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Einfach kündigen? Diese 3 Fragen helfen bei der Entscheidung

Unzufriedenheit im Job kennen viele – aber deshalb kündigen? Unsere Community-Autorin stellt Fragen, die dabei helfen, die richtige Entscheidung zu treffen.

 

Kündigen: Wann ist der richtige Zeitpunkt? 

Auf dem Female Future Force Day habe ich viele Frauen getroffen, die überlegen etwas Neues zu machen. Diese Begegnungen haben mich zu folgendem Text inspiriert. Er ist für all diejenigen, die aktuell überlegen, ob sie „einfach kündigen“ sollten. Und für diejenigen, für die einfach kündigen der Notfallplan ist, weil sie immer häufiger merken, dass sie mit ihrer aktuellen Jobsituation nicht zufrieden sind. „Sollte ich kündigen?” – im Coaching taucht diese Frage relativ häufig auf. Und ich selbst habe 2012 auch einfach gekündigt. Dieser Text soll aber keine pauschale Aufforderung sein, sondern eine Anleitung, wie du eine Entscheidung triffst, die für dich stimmig ist.

Einfach zu kündigen fühlt sich echt gut an

Auf  der einen Seite kann es sehr befreiend sein, einfach zu kündigen. Selbst zu entscheiden, dass man geht, ist ein mutiger und vor allem sehr selbstbestimmter Schritt. Außerdem verschafft dir dieser Schritt zeitliche Freiräume, zumindest wenn du das Privileg hast, dir auch eine Auszeit leisten zu können. Dann kannst du endlich raus aus dem Hamsterrad. Für ein paar Wochen oder Monate kannst du dir richtig viel Zeit für dich nehmen. Du kannst reisen, ausschlafen, Sport machen, Freunde treffen, das Leben genießen. Einfach zu kündigen kann sich sehr unbeschwert anfühlen. 

Und mit der zeitlichen Freiheit kommen vielleicht auch deine Energie und deine Kreativität zurück. Du kommst plötzlich auf ganz neue, andere Ideen, wie es für dich weitergehen könnte. Du hast die Zeit Dinge einfach auszuprobieren, zu Veranstaltungen zu gehen, neue Menschen kennenzulernen, dich ehrenamtlich zu engagieren, kleine Projekte anzustoßen.

Einfach zu kündigen fühlt sich ziemlich mies an

Auf der anderen Seite ist eine Kündigung ein sehr ungewisser Schritt. Es
kann sehr schnell passieren, dass du die Entscheidung bereust.
Vielleicht machst du dir Vorwürfe, dass du noch nicht alles versucht
hattest. Vielleicht bekommst du Existenzängste, weil du nicht weißt, wie
lange dein Geld reicht. Wer selber kündigt, bekommt für drei Monate
kein Arbeitslosengeld. In dieser Zeit musst du z.B. auch deine
Krankenversicherung selbst bezahlen. Höchstwahrscheinlich tauchen
Selbstzweifel auf. Du fragst dich, ob du überhaupt etwas kannst. Ob
nicht alles deine Schuld war, weil du es einfach nicht auf die Reihe
bekommen hast. Du wirst dich mit anderen vergleichen, die tolle
geradlinige Lebensläufe haben. Du wirst viele gutgemeinte, sorgenvolle
Fragen von Familie und Freund*innen beantworten müssen. Und du weißt nicht,
wie lange diese Phase geht.

Positives Denken reicht nicht aus

Die zwei Seiten der Medaille, das gute und das schlechte Gefühl, sind keine
Wahlmöglichkeiten. Ich kenne niemanden, der sich durchweg gut oder
durchweg schlecht gefühlt hat. Je nach Tagesform wirst du das eine oder das andere Gefühl erleben. Es wird Momente geben, in denen du die Freiheit genießt und stolz bist auf deine Entscheidung. Und es wird Momente geben, in denen du am Rande der Verzweiflung bist. Je nach Typ und je nach sozialem
Umfeld wirst du die eine Seite vielleicht stärker erleben. Aber in jedem
Fall wird es beides geben.

Diese drei Fragen können dir helfen, eine Entscheidung zu treffen, mit der du im
Nachhinein zufrieden bist. Schreibe deine Antworten mit Datum auf. So
kannst du später nochmal nachlesen, warum du dich so entschieden hast.

1. Wieviel Energie hast du gerade? 

Wer überlegt einfach zu kündigen, hat oft (nicht immer) ähnliche Symptome wie bei einem Burnout. Sei sehr ehrlich zu dir selbst. Hättest du überhaupt noch die Kraftressourcen, um in deinem Job zu bleiben? Wenn nicht, hat dein Körper die Entscheidung schon getroffen. Sprich mit einem Arzt und deinem Arbeitgeber, damit ihr gemeinsam eine gute Lösung findet.

Die nächsten beiden Fragen sind nur dann relevant, wenn du körperlich und psychisch in einer stabilen Verfassung bist:

2. Hast du schon alles versucht?

 Diese Frage ist wichtig, damit du dir später keine Vorwürfe machst.
Schreibe auf, was du schon alles unternommen hast, um deine Situation zu
verbessern. Schreiben dann auf, was du noch alles machen könntest. Was
davon liegt tatsächlich in deiner Macht? Bist du bereit, noch etwas zu
versuchen, ohne zu wissen, ob es funktionieren wird? Wenn du deinem
jetzigen Job noch eine Chance geben willst, setze dir selbst eine
Deadline. Formuliere ganz konkret, was du in diesem Zeitraum probieren
wirst. Und dann lass dich voll darauf ein. Wenn es nicht klappt, hast du immerhin alles getan, was du konntest.

3. Bist du innerlich bereit?

Du hast alles versucht, aber es bleibt dabei, du willst kündigen. Prüfe jetzt noch einmal, ob du innerlich wirklich dazu bereit bist. Du kennst dich selbst ja schon eine ganze Weile. Traust du dir zu mit dem emotionalen Auf und Ab zurecht zu kommen? Oder bist du vielleicht sogar neugierig darauf es zu lernen? Etwas übertrieben gesagt, kann eine Kündigung auch eine gute Möglichkeit zur Persönlichkeitsentwicklung sein. Du wirst lernen deine Zeit selbst zu gestalten und du wirst lernen deine Zweifel konstruktiv zu nutzen.

Den richtigen Moment erkennen

Du willst kündigen – aber wann? Der richtige Moment liegt irgendwo
zwischen „noch nicht alles versucht“ und „zu lange gewartet“. Vielleicht
hilft es dir zu überlegen, was du mehr bereuen würdest – zu lange
gewartet zu haben oder noch nicht alles versucht zu haben. Den perfekten
Moment gibt es nicht. Vertraue deinem Bauchgefühl.

Deinen Vorsatz umsetzen

Wenn du dich dazu entschieden hast einfach zu kündigen, dann suche dir ein
oder zwei mentale Unterstützer*innen. Das können gute Kolleg*innen, Freund*innen oder Familie sein. Im Moment der Kündigung können sich Zweifel melden, das ist ganz normal. Es tut gut, wenn dir jemand kurz vorher noch einmal schreibt, dass du auf dem richtigen Weg bist. Übe auch das
Gespräch mit deine*r Vorgesetzten vorab. Sprich deine Sätze laut aus.
Das hilft dir, um in der Situation ruhig zu bleiben. Ganz wichtig: Du
musst dich nicht rechtfertigen. Du hast alles Recht der Welt, ein gutes Leben zu haben. Feiere deinen Mut!

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