Zu promovieren ist eine Langzeitaufgabe, die einem Vieles abverlangt. Wie schafft man es, trotzdem erfolgreich den Weg zum Doktortitel zu beschreiten? Das Buch „Promovieren heißt scheitern. Damit Sie am Scheitern nicht scheitern“ bietet Antworten.
Warum eigentlich promovieren?
Wer eine akademische Laufbahn anstrebt, steht früher oder später vor der Frage: Promovieren, ja oder nein? Die goldene Eintrittskarte um sein Leben der Wissenschaft zu widmen bekommen allerdings nur diejenigen, die bereit sind viel Arbeit, Energie und Herzblut in ihre Promotion zu stecken, denn eins ist klar: zu promovieren kostet Nerven.
Wie jede langwierige Arbeit ist auch eine Promotion eng verbunden mit Zweifeln, Entmutigung und Kritik. Wer sich trotzdem erfolgreich einen Doktortitel erarbeiten möchte, sollte sich die eigenen Beweggründe klar machen. Attila Vuran und Gunnar Seide haben mit „Promovieren heißt scheitern. Damit Sie am Scheitern nicht scheitern. Ein Konzept zur Selbstführung und Selbstverantwortung.“ einen Ratgeber für Promovierende geschrieben, der sich gängiger Probleme wie Krisenbewältigung, Konzentrationsübungen oder Entscheidungshilfen widmet. Wir veröffentlichen einen Auszug aus dem ersten Kapitel, der sich mit der grundlegenden Frage befasst: warum möchte ich überhaupt promovieren?
Einen Anfang finden
Wissenschaftliches Arbeiten bedeutet Konzentration auf den Inhalt. Typische Fragen beim Alltag des wissenschaftlichen Arbeitens sind: Was messe ich? Was ist die Bedeutung des Ergebnisses? Was ist der richtige Lösungsansatz? Was ist der Stand der Wissenschaft? Was ist die wissenschaftliche Hypothese? Welche wissenschaftliche Methode wähle ich? All diese Fragen zielen auf den Inhalt. Der Inhalt wissenschaftlicher Arbeit ist natürlich sehr wichtig und in der Regel sogar das einzige Maß für die Bewertung von Dissertationen.
Beweggründe erkennen
Was wirkt jedoch auf die meisten Menschen motivierend? Die Bedürfnisse, die hinter dem stecken, was Menschen tun. Man könnte auch sagen: Entscheidend für die Motivation ist, wofür Menschen etwas tun! Neben der Strategie, etwas zu tun, um etwas Bedürfnisbefriedigendes zu erreichen, gibt es auch die Variante, etwas zu tun, um etwas Bedürfnisschädigendes zu vermeiden.
Was bringt Sie dazu zu promovieren? Was ist Ihr Bedürfnis dahinter? Oder anders gefragt: Wofür promovieren Sie? Manche Doktoranden promovieren, um zu forschen, manche, um mit einem Doktortitel Karriere zu machen und um bei der Karriere nicht im Nachteil anderen gegenüber zu sein. Andere promovieren, um sich zu beweisen, dass sie es können, um sich später nicht vorwerfen zu müssen, es nicht versucht zu haben, oder einfach, weil in der Familie seit eh und je alle promoviert haben und es einfach dazugehört. Darüber hinaus gibt es noch Hunderte – aus Sicht der jeweiligen Person – gute Gründe für eine Promotion.
Was also ist Ihr Wofür?
Dies muss vor dem Beginn einer Dissertation unbedingt hinterfragt werden. Wenn man später in schwierige Phasen der Promotion gerät, ist es in der Regel das Wofür, das über Durchbeißen oder Abbrechen mitentscheidet. Sollten Sie sich bereits für eine Promotion entschieden haben, können Sie anhand dieses Kapitels Ihre Wahl reflektieren. Auch dies könnte nützlich sein. Falls Sie im Laufe Ihrer Promotion einmal mit den Gedanken spielen, Ihre Promotion abzubrechen, fragen Sie sich, wofür Sie begonnen haben!
Über das Wie zum Was
Die Verbindung zwischen „Wofür Sie promovieren“ und über welchen Inhalt, also über „Was Sie promovieren“, bildet das Wie. Wie wollen Sie promovieren? Im Sinne von: Unter welchen Randbedingungen? Haben Sie hier ein klares Bild? Nur wenn Sie eines haben, können Sie Ihre Promotion gestalten, indem Sie z. B. ein Institut wählen, das die für Sie passenden Randbedingungen bietet. Brauchen Sie intensiven Kontakt zum Professor? Möchten Sie ein familiäres Klima oder eher das anonyme Klima einer schlagkräftigen, oft weltweit renommierten Großorganisation? Promovieren Sie lieber ohne Bindung an ein Institut, z. B. als externer Doktorand?
Solche Fragen sind zu klären. In der Folge werden Sie seltener in schwierige Situationen geraten und während Ihrer Promotion stets leichter am Ball bleiben. Der Inhalt Ihrer Doktorarbeit wird über die Zeit der Promotion an Umfang zulegen. Wie ist es aber mit dem Wie und dem Wofür? Sie werden, [mit der Zeit], immer genauer wissen, wie Sie erfolgreich promovieren können.
Wo bleibt der Inhalt?
Neben dem Wofür und dem Wie Ihrer wissenschaftlichen Arbeit gibt es natürlich den Inhalt der Arbeit, das Was. Die Gutachter Ihrer Dissertation werden sich im Wesentlichen auf das Was beziehen. Das Fundament des Wachstums Ihrer Promotion ist Ihr eigenes Wachstum; eine Promotionsschrift wächst, während sie verfasst bzw. ihr Inhalt erzeugt wird, mit Ihnen.
Während der Dissertation werden immer wieder Widerstände auftreten, die überwunden werden müssen. Dabei bilden sich Ihr eigener Arbeitsstil und Ihre Kompetenzen zur Bewältigung von Widerständen aus. Das bedeutet, dass auch das Wie der Promotion wächst. Das Wofür als zentraler Motivator sollte idealerweise über die Zeit der Promotion auch mitwachsen, damit Sie bei Widerständen am Ball bleiben.
Wachstum durch Herausforderung
Was denken Sie, wie oft Sie von Doktoranden in schwierigen Phasen den Satz hören könnten: „Ich würde die Promotion ja am liebsten hinschmeißen, dann wären aber die vergangenen Jahre verloren – deshalb muss ich das jetzt durchziehen!“? In solchen Fällen liegt der Verdacht nahe, dass es nie ein Wofür gab oder derjenige sich sein Wofür hat nehmen lassen. Die Promotion in unserem Sinne ist nicht das am Ende fertiggestellte Buch, sondern die Zeit der Erstellung, an der Sie als Person wachsen. […] Ihr Wofür bildet das Wurzelwerk, das Wie den Stamm und Ihre Kompetenzen sind die wachsende Krone des Baumes. Dieser Baum trägt später Früchte, Ihre Dissertation.
Zur Konzeption Ihrer Dissertation möchten wir Ihnen ans Herz legen, gleich zu Beginn darüber nachzudenken, wofür Sie promovieren möchten und wie Sie promovieren möchten. Ideal wäre es, diese Überlegung von Zeit zu Zeit zu wiederholen, denn Sie werden sich im Laufe der Promotion verändern, und deshalb ändern sich auch die Antworten auf das Wie der Randbedingungen und das Wofür der Doktorarbeit mit der Zeit.
Bild: Atilla Vuran und Gunnar Seide
Buchauszug aus: Atilla Vuran, Gunnar H. Seide: „Promovieren heißt scheitern – Damit Sie am Scheitern nicht scheitern.“ Selbstverlag, Herausgeber: Atilla Vuran, Gunnar Seide, 242 Seiten, 24,90 Euro
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