Wer seinen Beruf liebt, muss nie mehr arbeiten. Klingt gut! Genau so ist das bei Federica Fele, die nach einer Reise ihren Job als Gesundheits- und Krankenpflegerin an den Nagel hängte und heute Köchin und Unternehmerin ist. Wie es dazu kam, hat sie für uns aufgeschrieben.
Wie ich meine Leidenschaft zu meinem neuen Beruf machte
„Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag in deinem Leben mehr zu arbeiten“ (Konfuzius) – klingt gut, oder? Und genau deshalb habe ich mir diesen Spruch an den Spiegel gehängt und jeden morgen beim Zähneputzen als Motivation für den Tag gelesen.
Und das Mantra ist sicherlich auch ein Grund dafür, dass ich nun meinen Job als Gesundheits- und Krankenpflegerin gekündigt und meine Leidenschaft zum Beruf gemacht habe.
In der Pflege fühlte ich mich nie wirklich zuhause
„Wow, ich habe echt Respekt vor deinem Beruf! Also ich könnte das nicht“…Ich wusste nie, was ich auf diesen Satz antworten sollte. Und in den letzten Monaten dachte auch ich mir immer öfter: „Ja, ich kann es auch nicht mehr!“ Ich fühlte mich in der Krankenpflege nie wirklich angekommen. Was nicht bedeutet, dass ich den Beruf nicht gerne ausgeübt habe. Während meiner Ausbildung habe ich die verschiedensten Stationen kennengelernt und hatte dabei nie Anpassungsschwierigkeiten. Ich war schnell, vorausschauend, behielt in stressigen Situationen den Überblick, war mit viel Humor, Verständnis und Zuwendung nah bei meinen Patienten.
Nach der Arbeit aber war ich sehr oft ausgelaugt, müde und wollte mich einfach nur noch berieseln lassen. Nach einer zwölf-Tage-Woche fühlte ich mich ausgebrannt und es gab privat nichts, woraus ich Kraft schöpfen konnte. Ich flüchtete mich mit meiner seelenverwandten Mit-Azubine in wilde Schwestern-Wohnheimpartys, wir machten, was uns gut tat und wollten das Leben spüren, nachdem wir die Woche über so viel für die Patienten gegeben hatten.
Ich passte nicht in die gebotene Schublade
Im letzten Semester fingen die anderen Mitschüler an, sich für einen Fachbereich zu entscheiden. Die Beobachter entschieden sich für die Innere Medizin, die „blutdurstigen“ für die Chirurgie, die richtigen „Cracks“ durften die nötigen zwei Jahre Berufserfahrung überspringen und auf die Intensivstation.
Ich entschied mich für die akute Psychiatrie, nachdem mir die Pflegedienstleitung in einem sehr persönlichen Gespräch mitteilte, dass ich in keine der drei vorher genannten Schubladen passte.
Keine gute Voraussetzung, für ein Examen zu lernen, wenn man ahnt, dass dieser Beruf einen nicht glücklich machen wird. Mein Kräfte loderten auf Sparflamme und bevor ich meinen neuen Job antrat, reiste ich für zwei Monate nach Thailand.
Wie ich auf einer Reise herausfand, was ich wirklich will
Zwei Wochen arbeitete ich in einem Kinderhilfsprojekt. Die Kinder dort hatten schwere Schicksalsschläge hinter sich und dennoch strahlten ihre Augen vor Glück und Dankbarkeit.
Gejammert oder in Selbstmitleid versank dort keines der 30 Kinder und Jugendlichen – und meine eigenen Probleme schienen plötzlich so klein.
Die Leichtigkeit Thailands tat mir gut und die Kultur und das Essen weckten meine lange eingeschlafene Leidenschaft wieder: das Kochen! Ich besuchte einige Kochkurse und verbrachte viel Zeit auf Märkten. Irgendwie ergab diese Reise einen Sinn, ich fand zu mir und dadurch zu einem alten Hobby, welches mein Leben verändern sollte.
Back to the roots
Auch wurde mir immer wichtiger, woher ich kam und wo meine Wurzeln lagen. Denn bis ich sechs Jahre alt war, lebte ich mit meiner Familie in Italien auf dem Land. Gutes Essen war daher in unserer Familie schon immer wichtig, was auch dazu führte, dass der Michelin Guide im Familienurlaub ein steter Begleiter war.
Nach meiner Thailandreise schrieb ich meinen eigenen Foodblog und investierte viel Zeit in mein Hobby, was nicht unentdeckt blieb. Ich reduzierte immer mehr meinen Job in der Psychiatrie und führte schon fast ein Doppelleben zwischen hartem Alltag in der Pflege und Einladungen zu Gourmet-Veranstaltungen.
Ich lernte kreative, junge Quereinsteiger in der Gastronomie kennen, und kam so zu meinem neuen Beruf. Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort und habe nicht aufgegeben, das zu tun, was mich erfüllt und glücklich macht.
Heute kann ich meine Leidenschaft in verschiedenen Projekten ausleben. Ich arbeite Teilzeit als Köchin in einem kleinen Café/Restaurant, konzipiere Rezepte für die Gastronomie, Magazine und Kochbücher.
Seit diesem Jahr veranstalte ich unter meinem kleinen Catering „ Fine Food Events” zu jeder Jahreszeit ein „Pop Up Dinner“, in außergewöhnlichen und schönen Locations. Dafür schlägt mein Herz am meisten – Gastgeberin sein und mit viel liebe zum Detail, meinen Gästen einen unvergesslichen Tag bereiten.
Für den Moment bin ich angekommen, was ich auch meinem Mann zu verdanken habe, der mir genug Freiraum lässt, um mich zu verändern und neu zu erfinden.
Stillstand gibt es jedoch keinen – mein Konfuzius-Spruch am Spiegel wurde als „erledigt“ ausgetauscht und im Februar 2016 werde ich Berufsbegleitend „Food&Beverage” Management studieren…
Federica Fele fühlt sich berurflich nun endlich angekommen. Foto: Roberta Fele.
Der Artikel ist zuerst im Lebenslang Magazin erschienen. Wir freuen uns, dass wir ihn auch hier veröffentlichen dürfen.
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