Foto: Michelle Leman | Pexels

Männliche Identität, Antirassismus, Mutterbilder: 17 Bücher, die du jetzt lesen solltest

Wir empfehlen euch Bücher zum Lesen am See, im Park oder in der Hängematte, damit ihr, egal ob ihr in den Urlaub fahrt oder nicht, auf eine mentale Reise gehen könnt: unsere Lieblingsbücher aus 2021.

Bücher können uns neue Perspektiven verschaffen. Sie können uns mit auf Reise in die Lebenswelt anderer Menschen nehmen. Wir stellen euch unter anderem Bücher vor, die euch in die Erlebniswelt einer deutsch-iranischen Auslandskorrespondentin eintauchen lassen, mit in die Gedankenwelt Schwarzer feministischer (Vor-)Kämpferinnen nehmen und euch eine Anleitung geben, eigenes rassistisches Gedankengut zu verlernen.

Bücher können uns dazu bringen, neue Positionen einzunehmen und eigene Standpunkte zu überdenken. So wie uns Bücher verändern können, verändert sich nach jedem Lesen auch das Buch für uns und kann uns so immer wieder aufs Neue mit auf Reisen nehmen.

„Das Buch wird anfangen, deine Erinnerungen zu sammeln. Du wirst es später nur aufschlagen müssen und schon wirst du wieder dort sein, wo du zuerst drin gelesen hast. Schon mit den ersten Wörtern wird alles zurückkommen: die Bilder, die Gerüche, das Eis, das du beim Lesen gegessen hast.“

Cornelia Funke in „Tintenherz“

Wir empfehlen euch Bücher, die in den vergangenen Monaten erschienen sind und seither ganz weit oben auf unseren Leselisten stehen oder bereits ihren Weg in unsere Bücherregale gefunden haben.

„Adas Raum“ von Sharon Dodua Otoo

In ihrem Debütroman erzählt die Autorin Sharon Dodua Otoo die Geschichte von Ada. Ada ist jedoch nicht nur eine Frau, sondern mehrere. Ada lebt in verschiedenen Zeiten, sie erlebt im späteren Ghana die Kolonialisierung durch die Portugiesen, hält sich als Mathematikerin im England des 19. Jahrhunderts auf, wird im Konzentrationslager Dora als Zwangsprostituierte festgehalten und sucht als schwarze Frau im heutigen Berlin eine Wohnung für sich und ihr Kind. Verbunden sind die Frauen durch ein Perlenarmband, das jeder von ihnen in den unterschiedlichsten Situationen begegnet. Nicht in zeitlicher Reihenfolge, sondern eng verzahnt und miteinander verwoben schildert Sharon Dodua Otoo in ihrer bildlichen Sprache, was es bedeutet in verschiedenen Zeiten, unter verschiedenen Bedingungen Frau zu sein – das Glück, das Leid, der Kampf, die Chancen. 

Foto: S.Fischer Verlag

„Why we matter“ von Emilia Roig

Wir alle laufen mit unserem Blick, geprägt durch unsere Ansichten und Erfahrungen, durch die Welt, sodass es nicht immer leichtfällt, die Realität unserer Mitmenschen anzuerkennen. Die Politologin und Aktivistin Emilia Roig plädiert dafür, dass wir unsere eigene Normalität verlassen und uns ganz bewusst der Realität anderer Gruppen annehmen. Aufschlussreich zeigt sie, wie sich Rassismus mit anderen Diskriminierungsformen überschneidet, sie dekonstruiert, was uns vermeintlich als „normal“ erscheint und benennt deutlich, inwieweit die angebliche „Norm“ historisch gewachsen ist. Emilia Roig, Tochter eines jüdisch-algerischen Vaters und einer aus Martinique stammenden Mutter, ergänzt die theoretischen Beschreibungen im Buch durch Schilderungen persönlicher Erfahrungen. 

Foto: Aufbau Verlage

„Das Land der weißen Männer – Eine Abrechnung mit Amerika“ von Ijeoma Oluo 

Ijeoma Oluo rechnet in ihrem zweiten Buch mit der amerikanischen Geschichte ab. Seit der Gründung der Vereinigten Staaten gründe sich diese auf dem Mythos der weißen Maskulinität. Eine Maskulinität, die sich stark und machtvoll gibt und gleichzeitig fragil ist, muss sie doch immer andere zu Schwächeren erklären, um sich selbst männlich und als Held zu fühlen. Aufgrund dieses Prinzips muss der weiße Mann bis heute auch nur das Mittelmaß erbringen, wenn beispielsweise Frauen und Schwarze sich verstärkt beweisen müssen. Ijeoma Oluo arbeitet die Konsequenzen dieser Norm heraus, auch für weiße Männer, und entwirft eine neue männliche Identität für eine Zukunft ohne Sexismus und Rassismus. 

Foto: Hoffmann und Campe Verlag

„Was Männer nie gefragt werden“ von Fränzi Kühne

Fränzi Kühne wurde 2017 Deutschlands jüngste Aufsichtsrätin eines börsennotierten Unternehmens, und sie ist Mitgründerin der ersten Social-Media-Agentur Deutschlands. Sie hat in ihrem Leben bereits sehr, sehr viele Interviews gegeben. Und das macht sie bis heute gern – weil sie davon überzeugt ist, etwas zu erzählen zu haben, weil sie gerne über das spricht, was sie beruflich macht, und über ihr großes Thema Digitalisierung kann man aus ihrer Sicht gar nicht genug sprechen. Was sie nicht mehr gerne macht: Fragen beantworten, die Männern nie gestellt werden. In ihrem neuen Buch geht sie im Gespräch mit prominenten und halbwegs prominenten Männern der Frage auf den Grund, wie notwendige Veränderungen angestoßen werden können, damit alle Personen mit nichtsexistischen Fragen in Interviews rechnen dürfen.

Foto: S. Fischer Verlag

It’s now: Leben, führen, arbeiten – Wir kennen die Regeln, jetzt ändern wir sie“ von Janina Kugel  

Janina Kugel gehörte fünf Jahre lang dem Vorstand der Siemens AG an und wurde so zu einem der bekanntesten Gesichter der deutschen Wirtschaft – ihre Herzensthemen sind Digitalisierung, vertrauensvolle Führung und vor allem: echte Diversität. In ihrem nun erschienenen Buch erzählt sie anhand persönlicher Erfahrungen von Umbrüchen und neuen Wegen und skizziert, wie sich unsere Arbeitswelt verändert – und welche Perspektiven dieser Wandel für unser Leben und unsere Gesellschaft eröffnet. Wir haben Janina Kugel kürzlich zum Interview getroffen. 

Foto: Penguin Random House Verlag

Klasse und Kampf“ herausgegeben von Maria Barankow und Christian Baron

Christian Baron erzählte in seinem 2020 erschienenen Debütroman „Ein Mann seiner Klasse“ von einer Herkunft aus der Unterschicht – seine eigene Geschichte. Nun hat er gemeinsam mit Maria Barankow einen Sammelband herausgegeben, in dem Autor*innen wie Kübra Gümüşay, die Bachmann-Preisträgern Sharon Dodua Otoo, Anke Stelling und Clemens Meyer in persönlichen Essays davon erzählen, wie es ist, in einem reichen Land in Armut aufzuwachsen. Sie erzählen von Scham, Privilegien, von Aufstieg – und dem Unwohlsein nach dem Aufstieg, wenn ihnen immer wieder klar wird, dass sie nicht wirklich dazugehören.

Foto: Ullstein Buchverlage

Botschaften an mich selbst“ von Emilie Pine

„Was einen bricht, macht einen aus – sofern man überlebt“, hat die irische Autorin Emilie Pine mal in einem Interview gesagt. Eindringlich und ohne irgendjemanden zu schonen, erzählt sie davon, was es bedeutet, im 21. Jahrhundert eine Frau zu sein – sie erzählt ihre eigene Geschichte: über Liebe, Geburt und Tod, sexualisierte Gewalt, die Verzweiflung und Scham angesichts eines unerfüllten Kinderwunsches, die Scham angesichts des eigenen Körpers, den zu akzeptieren angesichts eines enormen, gesellschaftlich oktroyierten Drucks unmöglich scheint – ein Buch, das seine Leser*innen mit großer Wucht mitnimmt in die Biografie seiner Autorin.

Foto: Penguin Random House Verlag

„Das Unwohlsein der modernen Mutter“ von Mareice Kaiser

Mütter sollen heute eigentlich so gut wie alles sein: finanziell unabhängig, psychisch stabil, liebevoll, sexy, flexibel und natürlich multitaskingfähig, um Job, Kinder und die sonstige Restfreizeit nebeneinanderher zu organisieren. Und wenn das nicht klappt, dann liegt die Schuld natürlich bei den Müttern selbst. Oder? Mareice Kaiser, Journalistin, Autorin und Chefredakteurin von EDITION F, kennt diese Gedanken und den Druck, all diesen Aufgaben gerecht zu werden, aus ihrem eigenen Leben. Und sie stellt klar: Das Problem sind die Strukturen unserer Gesellschaft, die immer noch auf eine klassische Rollenverteilung baut. Höchste Zeit also für ein neues Bild von Mutterschaft. 

Foto: Rowolth Verlag

„Dieses makellose Blau“ von Sarah Raich

Alltägliche Begebenheiten können auf den ersten Blick belanglos erscheinen. Auf den zweiten Blick wird jedoch deutlich, dass gerade in den vermeintlich kleinen Erzählungen die großen Geschichten erzählt werden können. Genau das hat auch die Autorin Sarah Raich erkannt. In ihrem Prosadebüt schreibt sie über eine Frau, die ihre Katze sucht, über zwei Freundinnen, die einen Tisch durch den Garten tragen, oder über eine Mutter, die ihr Baby durch den Wald schiebt. So vielfältig und facettenreich die einzelnen Ausschnitte aus dem Alltag auch sind, haben die Erzählungen eine Gemeinsamkeit: Die Protagonistinnen sind durchdachte, detailreich gezeichnete Frauenfiguren, die nicht weitermachen wollen wie bislang und einen Neuanfang wagen. 

Foto: mikrotext

„Zwischen den Welten“ von Natalie Amiri

„Ich möchte den Menschen im Iran eine Stimme geben“, so beschreibt Natalie Amiri ihre Arbeit. Die Journalistin und Fernsehmoderatorin ist in München in einer deutsch-iranischen Familie aufgewachsen und hat selbst mehr als sechs Jahre in Teheran gelebt und gearbeitet. Als eine der wenigen deutschen Journalist*innen verfügt sie über umfassendes Wissen über die iranische Politik und Geschichte. 2020 musste Natalie Amiri den Iran verlassen, da das Auswärtige Amt nicht mehr für ihre persönliche Sicherheit garantieren konnte. Über ihre Zeit im Iran erzählt sie nun in ihrem ersten Buch. Auf diese Weise nimmt sie die Leser*innen mit in den Iran,  macht erlebbar, wie sich politische Sanktionen auf das alltägliche Leben auswirken und stellt die iranische Bevölkerung in ihrer Vielfalt dar.

Foto: Aufbau Verlage

„Der weiße Fleck“ von Mohamed Amjahid

„Sei ein*e Ally, ein*e Verbündete*r, eine Süßkartoffel“, fordert der Autor und Journalist Mohamed Amjahid seine weißen Mitbürger*innen auf. Eine Süßkartoffel bedeutet in diesem Kontext „eine weiße Person, die sich ehrlich für Gleichberechtigung und Antirassismus einsetzt und ihre eigenen Privilegien reflektiert und überdenkt.“ In seinem zweiten Buch macht Amjahid sichtbar, was vielen weißen Menschen zunächst verborgen bleibt: Wie bestehen struktureller Rassismus, weiße Privilegien und die Andersmachung von verletzbaren Minderheiten in unserer Gesellschaft weiter fort? Wie kann man verinnerlichten Rassismus verlernen und sich aufrichtig für migrantische Minderheiten im eigenen Land starkmachen? Definitionen, Erklärungen und konkrete Tipps bündelt Mohamed Amjahid in seiner „Anleitung zum antirassistischen Denken“. 

Foto: Piper Verlag

„Bonjour Liberté. Francoise Sagan und der Aufbruch in die Freiheit“ von Julia Korbik

In Julia Korbiks Biografie erwacht die französische Schriftstellerin und über viele Jahre Frankreichs erfolgreichste Bestseller-Autorin Francoise Sagan neu zum Leben. Julia Korbik konnte bei ihrer Recherche für ihre zweite Biografie über eine französische Literaturikone auf zahlreiche Quellen, Bücher und Interviews zurückgreifen, die das entstandene Porträt Sagans noch nahbarer machen. Der Fokus liegt besonders auf den 1950er-Jahren, dem Jahrzehnt, in welchem Francoise Sagan von der Studienabbrecherin zum Literaturstar wurde. Neben dem Leben Francoise Sagans gelingt es Julia Korbik außerdem, ein Gefühl dafür zu vermitteln, was es bedeutete, als Frau während des Kalten Krieges und zwischen der ersten und zweiten Welle der Frauenbewegung zu leben. 

Foto: Carl Hanser Verlag

„Sister Outsider“ von Audre Lorde

Audre Lorde ist eine der revolutionärsten Denkerinnen des Schwarzen Feminismus. Schon 1984 wurde ihre Essay-Sammlung in den USA veröffentlicht. Nun liegt sie endlich auch in der deutschen Übersetzung vor. Obwohl die Erstveröffentlichung bereits über 35 Jahre zurückliegt, haben die Themen Audre Lordes an Aktualität nicht verloren. Als Feministin, als Schwarze Frau, die laut ihre Stimme erhebt, und als lesbische Mutter eines Sohnes, wusste Audre Lorde, wie es sich anfühlt, von der Mehrheitsgesellschaft stigmatisiert und diskriminiert zu werden. In all ihren Texten über Rassismus, das Patriarchat und Klasse schwingt stets ein Appell mit, aktuelle Missstände nicht als solche zu belassen, sondern aktiv zu werden. Dieser Appell richtet sich besonders an weiße Feministinnen, die daran erinnert werden, bei ihrem Kampf für Gleichberechtigung Lebensrealitäten Schwarzer Frauen immer mitzudenken. Denn nur so ist wahre solidarische Schwesternschaft möglich. 

Foto: Carl Hanser Verlag

„Radikale Zärtlichkeit“ von Şeyda Kurt

„Das Private ist politisch“ war bereits ein Grundsatz der zweiten Frauenbewegung, der bis heute seine Gültigkeit nicht verloren hat. Genauso sieht das auch Autorin und Journalistin Şeyda Kurt. Die Liebe und romantische Beziehungen im Allgemeinen gelten in unserer Gesellschaft oftmals als die Sphäre des Lebens, die unberührt ist von gesellschaftlichen Konventionen und strukturellen Wirkmächten. Şeyda Kurt wirft in ihrem Buch einen anderen Blick auf Liebesbeziehungen und zeigt so auf, warum die Art, wie wir lieben und wie wir Beziehungen führen, ein hochpolitischer Akte ist. Sie fragt sich: Wen und wie viele wollen wir lieben? Wie wollen wir in Beziehungen leben? Wie können Partner*innen mit -Ismen, die ihre Beziehungen beeinflussen, umgehen? Und wie könnte ein radikaler Entwurf von Liebe aussehen? Şeyda Kurt sucht ausgehend von ihren persönlichen Erfahrungen Antworten auf diese Fragen.

Foto: Verlagsgruppe Harper Collins

„The Hill We Climb“ von Amanda Gorman

Der Sturm auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 fällt genau in den Zeitraum, in welchem Amanda Gorman an ihrem Gedicht für Joe Bidens Amtseinführung arbeitet. Auf Grundlage dieser Bilder und ihrer Erfahrungen als junge, afroamerikanische Frau schreibt sie ein Gedicht, in welchem sie die USA als „unvollendete Nation“ beschreibt, aus der es endlich ein „Land für Menschen aller Art“ zu machen gelte. Vor der Übersetzung ins Deutsche kam es zu Diskussionen, wer das Gedicht übersetzen sollte, um die Perspektive einer Afroamerikanerin in ihrer Gänze darstellen zu können. Die Übersetzerin Uda Strätling, die Politikwissenschaftlerin Hadija Haruna-Oelker und die Autorin Kübra Gümüşay schaffen es, die Kraft von Amanda Gormans Worten ins Deutsche zu übertragen.

Foto: Hoffmann und Campe Verlag

„Ich denk, ich denk zu viel“ von Nina Kunz

Mit dem Titel ihres ersten Buch spricht die Kolumnistin Nina Kunz wahrscheinlich sehr vielen Menschen aus der Seele. Nina Kunz denkt über viele Sachen nach. Über die Angst vor dem Scheitern in der Arbeitswelt, über Selbstzweifel ausgelöst durch Social Media, ob sie sich ein Tattoo stechen lassen soll und wo all diese Gedankenschleifen eigentlich hinführen? In ihren Texten bleibt Nina Kunz jedoch nicht nur auf einer emotionalen Ebene, sondern holt sich unter anderem Unterstützung von Jean-Paul Sartre und Michel Foucault. Durch diese Features, wie sie es nennt, lernt Nina Kunz das Leben und die Welt besser zu verstehen.

Foto: Kein & Aber AG

„Die schlechteste Hausfrau der Welt“ von Jacinta Nandi

„Mit Hausarbeit kann man als Frau nie gewinnen. Macht man sie nicht, ist man eine Schlampe. Macht man sie doch, ist man eine dumme Schlampe, die sich ausbeuten lässt.“ Die Autorin, Bloggerin und Kolumnistin Jacinta Nandi bezeichnet sich selbst als die schlechteste Hausfrau der Welt und fragt sich, wie sie in diese Rolle der Hausfrau eigentlich hineingeraten ist. So viel hat sich anscheinend doch noch nicht verändert. Die Männer in Jacinta Nandis Leben, Sohn und Partner, scheinen zumindest nicht das Gefühl zu haben, dass eine gleichberechtigte Aufteilung der Hausarbeit eine sinnvolle und gute Idee sein könnte. Zwischen Arbeit, Küche und Kinderkotze reflektiert Jacinta Nandi über unbezahlte Care-Arbeit, traditionelle Rollenverteilungen, Armut und über den inneren Stress, den Cleanfluencerinnen bei ihr auslösen.

Foto: Edition Nautilus

Die Bücher sind natürlich auch bei lokalen Buchhändler*innen eures Vertrauens zu finden. Support your local Book-Dealer!

Anzeige