Sarah Desai, Autorin, im Porträt vor beigem Hintergrund. Sie trägt eine hellblaue Jeans und eine weiße Bluse.
Foto: Lilika Strezoska

Sarah Desai: „Selbstliebe ist eine Entscheidung“

„Du bist mehr als genug: Erkenne und nutze deinen Selbstwert“ ist der Titel des neuen Buches von Sarah Desai, das uns die Augen öffnet – vor allem für uns selbst. Ein Interview mit der Autorin.

Das Buch beginnt mit einem Märchen. Es zeigt in starken Bildern, dass wir uns manchmal viel zu sehr auf das konzentrieren, was fehlt.

„Ich glaube“, erklärt Sarah, „dass wir oft zu nah dran sind, um zu sehen, was alles schon da ist. Was wir alles bereits in unserem Leben haben, das wir uns vielleicht noch vor nicht allzu langer Zeit sehnlichst gewünscht haben, aber an dem wir jetzt einfach vorbeigehen. Oder was für Fähigkeiten und Talente wir besitzen, die uns selbst gar nicht mehr auffallen. Und genau da hilft ein Perspektivwechsel.“

Diesen Perspektivwechsel, eine intensive Auseinandersetzung mit unseren inneren Glaubenssätzen und eine Reise zu uns selbst – all das schafft das neue und wunderschön illustrierte Buch von Sarah Desai, die euch im Interview auch gleich ein paar Übungen mit an die Hand gibt, die ihr in den Alltag integrieren könnt, um euch selbst möglichst konstant nah zu sein.

Liebe Sarah, warum ist es so wichtig, dass wir uns selbst wirklich kennen(lernen)?

Sarah Desai: „Das Kennenlernen unseres Selbst ermöglicht uns, in unsere Selbstwirksamkeit zu kommen. Wenn ich meine Gedanken und Gefühle kenne und auch meine Konditionierungen und Muster, dann bin ich ihnen nicht hilflos ausgeliefert, sondern kann mit ihnen arbeiten. I am running the show! Ein Sichkennenlernen schafft also ganz viel Freiheit und ist der Nährboden für ein selbstbestimmtes Leben – auch oder gerade inmitten unseres vollen Alltags.“

Das Buch ist unterteilt in drei klare Bereiche: Selbstwert erkennen, Selbstliebe leben, Selbstvertrauen entwickeln. Bitte erzähle uns mehr über den Entstehungsprozess und die Konzeption des Buches.

„Alle Methoden in diesem Buch sind so gestaltet, dass die Leserinnen sie in ihrem Alltag anwenden können. Denn Wissen ist nur dann wirklich von Wert, wenn wir es (er)leben können. Und damit dies möglich wird, sollten wir es mit einer gewissen Stetigkeit in unseren Alltag integrieren. Manche der Methoden erfordern ein wenig Mut und Ausdauer, aber vertraut mir, es lohnt sich. Denn dort, wo wir nicht hinschauen wollen, sind oft die wertvollsten Einsichten verborgen.

Andere Übungen und Tools schenken uns wiederum sofort ein positives Lebensgefühl und Aha-Erlebnis, denn die Lösungen für unsere Probleme sind manchmal so herrlich naheliegend und einfach, dass wir es gar nicht glauben können. Manchmal reicht es schon, den Blickwinkel auf die Dinge ein wenig zu verändern. Die Leser*innen können das Buch chronologisch von vorne bis hinten durchlesen und den Weg sozusagen Schritt für Schritt gehen. Ich habe es aber auch so konzipiert, dass wir es an jeder beliebigen Stelle aufschlagen können, um die Methoden an die individuellen Bedürfnisse anzupassen, die unsere Lebenssituation gerade erfordert:

Selbstwert erkennen

Selbstwert erkennen: Das Fundament deines Selbstwertes ist der Wunsch, dich kennen und verstehen zu lernen, ohne dich anders haben zu wollen. Schenk dir selbst deine ungeteilte Aufmerksamkeit. Dafür musst du nichts weiter tun als deinen Blick nach innen zu richten und mit dem zu sein, was du dort findest. Mit deinen Gedanken, deinen Gefühlen, deinem Ganzen, deinem Verletzten, deinem Licht, deinen Schatten, deinen Stärken und deinen vermeintlichen Schwächen. Dir wird klar: Du bist richtig, genau so wie du bist.

Selbstliebe leben

Selbstliebe leben: Selbstliebe ist ein großes Wort, aber letztendlich ist sie nichts anderes als eine Entscheidung. Die Entscheidung, dir selbst fürsorglich, liebevoll und mit Respekt zu begegnen. Deine Grenzen zu achten und deine Bedürfnisse zu stillen. Diese Entscheidung ist keine einmalige, sondern eine, die wir jeden Tag, in jedem Moment aufs Neue treffen können.

Selbstvertrauen entwickeln

Selbstvertrauen entwickeln: Alles, was du brauchst, trägst du bereits in dir. Da ist eine unermessliche Kraft voller Ressourcen und Wissen, die du im Laufe deines Lebens entwickelt hast und die mit jeder neuen Erfahrung wächst und stärker wird. Wenn du deine Augen für diese Kraft öffnest, kannst du sie nutzen und in die Welt tragen. Du wirst dadurch nicht nur zur Schöpferin deines Lebens, sondern auch zu einem Leuchtturm, dessen Licht die Wunder anderer erhellt!“

Foto: Lilika Strezoska

Die Autorin Sarah Desai

Sarah Desai steht für moderne Spiritualität, achtsame Persönlichkeitsentfaltung und echte Lebenshilfe. Als ausgebildete Coachin für Meditation und Transformation hält sie landesweit Vorträge, gibt Online-Seminare und Live-Meditationen.

Ihr Podcast „The Mindful Sessions“ erreicht monatlich ca. 200.000 Hörer*innen und zählt zu den erfolgreichsten Podcasts in der Kategorie spirituelle und persönliche Entwicklung im deutschsprachigen Raum. Sarah hilft Menschen dabei, ihre negativen Glaubenssätze zu erkennen und aufzulösen ­– damit sie einen achtsamen Umgang mit sich selbst finden und ein glücklicheres Leben führen können.

Ein wichtiger Teil des Sich-selber-Kennenlernens ist die Frage: „Was hältst du eigentlich von dir?“ Warum erzeugt diese Fragen bei vielen im ersten Moment Angst? 

„Weil uns dann bewusst wird, wie oft wir negativ über uns denken. Denn mal ehrlich, hattest du heute überwiegend wertschätzende Gedanken wie ,Na klar schaff ich das‘, ,Ich bin schön‘, ,Die Menschen lieben mich‘ oder doch eher kritische Gedanken wie ,Ich kann nichts wirklich gut‘, ,Ich bin nicht besonders‘ oder ,Was wohl die anderen über mich denken?‘. Wahrscheinlich Letzteres, oder? All diese Gedanken lassen dich in der Folge auf eine bestimmte Art fühlen, zum Beispiel verunsichert und entmutigt. Du fühlst also, was du denkst, weil du deinen Gedanken glaubst, und so werden sie schließlich zu deiner Wirklichkeit.“

Welche Übung, welches Mantra aus dem Buch praktizierst du oft selbst in deinem Alltag, um in Verbindung und Selbstliebe mit dir zu sein?

„Selbstliebe ist nicht nur ein Gefühl, sie ist eine Entscheidung – die bewusste Entscheidung für dich selbst. Sehr oft treffen wir aber unbewusst die entgegengesetzte Entscheidung. Wir nehmen etwas an uns wahr, um es augenblicklich abzulehnen. Das kann ein optisches Merkmal beim Blick in den Spiegel sein, eine unserer Eigenschaften, die wir als schlecht bewerten, etwas, das wir getan haben, mit dem wir unzufrieden sind, ein Gedanke, den wir so nicht haben wollen, oder ein Gefühl, das wir wegdrücken.

„Je öfter du liebevolle Gedanken dir selbst gegenüber kultivierst, desto einfacher erhält dein Geist Zugriff auf diese.“

Nimm dir einen Moment Zeit und reflektiere, wie oft du dich heute schon selbst abgelehnt hast. Sei dabei ganz ehrlich zu dir. Erstaunlich, wie ablehnend wir oft mit uns selbst umgehen und es gar nicht mitbekommen, oder? Es passiert ganz automatisch, denn unser Geist wiederholt Gelerntes und Erprobtes. Je länger wir also bereits ablehnende Gedanken uns selbst gegenüber hegen, desto einfacher hat der Geist Zugriff auf sie.

Was in die eine Richtung funktioniert, funktioniert zum Glück aber auch in die andere. Je öfter du liebevolle Gedanken dir selbst gegenüber kultivierst, desto einfacher erhält dein Geist Zugriff auf diese. Wie alle Dinge im Leben, die wir beginnen zu tun, müssen wir eben auch den liebevollen Umgang mit uns selbst immer wieder üben. Mit der Zeit wird er dann so natürlich, dass er ganz von allein passiert. Auf dem Weg dorthin hilft uns vor allem das Praktizieren von Achtsamkeit, also das Gewahrwerden unserer ablehnenden Gedanken, um uns dann bewusst für liebevolle Gedanken zu entscheiden.

Übung – so funktioniert’s:
Sei achtsam. | Entwickle eine Aufmerksamkeit für die Momente, in denen du dich ablehnst, dir sagst, etwas an dir sei nicht liebenswert. Ob nun beim Blick in den Spiegel, beim Blick auf deine Vergangenheit, beim Blick auf dein Verhalten oder auf deine Gedanken.

Halte für einen Moment die Welt an, weil du es dir wert bist. | In den Momenten, in denen du merkst, dass du dich ablehnst, tu eines: Drücke die Stopptaste. Geh nicht einfach zur Tagesordnung über, sondern nimm dir ein paar bewusste Minuten, um zu reflektieren, was da gerade passiert.

Triff die Entscheidung, dich zu lieben. | Jetzt triff die bewusste Entscheidung, dich zu lieben. Genau dann, wenn du dich selbst nicht magst. Wenn du dich nicht so haben willst, wie du bist. Steh zu dir. Sag dir: Ich liebe mich. Gerade jetzt in diesem Moment, in dem ich mich nicht mag. Gerade jetzt in diesem Moment, in dem ich mich über mich selbst ärgere, weil es mir schwerfällt, mich zu lieben. Ich entscheide mich dafür, auch das an mir zu lieben.

Im dritten Teil geht es um das Selbstvertrauen. Wie schaffen wir es, aus diesem ständigen Vergleichen herauszukommen? 

„Menschen mit einem gesunden Selbstwert sind der Überzeugung, dass sie gut sind und Gutes verdient haben und zwar so wie sie sind. Das bedeutet, dass wir aufhören, einem falschen Idealbild hinterherzurennen und anfangen, uns schätzen zu lernen mit all dem, was eben zu uns gehört.

Meiner Meinung nach hilft auch es immer, offen miteinander über unsere Selbstzweifel und vermeintlichen Schwächen zu sprechen. Denn dann merken wir, dass wir mit ihnen nicht alleine sind, dass es allen so geht – und so verlieren sie ihre Macht.“

Und wie ist es möglich, Fehler als wichtige Erfahrungen zu sehen, also als etwas, das für uns spricht und nicht gegen uns? 

„Wir alle machen Fehler. Das ist vollkommen okay. Fehler sind die Erinnerung an unsere Unperfektheit. Sie wollen uns wachsen und lernen lassen. Das Entscheidende beim Fehlermachen ist, dass wir lernen und es beim nächsten Mal besser machen wollen. Oder anders gesagt, dass wir einen konstruktiven und proaktiven Umgang mit Fehlern finden, um uns daraus weiterzuentwickeln.“

Die folgende Übung kann uns dabei unterstützen:

Schreibe deinen Fehler auf!
Was bereust du? Was hast du falsch gemacht? Was hättest du gerne anders gemacht?
Vielleicht hast du vor deinen Kindern gestritten?
Warst ungerecht?
Hast jemanden durch unachtsame Worte gekränkt?
Oder dir ist ein Fehler auf der Arbeit unterlaufen, der auch andere in Mitleidenschaft zieht?

Schreibe einen Erklärungsansatz auf!
Achtung, Erklärungen sind keine Ausreden, sondern eine Ursachenforschung. Denn der Fehler ist meist nur ein Symptom. Sobald du die Ursache benennen kannst, kannst du verhindern, dass der Fehler dir noch einmal passiert. Erklärungsansätze können sein:
Da wir keine Zeit zu zweit haben,kommt es immer häufiger dazu, dass wir Konflikte vor den Kindern austragen.
Ich war vollkommen überarbeitet, und deshalb bin ich explodiert, als ich zu Hause durch die Tür gekommen bin undgesehen habe, wie unordentlich es ist.
In der Diskussion wurde eine alte Verletzung getriggert, deshalb habe ich wie blind gewütet.
Ich habe mich in dem Gespräch verbal unterlegen gefühlt, deshalb bin ich in den Angriff gegangen.
Ich hatte keine Ahnung, dass meine Wortwahl für mein Gegenüber verletzend ist.
Ich hatte zu viele verschiedene Aufgaben auf meinem Schreibtisch, sodass es mir schwerviel, mich zu fokussieren.

Überlege dir für jeden Erklärungsansatz, was du tun könntest, um den Fehler nicht noch einmal zu machen.
Wir werden uns einen Abend in der Woche Zeit zu zweit nehmen, ohne irgendwelche Pflichten zu erledigen, sondern um uns auszutauschen.
Ich werde ein Projekt auf der Arbeit abgeben, damit ich keine Überstunden mehr machen muss.
Ich werde mir Hilfe suchen, um traumatische Lebensereignisse aufzuarbeiten.
Ich werde mir in Gesprächen mehr Raum schaffen, damit ich die Zeit habe, die richtigen Worte zu finden.
Ich werde mich informieren, welcher Sprachgebrauch aus welchem Grund für andere verletzend ist, und entsprechend anders kommunizieren.

An einer Stelle im dritten Teil heißt es: Hab Vertrauen in das nächste Kapitel, denn du bist die Autorin des Buches. Tatsächlich hatte ich den Gedanken, dass es dieses Buch nur ein einziges Mal gibt, weil es meine Geschichte spiegelt. Und zugleich war es ein Zwiegespräch mit dir – Sarah. Ging es dir beim Schreiben und Konzipieren des Buches auch so, dass du das Gefühl hattest, mit der*dem Lesenden in Kontakt zu treten? 

„Ich freue mich sehr, dass du das sagst, denn mein Wunsch beim Schreiben war es tatsächlich, dass dieses Buch jede*n von uns in ihrem*seinen ganz individuellen Sein unterstützt. Denn du, ich, wir alle sind ein Wunder. Ein perfektes Kunstwerk des Universums. Ein Meer, ein Tal, ein Wasserfall, eine bunte Wiese. Vielleicht alles zugleich. Vielleicht temporär bedeckt von Schnee oder zerzaust von heftigem Wind. Doch nie weniger als ein Wunder. Einzigartig, wahr und jede Freude verdienend. Das bist du. Fühle es. Atme es. Sei es. Und dann entfaltet sich eine wunderschöne Wahrheit: Du bist, warst und wirst es immer sein: mehr als genug.“

Ich liebe die Illustrationen in deinem Buch.

„Sie sind von der Graphikerin und Illustratorin Sarah Raidt. Wir arbeiten bereits seit einigen Jahren zusammen und es war meine Bedingung für die Verlagsverhandlungen, dass ich gemeinsam mit Sarah das Buch gestalten darf.

Auch für die Fotos habe ich Frauen, mit denen ich bereits viele Jahre zusammenarbeite, ins Boot geholt. Quasi meinen safe space an unfassbar talentierten Frauen. Die Fotos stammen von Lilika Strezoska und Hair & Make-up von Rim Zemuye. Ich bin unendlich dankbar, mit Hilfe dieser tollen Frauen, die zugleich jahrelange Wegbleiterinnen und Freundinnen sind, dieses Buch umgesetzt zu haben.“

In der Danksagung schreibst du von deiner Vision, der mit diesem Buch Leben eingehaucht wurde. Kannst du für uns diese Vision noch einmal zusammenfassen? 

„Dieses Buch möchte für dich da sein, inmitten deines Alltags, beim frühen Aufstehen, bei Terminen, Rechnungen und Fristen, langen Einkaufslisten, großen Ambitionen, Enttäuschungen, oder mitten im Glück. Wenn du dich zu klein, zu wenig oder leer fühlst, wenn du stolperst oder kämpfst, dann wünsche ich mir, dass du dieses Buch als eine sanfte Erinnerung an dein wahres Selbst nutzen kannst. Denn alles, was wir suchen, finden wir zu jeder Zeit und an jedem Ort, wenn wir genau hinschauen: hinter unserem ,Nicht genug‘. Und weit darüber hinaus.“

Vielen Dank, liebe Sarah, für deine Zeit – und dieses Buch.

„Du bist mehr als genug: Erkenne und nutze deinen Selbstwert“

Den neuen Titel von Sarah Desai „Du bist mehr als genug“ erhaltet ihr ab dem 2. Mai 2022 in der Buchhandlung eures Vertrauens. Nicht vergessen: Support your local Bookdealer!

Instagram-Live mit Sarah Desai bei EDITION F

Ihr wollt mehr über das Buch und die Autorin wissen? Oder ihr habt jetzt ganz viele Fragen?

Am Abend des 9. Mai 2022 (19 Uhr) wird es ein Insta-Live mit der Autorin geben – moderiert von unserer CEO Lana Wittig. Seid dabei!

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