ihr haltet außerdem fest, welche Leistungen im Tagessatz erfasst werden und was ihr zusätzlich berechnet. Lasst sicherheitshalber einen Anwalt über eure Allgemeinen Geschäftsbedingungen schauen. Dann könnt ihr sie auf eure Homepage stellen und eure Kunden darauf hinweisen.

Zusatzleistungen müssen extra kosten!

Der Auftrag ist schon längst erfüllt, trotzdem gibt es immer wieder Änderungen, Mails, Meetings und kleine Extrawünsche? Vielleicht noch ein zusätzlicher Post bei Facebook? Oder ein kleiner Text? Ist doch ruckzuck gemacht… Vorsicht! Zusätzliche Leistungen müssen auch zusätzlich vergütet werden. Kommuniziert das frühzeitig um euch und eure Kunden vor unangenehmen Überraschungen zu bewahren. Hier könnte ihr auch auf eure AGBs hinweisen! 

Eine nette Mail nach dem Auftrag, um zu checken, ob der Kunde zufrieden ist, sollte jedoch obligatorisch sein.

Vorsicht bei Pauschalen!

Seid achtsam, wenn ihr eine Pauschale angeboten bekommt. Zwar gilt im Leben das Sprichwort „Mal bist du Baum, mal bist du Hund”, bei Pauschalen bist du als Freiberufler jedoch meist der Baum. Denn alle anfallenden Arbeitsleistungen werden zusammengefasst und du kannst nicht deine tatsächlich geleisteten Arbeitstage in Rechnung stellen. 

Nun hast du dein Rüstzeug für deine künftigen Honorarverhandlungen beisammen und kannst deine eigenen Vorstellungen verteidigen. Verkaufe dich nicht unter Wert – lieber ein Angebot abgelehnt, als am Ende draufgezahlt.

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