Auf dem Bild ist eine Frau von hinten zu sehen, die auf einem grünen Sofa liegt und ein Buch liest.
Foto: Matias North/Unsplash

Weibliche Wut, toxische Männlichkeit, Teilzeit-Feminismus: Zehn Bücher, die wir jetzt lesen wollen

Klingt abgedroschen, aber stimmt trotzdem: Der Herbst ist eine super Jahreszeit, um sich in ein Buch zu vertiefen, wenn es draußen garstig ist und drinnen neben uns ein Tässchen Tee dampft. Unsere aktuellen Empfehlungen aus der Redaktion.

Wir in der Redaktion sind sehr froh, dass es Buchempfehlungs-Artikel gibt, weil wir öfters richtig nervös werden, wenn wir die Vorschauen der Verlage zugeschickt bekommen oder auf anderen Wegen mitbekommen, welche großartigen und wichtigen Bücher Monat für Monat erscheinen. So viele wichtige Themen, so viele kluge Menschen – einmal mehr also nutzen wir die Gelegenheit, ein paar Empfehlungen auszusprechen.

Hier haben wir euch eine aktuelle Auswahl von zehn Büchern zusammengestellt, die uns inspirieren, etwas beibringen und berühren.

„Geständnisse einer Teilzeitfeministin: Mein Verstand ist willig, aber der Alltag macht mich schwach“ von Heike Kleen

Das Problem von Heike Kleen: Sie ist eine Feministin, die vormittags Texte über Gleichberechtigung schreibt, um sich nachmittags allein um Einkaufslisten, Geburtstagsgeschenke und Arzttermine zu kümmern. Eine Feministin, die vor toxischer Männlichkeit warnt, und sich dabei ertappt, wie sie ihrem Sohn zu erklären versuchen, wie er ein „echter Kerl“ wird. Eine Feministin, die sich über die Rentenlücke bei Frauen empört, während sie selbst in Teilzeit arbeitet. Kleen fragt sich in diesem lustigem und ehrlichen Buch: Wer ist eigentlich schuld daran, dass sie in das Modell „Teilzeitfeminismus“ gerutscht ist: das Patriarchat, die Evolution oder wir selbst?

Bild: Rowohlt Verlag

„Keep It Coming: Guter Sex ist Übungssache“ von Dania Schiftan

Dania Schiftan ist Psychotherapeutin und klinische Sexologin. In ihrer Praxis und ihren Büchern klärt sie über Sexmythen auf und verhilft Menschen zu einem erfüllenderen Sexualleben. In ihrem neuem Buch geht sie der Frage nach, was wir tun können, wenn nach vielen Jahren die Abläufe in einer Partner*innenschaft festgefahren sind und die Lust verschwunden ist. Anhand von Fallbeispielen aus ihrer Praxis zeigt Dania Schiftan, wie ein neues Miteinander im Bett aussehen könnte und wie Paare das behutsam angehen können.

Bild: Piper Verlag

„Süß: Eine feministische Kritik“ von Ann-Kristin Tlusty

„Ich bin Feministin. Ich bin wütend darüber, dass Frauen im Alter wie selbstverständlich stärker unter Armut leiden als Männer. Ich bin es leid, dass man Menschen mit Uterus nicht zutraut, Informationen zum Thema Schwangerschaftsabbruch handhaben zu können. Ich finde es erschütternd, dass all jene, die keine heteromännliche Norm verkörpern, weltweit Angst haben müssen, nachts allein das Haus zu verlassen.“ Ann-Kristin Tlusty hat mit „Süß“ eine Streitschrift vorgelegt: Darin räumt sie mit der Vorstellung auf, dass eigentlich alles soweit in Butter ist in Sachen Gleichstellung. Feminist*in sein ist eine feine Sache, auf die sich jede Menge Leute, selbst in konservativeren Kreisen, mittlerweile einigen können, was dabei allerdings nicht gesehen wird: Überholte Strukturen wirken hartnäckig fort und degradieren Frauen zu von Natur aus sanften Wesen, die fürsorglich, sanft und sexuell verfügbar zu sein haben. Tlusty geht deshalb der Frage nach: Wie lassen sich diese Strukturen endlich abwracken?

Bild: Hanser Verlag

„Die letzten Männer des Westens: Antifeministen, rechte Männerbünde und die Krieger des Patriarchats“ von Tobias Ginsburg

Tobias Ginsburg hat sich ein Jahr lang undercover verschiedensten Antifeministen und Frauenhassern angeschlossen, um herauszufinden, wo deren Ängste und all der Hass herrühren: Der westliche Mann wird unterdrückt und verweiblicht, er ist vom Aussterben bedroht – so klingt der immer lauter werdende Kriegsschrei der Antifeministen, in den auch wiedererstarkte Rechte einstimmen. Ginsburg ist quer durch Deutschland und das Internet, in die USA und nach Polen gereist. Er trifft auf rechtsradikale Burschenschafter und faschistische Rapper, auf Neonazis, Online-Trolle und Offline-Schläger, Incels und Identitäre. Eine beklemmende Reise zu Menschen, die sich extrem von demokratischen Werten entfernt haben und dabei mitten unter uns sind.

Bild: Rowohlt Verlag

„Wut und Böse“ von Ciani-Sophia Hoeder

Weibliche Wut ist ein Problem. Frauen, die wütend sind, haben ein Problem. Denn Frauen sind im Patriarchat die, die schön Ruhe geben, Männern den Rücken freihalten und Zumutungen ertragen und weglächeln sollen. Wütende Männer im Job sind fordernd und durchsetzungsstark, wütende Frauen im Job sind hysterisch und unkontrolliert. Die Journalistin Ciani-Sophia Hoeder fordert: Frauen sollen sich diese wichtige Emotion „Wut“ endlich zurückholen! Denn die Verhältnisse, schreibt sie, lassen sich nur durch den Einsatz der weiblichen Wut ändern. Hoeder hat mit vielen Wissenschafter*innen gesprochen, analysiert das strukturelle Verlangen, Frauen ihre Wut abzusprechen, und zeigt auf, warum wütende Frauen als unsympathisch gelten und wütende Männer als dominant. Ihr Appell an wütende Frauen: „Suche deine Kämpfe gezielt aus, lass dich nicht einschüchtern, verbünde dich.“

Bild: Hanserblau

„(K)eine Mutter: Abtreibung – Zwölf Frauen erzählen ihre Geschichte“ von Jeanne Diesteldorf

In Deutschland ist ein Schwangerschaftsabbruch bis heute verboten, und bleibt lediglich unter bestimmten Bedingungen straffrei. Bis heute hat keine Regierung dafür gesorgt, dass die Paragrafen, die einen Abbruch für strafbar erklären und Frauen daran hindern, sich über Abbrüche zu informieren, endlich gestrichen werden. Kein Wunder also, dass ein Schwangerschaftsabbruch für so viele Frauen weiterhin mit Gefühlen wie Angst, Scham und Verzweiflung verbunden ist. Im Durchschnitt entscheidet sich jede vierte Frau einmal im Leben dafür, eine Schwangerschaft abzubrechen, und doch sprechen die meisten Betroffenen darüber höchstens im privaten, geschützten Raum. Das Buch „(K)eine Mutter“ gibt zwölf Frauen den Raum, die Geschichte ihres Schwangerschaftsabbruchs zu erzählen. Die Autorin Jeanne Diesteldorf hat selbst abgetrieben und jahrelang darüber geschwiegen. Ihr Buch ist ein Plädoyer für körperliche Selbstbestimmung.

Bild: KiWi Verlag

„Worüber wir nicht sprechen sollen – es jetzt aber trotzdem tun: Ein Manifest über den weiblichen Körper“ von Nimko Ali

Die britische Sozialrechtsaktivistin Nimko Ali schreibt über Besonderheiten und Eigenarten unserer Körper, über die privat und öffentlich immer noch viel zu oft geschwiegen wird – aus Scham, Unwohlsein, Angst. Es ist erschreckend, mit welcher Unwissenheit und Verachtung weibliche Körper noch immer betrachtet werden, wenn sie nicht straff, ordentlich bekleidet, verschönert und enthaart sind. Wie fühlt sich eine Vagina nach der Geburt an? Woher weiß ich, dass ich wirklich einen Orgasmus hatte? Wie lerne ich meinen Körper nach einem Missbrauch wieder lieben? Ali hat mit Frauen von Äthiopien bis Großbritannien gesprochen und vereint deren Stimmen in diesem Buch. Mit der Sammlung dieser Lebensgeschichten will Ali aufräumen mit Mythen rund um den weiblichen Körper – und sie ruft dazu auf, Erfahrungen zu teilen und jene gesellschaftlichen Tabus zu brechen, die Frauen passiv und stumm bleiben lassen.

Bild: Goldmann Verlag

„Aber vielleicht wird auch alles gut“ von Lea Melcher

Die Protagonistin dieses Romans, Emilia, ist fast dreißig, single, mittelmäßig glücklich – und sie leidet unter einer Angststörung. Einkaufen, soziale Kontakte pflegen und einem „normalen“ Beruf nachgehen – all das kostet unvorstellbare Überwindung. Am liebsten zieht sich Emilia in ihre Wohnung zurück und blendet die Welt da draußen aus. Bis ihre Schwester ihr ein Ultimatum stellt und sie zu einer Therapie überredet. Im Wartezimmer des neuen Therapeuten sitzt ausgerechnet Jack, den sie eigentlich nie wieder sehen wollte. Durch eine Verwechslung landen die beiden in einer Paartherapie – und Emilia damit in der Situation, sich ihren Ängsten endgültig stellen zu müssen.

Bild: Piper Verlag

„Let me be Christl Clear“ von Christl Clear

„Macht das Nickerchen. Sagt die Party ab, fahrt (alleine) auf Urlaub, besteht beim Sex darauf, dass ihr auch befriedigt aus der Geschichte rausgeht, und sagt öfter mal Nein zu Dingen, auf die ihr keinen Bock habt.“ Die österreichische Bloggerin und Autorin Christl Clear war mal Lifestyle-Redakteurin und arbeitet nun als Influencerin – sie nutzt ihre Reichweite, um auf die schöne und nicht so schönen Dinge des Lebens hinzuweisen. In ihrem ersten Buch will sie mit Klischees aufräumen, die mit dem Frausein verbunden sind, und ihre Leser*innen dazu anleiten, die Hürden des Lebens zu meistern, ohne dabei zu einem egoistischen Monster zu werden oder in übertriebener Selbstlosigkeit zu verharren.

Bild: Verlag Kremayr & Scheriau

„Die Quotenfrau: Expert*innen beziehen Position zur Frauenquote und der Geschlechtergerechtigkeit in Deutschland“ von Petra Nabinger

„Bei der Frauenquote geht es nicht um Gender-Romantik, sondern um Gerechtigkeit“, schreibt Ulrich Goldschmidt, ehemaliger Vorstandsvorsitzende des Berufsverbandes DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte. Und weiter: „Was bei den Kritikern (einer Quote) immer mitschwingt, ist der Verdacht einer sachlich nicht begründeten Gender-Romantik zu Lasten der Männer und zu Lasten der wenigen Frauen, die es auch ohne Quote ganz nach oben schaffen. Jede Art von Frauenquote wäre danach der Inbegriff der Unfairness. Ein Zombie-Irrglaube, der sich leider beharrlich hält.“ Petra Nabinger hat in ihrem Buch die Stimmen von Expert*innen zusammengetragen, die Position zur Frauenquote und zum Stand der Geschlechtergerechtigkeit in Deutschland beziehen, und der Frage nachgehen: Ist die Frauenquote wirklich erforderlich? Und sie sprechen Empfehlungen aus, um die Machtverhältnisse in Unternehmen, Wissenschaft und Politik ausgewogener zu gestalten.

Bild: Littera Verlag

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