Barbara wollte sicher verhüten, doch die Methode, die sie wählte, ließ ihre Eileiter vernarben. Nach drei Eileiterschwangerschaften wurde sie doch noch schwanger.
Alles fing mit meinem ersten Besuch beim Frauenarzt an. Völlig unbedarft ließ ich mir, noch sehr jung, die Pille verschreiben. Immerhin könnte ich so nicht ungewollt schwanger werden, fand der Gynäkologe. Ich nahm hin, dass ein fremder Mann über meine sexuelle Gesundheit entschied. Ich nahm in Kauf, dass ein unbekannter Mann mir nahelegte, wann ich zum ersten Mal Sex haben könnte. Er befand, ich durfte Geschlechtsverkehr haben, sollte aber bitte nicht schwanger werden. Eigentlich hätte ich diesen Arzt fragen sollen, welchem jungen Mann eine Ärztin oder ein Arzt Hormone verschrieb, nur damit sich andere Frauen mit ihm ungehindert vergnügen können?
Das war Ende der Neunziger. Über Kondome sprach der Arzt nicht mit mir. Aids war kein Thema. Die Hormonpille vertrug ich schlecht. Als ich sie ein paar Jahre später absetzte, war es sehr schwer, überhaupt zu einem natürlichen Zyklus zurückzufinden. Wie durch eine schlechte Prophezeiung wurde ich bei meiner nächsten Beziehung noch im Studium ungeplant schwanger. Ziemlich bald war ich dann alleinerziehend. Damit mir dies nicht nochmal passierte, riet mir ein anderer Gynäkologe zur Kupferspirale. Eine unkomplizierte Verhütungsmethode, fand er, jetzt, wo ich schon einmal entbunden hatte. Nur die Zeit, mir zu raten, vorm Einsetzen der Spirale auf die Toilette zu gehen, nahm sich der Frauenarzt nicht und so reagierte meine Gebärmutter mit starken Krämpfen. So stark, dass ich beim Verlassen seiner Praxis zusammenbrach. „Sie hätten halt vorher mal Pippi machen sollen“, erklärte der Arzt und tätschelte mir die Hand. Ich durfte mich in seinem Wartezimmer erholen, aber mehr Zeit konnte sich so ein beschäftigter Arzt für eine Patientin nun wirklich nicht nehmen. Als die Krämpfe vorbei waren und ich nach Hause ging, dachte ich, jetzt wäre die Sache geregelt. Damals konnte ich nicht wissen, dass jetzt erst alles so richtig anfangen und immer schlimmer werden sollte. Denn die Spirale ist nicht so ein unkompliziertes Verhütungsmittel, wie gerne geglaubt wird.
Die Spirale zerstörte meine Eileiter
Die Kupferspirale kann zu Infektionen führen, wie sie bei mir über die Krämpfe ausgelöst wurden. Wenn diese bakteriellen Infektionen nicht behandelt werden, können sie die Eileiter zerstören. Bei mir ist das passiert.
Einige Jahre wollte ich mit meinem neuen Partner Kinder. Ich liess die Spirale rausnehmen, aber schwanger wurde ich nicht. Sehr bald hatte ich dann meine erste Eileiterschwangerschaft. Der Fötus wuchs im Eileiter, nicht in der Gebärmutter. Meine Eileiterschwangerschaft wurde vom Arzt erst falsch eingeschätzt. „Legen Sie sich hin und halten Sie Ruhe, dann bleibt die Schwangerschaft vielleicht“, riet mir mein damaliger Frauenarzt. Wenn ich auf ihn gehört hätte, wäre ich heute vielleicht nicht mehr am Leben, denn diese Komplikation in der Frühschwangerschaft ist lebensgefährlich.
Mein Körper hatte versagt. Ich wünschte mir ein Kind, mein Körper aber ließ den Fötus in meinem Inneren brutal sterben. Denn so schrecklich ist die
Wirklichkeit: Solange das werdende Kind bei einer Eileiterschwangerschaft
wächst, gefährdet es das Leben der Mutter. Die Frage nach dem Warum schnürte mir lange die Kehle zu. Die Ärzte reagierten relativ unbeteiligt. „So etwas passiert halt“, hieß es und „versuchen sie es wieder“, wurde mir auch geraten. Denn meist ist eine Eileiterschwangerschaft einfach ein Unfall, eine üble Laune der Natur. Die Frucht hat sich einfach am falschen Platz eingenistet. Für aber mich folgte eine zweite Eileiterschwangerschaft, bei der die Frucht von allein abstarb, bevor es zu einem Eingriff kam. Die Kinderwunschzeit verwandelte sich schnell in einen Psychoterror. Einerseits wünschte ich mir ein Kind, andererseits bekam ich Panik, sobald meine Tage ausblieben.
Diagnose: unfruchtbar
Dann war ich wieder schwanger. Aber ziemlich schnell wurde klar, auch diesmal war die Schwangerschaft nicht am richtigen Platz. Die Entwicklung des Schwangerschaftshormons HCG wurde alle in regelmäßigen Abständen per Bluttest überprüft und weil schnell klar war, dass es sich wieder um eine Eileitereinnistung handelte, wurde ich medikamentös behandelt. Eine Spritze tötete den Fötus ab und ließ mich wieder kinderlos zurück.
Meine Eileiter blieben zwar, aber leiteten kein Ei mehr weiter. Ihre feinen Härchen waren durch die alte Infektion verklebt, so dass sie die befruchtete Eizelle nicht mehr in die Gebärmutter transportieren konnten.
„Das nächste Mal nehmen wir ihnen die Eileiter raus“, wurde mir in der Klinik gedroht. Was nun folgte, war schrecklich. Mein Körper würde nicht mehr funktionieren. Auf natürliche Weise konnte ich keine Kinder mehr bekommen.
Ich stand an einem Abgrund. Der hieß Unfruchtbarkeit.
Ist künstliche Befruchtung der richtige Weg für mich?
Ich hatte ledliglich eine ungewollte Schwangerschaft verhüten wollen, aber meine eigene Unfruchtbarkeit provoziert. Mir wurde die künstliche Befruchtung empfohlen. Am Anfang wollte ich das nicht. Aber der Wunsch nach einem zweiten Kind war umso stärker geworden, je mehr Schwangerschaften ich verloren hatte. Statt einer natürlichen Schwangerschaft, sollte ich also den Weg der In-Vitro-Fertilisation gehen. Eine schwere Entscheidung. Die Eintrittskarte in die Kinderwunschklinik hieß Unfruchtbarkeit.
Leichter wurde die Entscheidung, als ich mir klar machte, dass dies wirklich der für mich einzige Weg war, noch ein Kind zu bekommen. Die befruchtete Eizelle gelangte auf natürlichem Wege nicht mehr in die Gebärmutter, also musste sie künstlich an den richtigen Platz gebracht werden!
Ich versuchte mich gut auf diesen Eingriff vorzubereiten, indem ich möglichst viel Erfahrungsberichte las, die ich mir im Buchhandel besorgt hatte und nur wenig im Internet dazu surfte. Wenn mir Freundinnen erzählten, sie würden diese oder jene Person kennen, die erfolgreich den Weg der künstlichen Befruchtung gegangen waren, versuchte ich persönlich mit den Frauen zu sprechen, um Mut zubekommen. Meine damals größte Angst war, dass der Embryo sich wieder im Eileiter einnisten könnte, was auch bei einer künstlichen Befruchtung vorkommen kann. Und so war ich unglaublich erleichtert, als mir der Arzt beim ersten Ultraschall mitteilte, das Kind befände sich zwar am richtigen Platz, nur sei es nicht ein Embryo, der sich eingenistet hatte, sondern zwei! Zwillingsgeburten sind eine Nebenwirkung der künstlichen Befruchtung, da mehrere befruchtete Eizellen in die Gebärmutter gesetzt werden, um die Chancen einer Schwangerschaft zu erhöhen.
Die Schwangerschaft war eine Befreiung
Trotzdem blieb die Angst mein ständiger Begleiter. Obwohl die Schwangerschaft problemlos verlief, war da immer die Panik, dass es auch diesmal nicht klappen konnte. Während ich bei meiner ersten Schwangerschaft mir nicht mal über Ernährung Gedanken gemacht hatte, traute ich mich diesmal kaum Salat zu essen, aus Angst vor Listeriose.
Doch ich war entschlossen, den Kinderwunsch durchzuziehen, bis zum Schluss. Ich glaube, ich hätte niemals aufgeben können, mir ein Kind zu wünschen. Selbst wenn ich noch Jahrzehnte hätte warten müssen.
Letztendlich stehen wir Frauen immer noch ziemlich allein da, mit der Frage nach Sexualität und Fruchtbarkeit. Für meinen Partner war die gesunde Schwangerschaft am Ende genau so eine Befreiung wie für mich. Auch er konnte sich von einem Verantwortungsgefühl nicht frei machen. „Ich habe dich ins Krankenhaus gebracht“, hatte er nach der ersten Eileiterschwangerschaft zu mir gesagt. Und obwohl dies rational nicht stimmte, so fand ich es doch richtig, dass er mit mir das Gefühl teilte, irgendwie versagt zu haben. Es war unser gemeinsames Kind, das wir uns wünschten, nicht meines allein.
Jeder Mann sollte hier seine Verantwortung übernehmen. Fortpflanzung und ihre Konsequenzen, sollten nicht allein Angelegenheit der Frau sein. Weder bei der Verhütung, noch bei dem Weg in die Kinderwunschklinik.
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