Foto: Advait Jayant

Unerfüllter Kinderwunsch: „Auch wir Männer sind traurig und verzweifelt, aber sagen dürfen wir es nicht”

Wenn der Kinderwunsch unerfüllt bleibt, fällt es vielen Frauen sehr schwer darüber zu sprechen – noch seltener hört man allerdings von Männern, wie es ihnen damit geht. Unser Community-Autor bricht das Schweigen.

 

Was ist, wenn Mann nicht Vater wird?

Es gibt viele Texte, die sich damit beschäftigen, wie sich Frauen fühlen, wenn sie kinderlos, oder wie es Asmona Logan bei Edition F bezeichnet „kinderfrei“, sind. Ist es eine selbstgewählte Kinderlosigkeit, dann ist die Bezeichnung kinderfrei sicherlich gut gewählt. Ein Leben ohne Kinder kann viele Vorteile mit sich bringen, selbst der Ansatz der Altersvorsorge durch Kinder ist bei dem sich abzeichnenden Zusammenbruch der staatlichen Altersvorsorge obsolet.

Keine Kinder bedeutet: weniger Probleme, durchwachte Nächte nicht wegen Kindergeschrei, sondern wegen Partylärm, selbst bei Menschen Ü40. Urlaub außerhalb der Ferienzeit. Und wenn man mal Bock auf Kinder hat, dann lädt man sich Freunde und Familie mit Nachwuchs ein, damit man später drei Kreuzzeichen machen kann, wenn sie wieder weg sind.

Kinderfreiheit ist für manche Menschen ein Segen, aber Kinderlosigkeit kann ein Fluch sein. Einer der offenbar nur Frauen trifft, denn Männer reden nicht so gerne darüber und auch Frauen thematisieren dieses heikle Thema, zumindest in der Öffentlichkeit des Internets, lieber frauenbezogen. Einer wie Helge der eine Exitstrategie vom Vaterwunsch ins Netz gestellt hat, gehört zu den Ausnahmen. 

Auch Männer leiden unter unerfüllten Kinderwünschen

Dabei kenne ich genügend Männer und Nichtväter in meinem Freundes-/ Bekanntenkreis die nicht minder verzweifelt sind, weil sie sich und
ihrer Partnerin den Wunsch nach einem Kind nicht erfüllen können, oder er
einfach nicht erfüllbar ist. Dabei ist es egal, ob es an der Frau oder dem Mann
liegt.

Bei der Diskussion um Kinderlosigkeit, dem Gegenteil der selbstgewählten Kinderfreiheit, wird der Mann kaum beachtet. Woran liegt es? Ist es nur der Wunsch der Frau schwanger zu werden und Männer haken diese Thema
einfach ab? Ist es die Begründung, warum sich ältere Männer jüngere Frauen
suchen um sich irgendwie fortzupflanzen? Wie viel Vorurteil steckt in den
Köpfen, wenn es um Männer und dem Wunsch nach Kindern geht? Reden wir Kerle nicht darüber, weil wir, wenn wir anscheinend keine Kinder zeugen können, gar keine richtigen Männer sind?

Während Frauen, auch heute noch, gerne schwach sein dürfen, vor allem beim Thema Schwangerschaft, ist der Mann derjenige der stark sein soll. Keine Kinder: „Schade, dann hast du halt mehr Zeit für den nächsten
Marathon. Freu dich doch“, ist so eine klassische Männerantwort.

Es ist ein scheiß Gefühl

„Was tut mein Körper mir an?”, diese Frage von Frauen können wir öfter lesen. Frauen verzweifeln daran, wenn sie keine Kinder bekommen können. Männer, auch wenn sie ungern darüber reden, verzweifeln ebenfalls an ihrer Unfähigkeit Kinder zeugen zu können.

Was macht ein Mann mit der Aussage, dass er keine Kinder zeugen kann? Nach Hause gehen, seiner Frau in die Augen schauen und den Kinderwunsch beerdigen ist wohl die einzige Möglichkeit. Aber wie viel Mut gehört dazu diesen Schritt zu gehen? Es ist nicht nur die eigene Enttäuschung, es ist die Gewissheit dem Menschen den man liebt auch enttäuschen zu müssen. Mit der Diagnose keine Kinder zeugen zu können bricht auch für Männer eine Welt zusammen. Nicht nur Frauen träumen von der kleinen Familie und dem Glück im trauten Heim, auch Männer wollen mit den Kids auf den Fußballplatz und ihre
Kinder in den Schlaf singen.

Wenn wir also über Kinderlosigkeit sprechen, dann sollten wir nicht vergessen wie es Männern geht die den Traum vom Vatersein aufgeben müssen. Auch wir sind traurig und verzweifelt, aber sagen dürfen wir es nicht.

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