Wer im sozialen Sektor arbeitet, hat sich dafür entschieden, dass Gehalt nicht das Wichtigste ist. Dennoch sollte gerade in diesem Bereich eine faire Bezahlung selbstverständlich sein. Aber wie sieht die Realität aus?
Let´s talk numbers
Gutes tun und über Geld sprechen? Viel zu lang waren das meist unvereinbare Gegensätze. Die Online-Plattform für den sozialen Sektor „The Changer” will das ändern und hat deshalb nun schon zum zweiten Mal einen Gehaltsreport für den sozialen Bereich veröffentlicht. Rund 1.100 Personen haben an der Umfrage teilgenommen. Dabei kamen ein paar spannende Ergebnisse heraus: Das Durchschnittsjahresgehalt liegt in der Branche bei 37.616 Euro. Für Männer liegt er allerdings mit 41.782 Euro über 6.000 Euro höher als für Frauen (35.723 Euro). Außerdem arbeiten mit 15 bzw. 70 Prozent mehr Frauen im unteren und mittleren Gehaltssegment (unter 25.000 bzw. 25.000 bis 40.000 Euro), während 34 Prozent der Männer im oberen Bereich (über 40.000 Euro) arbeiten.
Frauen verdienen auch hier weniger
Selbst im sozialen Bereich, der sich ja unter anderem für mehr Chancengleichheit einsetzt, gibt es also noch deutliche Unterschiede in der Bezahlung und Position der Geschlechter. Warum ist das so? Eine Teilerklärung könnte sein, dass unter den Befragten die männlichen Personen im Schnitt eineinhalb Jahre mehr Berufserfahrung hatten.
Laut Naomi Ryland, Mitgründerin von The Changer, ist es immer schwer bei solchen Studien Kausalitäten zu interpretieren. Allerdings gäbe es einige Korrelationen.
„Mehr Frauen haben Erziehungswissenschaften studiert als Männer und diese Gruppe verdient am wenigsten. Im Gegensatz zu den Ingenieuren, die am meisten verdienen, bei denen aber Frauen unterrepräsentiert sind. Außerdem arbeiten verhältnismäßig deutlich mehr Frauen der Studie in den wenigen Senior-Stellen (z.B. Administration), dafür etwas mehr Männer auf C-Level oder darüber. Aber auch innerhalb dieser Gruppen, haben Frauen häufig weniger verdient als ihr männliche Kollegen. Es scheint also mit einem diversen Strauß an strukturellen Faktoren zusammenzuhängen, genauso wie in jeder anderen Branche.”
Es scheint folglich viele Ursachen zu geben, die den Gehaltsunterschied erklären können und die deutlich machen, dass auch im sozialen Sektor noch einiges getan werden muss, damit eine gleichberechtigte Gehaltsstruktur Realität wird.
Wer verdient am besten?
Neben dem Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern gibt es aber auch noch weitere Unterschiede: In Stiftungen verdient man mit im Durchschnitt 42.577 Euro am meisten, bei Wohlfahrtsverbänden mit 33.786 Euro am wenigsten. Am besten verdienen lässt es sich im sozialen Sektor im Bereich Energiewende. Dort liegt das Durchschnittsgehalt bei 46.000 Euro. In der Arbeit mit Geflüchteten verdient man mit durchschnittlich 34.615 Euro fast 12.000 Euro weniger und gar am wenigsten im Bereichsvergleich.
Insgesamt stehen Personaler und Buchhalter mit 42.000 bis 44.000 Euro am oberen Ende der Gehaltskette und Sozialarbeiter mit knapp über 33.000 Euro am unteren Ende. PRler zum Beispiel verdienen durchschnittlich 38.000 Euro.
Und wie sieht es mit Überstunden aus? 92 Prozent der Menschen, die im sozialen Sektor arbeiten, leisten Überstunden – aber nur 63 Prozent von ihnen erhalten dafür einen Ausgleich. Immerhin hier sind die Menschen, die für einen Wohlfahrtsverband arbeiten im Vorteil: 93 Prozent von ihnen erhalten von ihrem Arbeitgeber eine Kompensation.
Mehr Transparenz, mehr Fairness
Reich wird man im sozialen Sektor also nicht. Ist das der Preis, den man zahlt, wenn man die Welt verbessern will? Für im Durchschnitt 57 Prozent der Befragten (62 Prozent der Männer und 55 Prozent der Frauen) ist das okay. Sie waren zufrieden mit ihrem Gehalt. Die Hälfte der Befragten hat letztes Jahr eine Gehaltserhöhung erhalten. Zwei Drittel der Befragten erhalten eine Gehaltserhöhung auch wenn sie nicht danach fragen.
All diese Zahlen helfen dabei den sozialen Sektor transparenter zu machen und ermöglicht mit Mythen rund um den sozialen Sektor aufzuräumen und vor allem Ausbeutung in diesem Bereich zu verhindern. Denn nur, wer weiß, was angemessen ist, kann sich für eine faire Bezahlung einsetzen.
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