Foto: Flickr – CC BY-SA 2.0

Warum ich in keiner Clique sein will

Der Alltag in einer Clique? „Jetzt erzähl doch mal, was da zwischen euch passiert ist“. Fünf Köpfe warten gespannt darauf, den neuesten Klatsch zu erfahren: Wer hatte was, mit wem, wie und wo. Warum dieses „Freundschaftsmodell“ für Lena nicht funktioniert, hat sie für euch aufgeschrieben.

Cliquen-Gesellschaft: Klare Abgrenzung

Ein Gang durch den langen Schulflur, links und rechts führen Türen in die Klassenräume. Einziges Problem: die Türen sind noch verschlossen.Was wiederum bedeutet, dass sich die Meute an Schüler und Schülerinnen noch auf dem Flur aufhält. Unterschiedliche, kleinere Grüppchen sitzen auf dem Boden, tuscheln, quatschen, lehnen sich an die Wand oder schauen auf ihre Handys. Ich stehe am Anfang des Flurs und blicke nach vorne. Okay, also ich muss da jetzt durch, denke ich mir. Einfach nur nach vorne schauen und gar nicht darauf achten, was rechts und links von mir gerade passiert, wer seinen Kopf hebt und mich von oben bis unten mustert. 

Wobei die Musterung an sich gar nicht das Problem wäre. Dass Jugendliche in dem Alter recht oberflächlich sein können und gerne mal einen Blick auf das Aussehen der anderen werfen, ist normal. Wirklich eingeschüchtert hat mich das während meiner Schulzeit nicht. Was mir vor allem Probleme bereitet hat, war diese klare Aufteilung, gar Abgrenzung, in Gruppen. Die bei uns so weit ging, dass man wusste, wer sich in den Pausen wo aufhält, welche Clique zu Mittag an welchem Tisch in der Mensa sitzt und, wer wo draußen raucht. Zwar war es keine ausgesprochene Regel, doch wagte man sich als „Externer“ mal in einem ungewohnten Kreis, fühlte man sich gleich fehl am Platz. So, als würde man nicht dazu gehören.

Zwischen den Stühlen 

Immer nur zu fünft was zu unternehmen, die neuesten Geheimnisse bis ins haarkleinste Detail auszudiskutieren, abends tanzen zu gehen – am besten im Kreis, damit ja kein Fremder durch eine Lücke den Weg zu ihnen finden könnte – schnell war klar, dieses Cliquen-Gehabe ist nicht meine Welt.

Meine Taktik lautete daher: „zwischen den Stühlen“. In keiner Clique fest involviert, hatte ich meine engsten Freunde in verschiedenen Cliquen, viele auch außerhalb meiner Schule. So unternahm ich mit der einen Clique was am Abend, traf mich mit der einen Freundin auf einen Kaffee, ging mit der anderen feiern.

Man könnte meinen, ich sei oberflächlich und würde gerne mal hin und her „hüpfen“. Aber so war es nicht. Die Freunde, die ich hatte, waren wirklich meine engsten. Mit ihnen konnte ich über alles reden, ihnen das, was mir im Kopf herumspukte, anvertrauen. Ich möchte nicht verleugnen, dass wir auch bis tief in die Nacht quatschten, herumalberten und mit Sicherheit für Außenstehende auch mal nervtötend waren. Doch ich konnte dabei ich selbst sein. Ohne Zwang, ohne Druck. Sie gaben mir das Gefühl von „Zuhause sein“, das sonst nur meine Familie schaffen kann. 

Ich brauche meine Freiheiten 

Doch bei aller Freundschaft und Liebe: Ich muss mich immer noch frei bewegen können – sowohl physisch als auch psychisch. Ich will selbst entscheiden können, wem ich was erzähle und, was ich doch lieber mit mir selbst ausmachen will. Das Geheimnis nur erzählen, um ja alle gleich zu behandeln und niemanden zu verletzen? Nein, Danke. 

Die Gruppenkonstellation funktioniert für eine Phase, einen gewissen Lebensabschnitt: in der Schulzeit, im Studium, als frisch gebackene Mutter. Doch irgendwann, sobald einer „ausbricht“ und sich in eine andere Richtung entwickelt – weil er oder sie vielleicht einen neuen Job annimmt oder einen neuen Partner hat – beginnt das Konstrukt zu bröckeln und die Wege gehen auseinander. 

Ich möchte niemandes Freundeskreis kritisieren. Denn bestimmt gibt es auch Cliquen, die auf lange Zeit funktionieren, die vom Kindergarten bis zum Rentnerdasein ein Teil des Lebens sind. Mit denen man bei Zusammentreffen die alten Zeiten wieder aufleben und einfach man selbst sein kann, weil man eben so viel gemeinsam erlebt hat. Doch für mich, zumindest bis zum jetzigen Zeitpunkt, sind Cliquen keine Option. Zu meinen Freunden aus der Schulzeit habe ich immer noch Kontakt. Mal mehr, mal weniger. Aber er ist da. Und die Vertrautheit auch. 

Aber ich lasse mich auch gerne vom Gegenteil überzeugen: Welche Vorstellungen von Freundschaft habt ihr? Welche Arten von Freundschaften pflegt ihr am liebsten?

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