Work-Life-Balance – ein Thema, das sich in unserer Gesellschaft zu einer absoluten Handlungsmaxime etabliert hat. Nur leider ist sie völlig sinnfrei.
Die perfekte Work-Life-Balance gibt es nicht!
Viele Menschen sind ständig auf der Suche nach ihrer perfekten Work-Life-Balance – und scheitern daran. Das Problem dabei ist aber nicht, dass viele vergebens versuchen, diese Balance zu finden, sondern dass sie überhaupt danach suchen.
Der Wunsch nach einer Work-Life-Balance an sich ist schon Unsinn. Denn er schnürt dir die Luft ab. Aus einem ganz simplen Grund: Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich atme auch beim Arbeiten. Ich lebe also, während ich in der „Work-Hälfte“ meines Daseins aktiv bin. Und umgekehrt will ich mir gar nicht verbieten, am Wochenende bei der Gartenarbeit, beim Leben meines „Lifes“, auch mal an die Arbeit oder ein Projekt zu denken. Gerade da ist mein Kopf doch schließlich herrlich frei!
Die klare Trennung von Leben und Arbeit ist ein folgenschwerer Fehler
Leben und Arbeit strikt zu trennen, finde ich deshalb – du denkst es dir vermutlich schon – nicht nur unlogisch, sondern sogar falsch. Denn wo wir von einer fehlenden Work-Life-Balance sprechen, implizieren wir allein schon im Sprachgebrauch: Arbeit ist schlecht, das Leben ist toll. Sonst bräuchten wir ja keine Balance zwischen den beiden herstellen. Ich halte diese Perspektive für eine hervorragende Grundlage, um dein Leben unglücklich zu gestalten.
Warum? Weil sie eine Zergliederung deines eigenen Lebens bewirkt. Du suchst eine Balance – also bist du entweder bei der Arbeit oder du lebst, beides zusammen geht nicht. Während du das eine tust, fällt das andere unter den Tisch. Wie schade!
Ich glaube, dass hinter dem Schrei nach einer Work-Life-Balance ein ganz anderes Bedürfnis steckt. Der Wunsch nach Balance, nach Ausgeglichenheit ist nur eine Worthülse, ein Symptom für dieses Anliegen. Den Menschen, die scheinbar keine hinreichende Work-Life-Balance haben, fehlt oftmals die Grundlage für das Gefühl der Balance: Menschen brauchen eine sinnvolle Arbeit, um sich ausgeglichen fühlen zu können.
Eine Portion Lebendigkeit, bitte!
„Sinnvoll” ist dabei keine Kategorisierung nach verschiedenen Bereichen. Der Job einer Bankerin ist nicht sinnvoller als der einer Verkäuferin, eine Lehrerin stiftet nicht mehr Sinn als eine Pilotin. Ich kann jede Arbeit mit Sinn füllen, mit meinem Beitrag für andere Menschen. „Sinnvoll” meint also das Gefühl, dass deine Arbeit für dich mit Sinn erfüllt ist. Dass du dich beim Arbeiten lebendig fühlst.
Es ist diese Sinnhaftigkeit, die vielen Menschen heutzutage zwischen Stress, Druck und seltsamen Formen der Unternehmensführung abhanden gekommen ist. Das kann ich nachvollziehen, denn unsere Welt und unser Arbeitsleben sind ja tatsächlich deutlich rasanter als es noch zu Zeiten unserer Großeltern der Fall war. (Oder hast du je gehört, dass diese sich über eine schlechte Work-Life-Balance beschwert hätten?)
Die Frage, die sich stellt, ist jedoch: Wie gestaltest du für dich ein Leben – mit all seinen unterschiedlichen Facetten –, das du insgesamt als erfüllend und anregend erlebst?
Ein sinnreiches Leben
Wenn du das Gefühl hast, dass deine Arbeit nichts mit deinem Leben zu tun hat, dass sie völlig abgekapselt davon ist, dann empfindest du sie schnell als störend. Was bleibt, ist ein nerviges Gefühl jeden Morgen, wenn der Wecker für den Job klingelt. Deshalb solltest du dir unbedingt folgende grundsätzliche Fragen stellen: Was macht dich aus? Was in deinem Leben hat wirklich Bedeutung für dich? Und was auch immer deine Antwort darauf ist, du solltest sie sowohl in deinem privaten Leben als auch in deiner Arbeit wiederfinden.
Menschen gehen immer dann in einer Sache auf und fühlen sich in Balance, wenn sie Freude daran haben. Und das entsprechende Mindset kannst du dir selbst in allen Lebensbereichen erarbeiten. Wie das geht? Du kannst dich zum Beispiel fragen, was dein Leben positiv beeinflusst – und anschließend schauen, wie du das eben auch bei deiner Arbeit herstellen kannst. Oder vielleicht genügt schon eine kleine Änderung des Blickwinkels. Wenn du beispielsweise deine Balance dadurch findest, Zeit mit deiner Familie zu verbringen, dann mach dir bewusst: Es ist deine Arbeit, die den entspannten Ruhepol zu Hause ermöglicht. Das ist möglicherweise eine Perspektive, die dir zeigt: Das eine steht mit dem anderen in Verbindung.
Ich glaube, du fühlst dich dann innerlich ausgeglichen, wenn du erkennst: Du hast eine Arbeit, aber du bist nicht ausschließlich deine Arbeit. Du bist viel, viel mehr! Und dieses viel mehr solltest du dann wieder in deine Arbeit tragen. Dann brauchst du gar keine Work-Life-Balance.
Dieser Beitrag ist zuerst auf Antje Bachs Blog erschienen. Wir freuen uns, dass sie ihn auch hier veröffentlicht.
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