Stellen wir uns erstmal echt schön vor: Mit unseren Freund*innen zusammenzuarbeiten. Doch in der Realität ist das nicht immer einfach – besonders, wenn das auf unterschiedlichen Hierarchieebenen stattfindet. Das sollte man beachten, wenn man plant, Freund*innen einzustellen oder sie an einem Projekt zu beteiligen.
Besser arbeiten mit Freunden?
„Never fuck the office“, den schlauen Tipp hat wahrscheinlich jeder von euch schon mal bekommen. Dass es eventuell kompliziert werden könnte, wenn man mit einem Kollegen oder einer Kollegin etwas anfängt, leuchtet vielen ein, wenn es aber um Freunde geht, dann können sich viele von uns erstmal nichts Schöneres vorstellen, als mit eben solchen zusammenzuarbeiten – denn was sollte dagegen sprechen, mit Leuten, die auch privat auf deiner Wellenlänge sind, beruflich Zeit zu verbringen? Umgekehrt geht es doch ohnehin vielen von uns so (zumindest denen, die das Glück haben, in einem positiven Umfeld zu arbeiten), dass die Kollegen zu einer Art Familie werden, beziehungsweise sich zumindest Freundschaften im Büro entwickeln. Wieso also sollte man nicht umgekehrt Leute ins Büro holen, mit denen man schon befreundet ist?
Die Unternehmerin Sarah Krasley hat für „Fortune“ ihre eigene Erfahrung mit dem Thema aufgeschrieben: Sie hatte ein eigenes Business aufgezogen und dafür in den verschiedensten Bereichen mit Freunden zusammengearbeitet, deren Expertise sie in den vergangenen Jahren zu schätzen gelernt hatte. Und das, schreibt sie, habe ihr riesigen Spaß gemacht. Aber, schreibt sie weiter, es habe auch Dinge gegeben, die nicht so viel Spaß machen, nämlich wenn die Grenzen zwischen Freundschaft und Job verschwimmen und es dann zu Problemen in der Zusammenarbeit kommt. Da wären zum Beispiel: Nicht eingehaltene Deadlines, unglaubwürdige Ausreden, mangelnde Kommunikation – alles Gründe, die dazu führen könnten, die Zusammenarbeit mit jemandem zu beenden. Was aber, wenn es sich dabei um eine Person handelt, mit der man befreundet ist, und die dir womöglich sogar einen Gefallen tut, indem sie umsonst für dich arbeitet oder zum Freundschaftspreis?
Neue Seiten werden sichtbar – und das ist nicht immer positiv
Wer mit Freunden zusammenarbeitet, dem kann dasselbe passieren wie dem, der mit Freunden zum ersten Mal in den Urlaub fährt: Plötzlich lernt man Seiten kennen, die die betreffenden Person womöglich in einem anderen Licht erscheinen lassen; Seiten, die unangenehm sind. Und umgekehrt sind deine Freunde womöglich genau so irritiert über eine neue, als unangenehm empfundenen Seite an dir, die sie bisher nicht kannten.
Ein weiteres Problem, das Sarah Krasley beschreibt: Bei Praktikanten und anderen Angestellten war es für sie selbstverständlich, schriftliche Verträge aufzusetzen, schriftliche Arbeitsvereinbarungen zu treffen; bei Freunden fiel es ihr schwer, auf einer solchen schriftlichen Fixierung der Zusammenarbeit zu bestehen. Letztendlich fragte sie den Coach Scott Robson nach Ratschlägen, wie man mit Freunden zusammenarbeitet beziehungsweise sie für einen Job oder ein Projekt einstellt, ohne dabei die Freundschaft aufs Spiel zu setzen. Seine Tipps:
1. Die Dinge offen ansprechen
Manchen Leuten ist es unangenehm, wenn ein Gespräch von freundschaftlicher Unterhaltung in harten Business-Talk übergeht. Sag deinen Freund oder deiner Freundin klar und deutlich, dass du jetzt gerne übers Business sprechen würdest, und frage, ob das OK für sie ist.
2. Vorher reden!
Vor jeder geplanten Zusammenarbeit mit Freunden sollte unbedingt ein ausführliches Gespräch stattfinden. Sobald ihr eine Zusammenarbeit beschlossen habt, solltest du deinem Freund vorschlagen, schriftlich einen Entwurf über eure geplante Zusammenarbeit festzuhalten. Erkläre, wie wichtig dir die Freundschaft ist und dass du sichergehen möchtest, dass die geplante Zusammenarbeit ganz genau definiert ist, damit es nicht zu Missverständnissen oder falschen Erwartungen kommt. Sag auch, dass du jetzt einmal Tacheles reden willst, um dann unbeschwert zum schönen Teil der ganzen Sache übergehen zu können: gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten.
3. Darauf achten, dass beide Seiten profitieren
Dieser Ratschlag gilt dann, wenn deine Freunde an einem deiner Projekte beteiligt werden sollen, ohne dafür bezahlt zu werden: Frag deinen Freund oder deine Freundin, was sie sich von eurer Zusammenarbeit erwarten: ihr Portfolio zu erweitern? Eine Lücke im Lebenslauf füllen, während sie zum Beispiel auf einen neuen Job warten? Neue Skills erwerben in einer Branche oder einem Umfeld, in dem er oder sie bisher noch keine Erfahrung hat? Und dann solltest du darüber nachdenken, ob und wie du diese Erwartungen deines Freundes erfüllen kannst, und das auch in eure gemeinsame Arbeitsvereinbarung mit aufnehmen.
4. Achte auf deine Sprache
Es ist womöglich eine gute Idee, Arbeitsvereinbarungen und Verträge, die du für die Zusammenarbeit mit Freunden aufsetzt (oder aufsetzen lässt), ein bisschen informeller und persönlicher klingen zu lassen als die Vorlagen, die du sonst nutzt. Aus den „unterzeichnenden Parteien“ kann auch einfach „wir“ werden.
5. Möglichkeit zur unkomplizierten Trennung schaffen
Egal, wie überzeugt du von der Idee warst, einen Freund oder eine Freundin für eine Zusammenarbeit zu gewinnen: Es kann schiefgehen. Und wenn das passiert, dann ist es wichtig, dass eure Freundschaft dadurch keinen Schaden nimmt. Scott Robson empfiehlt in solchen Fällen, die Zusammenarbeit bei einem Abschlussgespräch nachträglich zum Experiment zu erklären, also: ,Wir haben es ausprobiert, ich bin froh, dass wir es probiert haben, ich glaube aber, dass wir bessere Freunde als Kollegen sind.’ So kommen beide Seite positiv aus der Sache raus und das Risiko ist gering, dass die Freundschaft Schaden nimmt.
Bild: WOCinTech Chat I flickr I CC BY 2.0
Mehr bei EDITION F
Was tun, wenn aus Kollegen plötzlich Chefs werden? Weiterlesen
5 Tipps wie man mit nervigen Kollegen umgeht. Weiterlesen
Wenn Stutenbissigkeit zu Mobbing wird. Weiterlesen