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Verheiratet top, Single sein flop? Von Singlism und Matrimania

Nicht erst seit Beyoncé allen Single-Ladys einen Ring an den viel zu nackten Ringfinger wünscht, könnte man denken: Das Single-Dasein ist etwas, das überwunden werden muss. Wissenschaftlerin Bella DePaulo hat genau das unter die Lupe genommen und die Begriffe „Singlism“ und „Matrimania“ geprägt.

 

Single sein hat einen miesen Ruf

Hätte das Konzept „Beziehung und Hochzeit“ eine PR-Managerin,
ich würde sie sofort auf eine doppelte Cola mit Zitrone einladen, um ihr ihre
Geheimnisse zu entlocken. Denn keine Frage – die Frau hätte es drauf. Sie hätte
nicht nur Beyoncé als Testimonial gewonnen, die in „Single Ladies“ allen Herren
da draußen rät, sich nicht so zu zieren und ihren Ladies einen Ring anzustecken,
sie hätte es auch geschafft, dass verpartnerte Menschen auf dem Siegertreppchen
des Lebens irgendwie immer eine kleine Stufe über den Single-Ladys und -Boys
zu stehen scheinen. Oder ist das alles nur Einbildung?

Mehr Party für Paare

In der Sex and the City-Folge „Das Recht auf Schuhe“ ist
Carrie Bradshaw jedenfalls überzeugt: Hier herrscht eine gewaltige Schieflage. Wir beglückwünschen Paare zu Jahrestagen, zur Rosen-, Kristall- und Silberhochzeit.
Wir gratulieren frisch gebackenen Paaren auf Facebook mit einem nach oben
gestreckten Daumen zu ihrem neuen Beziehungsstatus. Wir feiern Valentinstag und
denken in #relationshipgoals. Es werden Verlobungspartys geschmissen und
Hochzeiten inszeniert, die wir uns einiges an Geld, Zeit und Nerven kosten
lassen. Und auch die Gäste, die das Glück beklatschen, lassen ein bisschen was
springen: Es liegen Wunschlisten aus und wenn die letzten 5-Euro-Scheine zu
origamiähnlichen Geldgeschenken gefaltet wurden, wird auch schon an der
Windeltorte gebacken – denn das nächste Beziehungsevent steht ins Haus: Die
Babyparty.

Carrie löst das Problem, indem sie eine eigene Geschenkeliste
hinterlegt. Der Anlass: Sie heiratet kurzerhand sich selbst. Und auch wenn
Carrie Bradshaw alltagsferne Fiktion ist und nur Ausnahme-Kolumnistinnen Schränke
voller 1.000-Euro-Stilettos besitzen – hier muss ich ihr Recht geben: Die
Meilensteine zu zweit scheinen durchschnittlich mit etwas mehr Opulenz bedacht
zu werden, als die, die jeden einzelnen betreffen: Geburtstag, Beförderung,
einen lang gehegten Wunsch endlich umgesetzt? Hier wird bescheidener gefeiert. Standardmäßig
nicht gefeiert werden die Lebensereignisse, die dem Endziel Heirat sogar im
Wege stehen: Trennung von jemandem, der nicht zu uns gepasst hat? Das Ende einer
zähen Scheidung? Oder das dreijährige glückliche Single-Jubiläum? Selten war
weniger Konfetti.

Singlism – Die
Diskriminierung von Singles

Die Wissenschaftlerin Bella DePaulo bezeichnet sich selbst
als „Single at heart“ und hat für sich erkannt, dass die Rolle als Ehefrau
nicht dem Lebensmodell entspricht, das sie erfüllt. Sie beobachtete eine
Stigmatisierung von Singles, widmete sich fast 20 Jahre lang der Erforschung
des Single-Lebens und prägte in dieser Zeit zwei sich gegenüberstehende,
zentrale Begriffe: „Singlism“ und „Matrimania“. Während Singlism für die
Stereotypisierung, Stigmatisierung und Diskriminierung von Singles steht,
bezeichnet Matrimania das extreme Feiern und Hypen von Partnerschaft und
Heirat. Doch was hat DePaulo konkret herausgefunden?

Singles erfahren zum Beispiel Diskriminierung am
Arbeitsplatz. Bedeutet: Dem Privatleben von Singles wird oft weniger Wert
beigemessen. Wenn keine Partner oder Kinder im Spiel sind, wird auch eher mal
eine Überstunde erwartet. Auch bei der Urlaubsplanung wird Menschen in
Partnerschaften eher Vortritt gelassen. Dazu kommen finanzielle Vorteile:
Verheiratete Männer verdienen – jedenfalls in den USA – knapp 26 Prozent mehr
als Single-Männer. Darüber hinaus ist das Ansehen von Singles grundsätzlich
schlechter: Sie werden unter anderem als sozial unreifer und egozentrischer
eingeschätzt. Auch wenn DePaulos Erkenntnisse auf US-Daten basieren, so weit
weg fühlen sich die Staaten – zumindest mit meinem subjektiven Erfahrungsschatz
– dann doch nicht an.  

DePaulo betont außerdem, dass die Diskriminierung von Singles
in der Regel nicht als solche wahrgenommen wird. Die Degradierung eines
Single-Lebens gegenüber der Wertschätzung von Heirat – die sich inzwischen
sogar den Beinamen „Institution“ zugelegt hat – ist zudem fernab unserer
kulturellen Realität: Schließlich verbringen die meisten Menschen den Großteil
ihres Erwachsenenlebens unverheiratet.

Und die Moral von
der Geschicht

Besser oder schlechter gibt es nicht. Das Leben in Ehe und
das Leben als Single können gleichwertig erfüllende Lebensmodelle sein. Und
auch wenn ich Beyoncé ungern widerspreche, DePaulo trifft es auf den Punkt: „There
is no shortcut to happiness“ – Auch wenn dieser mit einem lupenreinen Princess-Diamanten
besetzt ist.

Auf TED.com und auf Bella DePaulos
Homepage gibt’s mehr zu den Forschungsergebnissen und DePaulos Arbeit.

Dieser Artikel ist zuerst auf Kokon Magazin erschienen. Wir freuen uns, dass wir ihn auch hier veröffentlichen können.

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