Foto: Pexels

Innovationscoaching: Was das bringt und wohin es die Arbeitnehmer führt

Innovation ist und bleibt in Unternehmen ein Riesenthema. Aber wie schafft man es, nach Jahren im Job noch innovativ zu sein – und wie können dabei Coachings helfen? Martina Dopfer ist Innovationscoach und erzählt von ihrer Arbeit.

 

Vielen Arbeitnehmern macht der Wunsch nach Innovationskraft Druck

Innovationspraktiken helfen Unternehmen, agil und am Puls der Zeit zu bleiben. Darum versuchen sie, mit Workshops zur Innovation von Geschäftsmodellen, Produkten oder Prozessen ihren Wettbewerbsvorteil zu erhalten oder auszubauen. Doch bevor sich die volle Innovationskraft eines Unternehmens entfalten kann, muss der Workshop-Moderator oft erst angestaute Emotionen und Überzeugungen durchbrechen und neue Sicherheiten schaffen.

Genau dafür habe ich als Organisatorin und Moderatorin von Innovationsworkshops mit der Zeit ein gewisses
Portfolio an Inhalten, Storylines und Methoden entwickelt. Die Inhalte
sollen den Teilnehmern aus unterschiedlichsten Industrien, mit diversen
Hintergründen und Berufserfahrungen helfen, innovativer, kreativer und auch
flexibler in ihrem Denken zu werden. Denn gerade im Bereich
Innovationsmanagement merkt man immer wieder, dass zwar ein Druck zu mehr
Innovation – Produkt, System oder Prozessinnovation – besteht, die Empfänger
dieses Drucks aber nicht damit umzugehen wissen. 

Innovation schafft einen Wettbewerbsvorteil

Nicht selten haben diese
Personen schon über Jahre erfolgreich in einer leitenden Position gearbeitet,
sich ihren Stand im Unternehmen geschaffen und definieren darüber ihre Aktionen
und ihr Handeln. Das verschafft ihnen Legitimation und gibt Sicherheit. Doch
gerade in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung, in der etablierte Industrien
zum Umdenken und Arbeiten mit neuen Medien gezwungen sind und jüngere Unternehmen immer am Puls der Zeit bleiben müssen, um ihren Wettbewerbsvorteil
weiter auszubauen, steigt der Innovationsdruck. Unternehmen können es sich nicht mehr erlauben, sich nur auf ihrem bestehenden USP (Unique Selling Proposition) auszuruhen. Ansonsten
kann ihr Produkt schon bald von einem anderen Anbieter ersetzt beziehungsweise obsolet
gemacht werden.

Umdenken ist nicht immer einfach

Workshops zu
kreativen Innovationsmethoden können den entsprechenden Zielgruppen helfen,
innovatives Handeln in den Alltag zu integrieren. Aber das ist nicht immer
einfach. Hat man erst einmal ein paar Jahre in einer Industrie gearbeitet, ist
man auch überzeugt von den Spielregeln dieser Industrie. Bestimmte
Handlungsmuster, etwa in Bezug auf Geschäftsmodelle, werden zu einer akzeptierten
Regel und eher wieder aufgenommen als innovativ durchbrochen. Auch die Legitimation und Sicherheit, die man
aus dem gewohnten Handeln zieht, ist nicht mehr leicht zu ändern. Das gilt
meist für sämtliche Unternehmensebenen vom Geschäftsführer zum Projektleiter
bis hin zum Produktmanager. So haben sich auch in Teams Einverständnisse über
Marktdynamiken, Produkte und Kundenbedürfnisse etabliert, die nur schwer zu
ändern sind.

Der Innovationsdruck bleibt

Doch der
Druck bleibt. Nehmen die oben genannten Akteure erst an einem
Innovationsworkshops teil, reichen ordentlich ausgearbeitete Storylines oft
nicht aus. Auch wenn man als Moderator versucht, mit Erfolgsgeschichten aus
Innovation und Entrepreneurship gewohnte Denk-und Verhaltensmuster zu
durchbrechen, kommt man doch manchmal an seine Grenzen. Obwohl den Teilnehmern
bewusst ist, wie sehr Internetunternehmen wie etwa Uber die Muster von etablierten Industrien wie der Taxiindustrie
durchbrochen haben, ohne je ein einziges Taxi zu besitzen, tendieren sie doch
dazu, ihr eigenes Unternehmen, ihre Industrie und ihr Handeln in Schutz zu
nehmen.

Mehr noch, wenn man mit etablierten Innovationsmethoden wie dem
Arbeiten mit Analogien, Bildern oder Storylining versucht, diese Verhaltensmuster
aufzubrechen, kommt es oft zu spannenden Dynamiken. Nehmen ganze Teams teil,
enden Diskussionen nicht selten in der altbekannten Industrielogik, die einmal
mehr diskutiert wird. Gleiche Analogien wie erfolgreiche Geschäftsmodelle aus
verwandten Industrien werden herangezogen, um etablierte Überzeugungen zu
bestärken; entferntere Analogien, die zur Inspiration für ein Umdenken erörtert
werden könnten, werden eher ignoriert oder anhand von Negativbeispielen
diskutiert. Gleichzeitig merkt man als Moderator aber auch immer wieder, wie
viel Frust
bestimmte Teams schon in sich tragen. Nicht selten kommt auch diese
Unzufriedenheit zu Tage: So kann es in einem Workshop auch einmal zum Aufkochen
angestauter Wut und Frustration kommen.

Oft entladen sich gerade im Workshop aufgestaute
Wut und Frustration

Erstaunlicherweise
führt aber manchmal eben diese emotionale Entladung zu neuer Offenheit. Ist der
Frust erst aus dem Kopf, scheint Raum für neues Denken zu entstehen. Hier merkt
man als Moderator, wie anstrengend es sein kann, Inhalte und Methoden zu
erklären und gleichzeitig Diskussionen zu moderieren, um die Gruppe immer
wieder zu ihrem eigentlichen Ziel von mehr Innovation zurückzuführen.
Gleichzeitig macht das aber die Faszination des Jobs aus. Denn gerade die
Position als Außenstehender erlaubt es, Umstände zu reflektieren, Probleme aus
einer Metaperspektive zusammenzufassen und die Workshop-Teilnehmer zum
ursprünglichen Ziel des gemeinsamen Erlernens von Innovationsmethoden zurückzubringen.

Durch das Durchbrechen von Emotionen entsteht kreatives Momentum

Hat man als
Moderatorin die Mauern der Überzeugung von Industrien und Handlungsmustern durchbrochen und die emotionale Entladung ermöglicht, merkt man oft, mit welch
neuer Offenheit die Workshop-Teilnehmer sich auf die Inhalte und Methoden
einlassen können. Und genau das ist der Punkt, an welchem kreative Energien
entstehen, die zu innovativen Ideen führen.

Man sollte
darum als Moderator keine Angst davor haben, Emotionen im Workshop-Raum zu
erlauben, sondern eher lernen, die Teilnehmer mit Ruhe und Gelassenheit durch
ihre eigenen Gefühle durch zu steuern. Das erfordert Selbstvertrauen und
Energie, führt aber auch zu erstaunlich innovativen Ergebnissen und zufriedenen
Gesichtern am Ende anstrengender und inspirierender Tage.

Mehr bei EDITION F

Der Coaching-Wahnsinn – alles heiße Luft oder professionelle Unterstützung? Weiterlesen

Nina Klein: „Wer zögert, hat noch nicht die richtige Geschäftsidee“ Weiterlesen

7 Regeln der Digitalisierung – das müssen Unternehmen jetzt tun, um nicht auf der Strecke zu bleiben. Weiterlesen

Anzeige