Der Welpenschutz ist vorbei, du bist kein Berufseinsteiger mehr. So kannst du deine Berufslaufbahn weiter planen.
Diese Fragen solltest du dir mit 30 stellen
30 ist ein tolles Alter (also bitte keine Angst vor diesem Geburtstag). Aber im Hinblick auf das eigene Berufsleben erreicht man zu diesem Zeitpunkt eine Stufe, auf der du dir vermutlich die Frage stellst: „Wo geht es eigentlich hin?“ Ein paar Jahre im Job, vielleicht schon in der dritten Firma, die erste oder zweite Beförderung bekommen oder aus der Elternzeit wieder da.
Vielleicht sehnst du dich nach einer neuen Herausforderung, mehr Verantwortung, mehr Flexibilität oder bist frustriert darüber, dass deine gleichaltrigen männlichen Kollegen irgendwie schneller vorankommen – denn das tun sie nachweislich tatsächlich, egal ob mit Kind oder ohne. Und: Das wird sich mit der Zeit noch verstärken. Die Berufswelt ist noch lange nicht geschlechtergerecht und je älter du wirst, desto größer werden die Karriereunterschiede zwischen Frauen und Männern trotz gleicher Ausbildung und gleichen Karrierewünschen.
Doch eins sei gesagt: Höher, schneller, weiter macht nicht zwangsläufig glücklich. Wichtig ist, dass du dich auf dem Weg befindest, der für dich der richtige ist. Vorankommen kann auch bedeuten, einen Schritt zu Seite zu gehen oder sogar einen zurück, um Anlauf auf ein anderes Ziel zu nehmen. Wir haben zehn Fragen als Orientierung für dich, die dir helfen können, deine nächsten Schritte zu identifizieren und zu planen. Viel Spaß auf deinem Weg!
1. Spiegelt meine Karriere meine Werte wider?
Erfolg und Erfüllung sind nicht das gleiche. Mit 30 stehst du vermutlich mit beiden Beinen in deinem Beruf und hast Dinge erreicht, die von außen als Erfolg interpretiert werden, wie dein Jobtitel oder dein Gehalt. Aber spiegelt deine Karriere das wider, was dir wirklich wichtig ist? Hast du deine Wünsche verwirklicht oder Erwartungen von außen? Entwickelt sich deine Karriere zwar schnell, aber doch in die falsche Richtung?
Wenn du langfristig zufrieden sein möchtest, sollte dein Berufsleben mit deinen persönlichen Werten übereinstimmen. Um das zu überprüfen, kannst du drei bis fünf deiner wichtigsten Werte aufschreiben und abgleichen, ob sich diese in deinem Berufs- und Privatleben wiederfinden. Wenn du aber eigentlich einen Job machst, der diesen Werten widerspricht und auch dein Privatleben so beeinträchtigt, dass es ganz anders ist als du es dir wünschst, wird es Zeit, einen Plan zu erstellen, wie du deine persönlichen Wünsche und deine Arbeit in Einklang bringen kannst.
2. Was will ich verdienen?
Die Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern lassen sich auf verschiedene Faktoren zurückführen. Ja, Diskriminierung ist einer davon, aber zur Wahrheit gehört auch, dass Frauen im Schnitt nach weniger Gehalt fragen und seltener verhandeln. Wenn du unzufrieden bist mit dem, was du aktuell verdienst, solltest du unbedingt das Gespräch suchen oder dich anderweitig umschauen. Und auch wenn du denkst, dass dein Gehalt ja ganz okay ist, gibt es gute Gründe, regelmäßig zu verhandeln. Und wusstest du Folgendes: Das Gehalt, was du in deinen 30ern verdienst, ist vermutlich das Maximum, dass du in deinem Berufsleben erreichen wirst
3. Wie kann ich zeigen, dass ich die Beförderung verdiene?
Es nervt mich manchmal selbst, so tief in die Klischeekiste greifen zu müssen, aber meine bisherige Berufserfahrung hat mir gezeigt, dass sie immer wieder zutreffen: Frauen glauben häufiger als ihre Kollegen, dass sich der Lohn für gute Arbeit von selbst einstellt. Deine Vorgesetzten müssen diese Arbeit aber sehen können, was im Tagesgeschäft oft untergeht. Wenn du eine Beförderung möchtest, solltest du Selbstdarstellung als Teil deines Jobs begreifen, in dem du deiner Chefin oder deinem Chef, wenn es selten Möglichkeit zum persönlichen Gespräch gibt, zum Beispiel einmal pro Woche berichtest, was du gemacht und erreicht hast. Trau dich in Teammeetings, darüber zu sprechen. Wenn du lernst stolz auf deine Arbeit zu sein und darüber zu reden, wird es sich mit der Zeit auch ganz normal anfühlen.
4. Kennen andere meine Expertise?
In dieser Frage geht es um das, was neudeutsch „Personal Brand“ genannt wird. Also: Welche Expertise besitzt du? Was unterscheidet dich sowohl fachlich als auch persönlich von anderen Menschen in deiner Branche? Die Antwort auf diese Frage bedeutet nicht, dass du ein poliertes Portfolio mit Blog, Youtube-Channel und Influencer-Prädikat haben musst, ganz im Gegenteil: Finde für dich heraus, wie du dich kurz und knapp beschreiben würdest und wie du anderen gegenüber wirken möchtest – so, dass du in Erinnerung bleibst. Für diese Selbstbeschreibung reicht schon oft ein Satz aus. Wichtig ist, dass du dich damit identifizieren kannst und das du selbstbewusst sagen kannst, welche Dinge du besonders gut kannst.
Du kannst diesen Satz als auch Zukunftsvision konzipieren, das ist der erste Schritt, um dieses Ziel zu erreichen.
Wenn eines deiner Ziele ist, von anderen Unternehmen wahrgenommen zu werden oder für Vorträge angefragt zu werden, musst du selbst etwas dafür tun, dass man dich kennt und dich auch finden kann.
Rauf auf die Bühne! (Bild: Freestocks.org)
5. Habe ich ein Netzwerk, das mich beruflich unterstützt?
Wenn du schon ein paar Jahre im Beruf stehst kennst du diesen Tipp, wenn du gerade am Anfang deiner Laufbahn stehst, nimm ihn dir zu Herzen, er wird dich irgendwann auffangen, die Arbeit abnehmen und neue Möglichkeiten eröffnen. Ein gutes Netzwerk mit Kontakten, die dich beruflich weiterbringen, kann je nach Branche sogar wichtiger sein als dein Lebenslauf. Jobs und Aufträge – und das wird sich vermutlich niemals ändern – werden überdurchschnittlich oft an Menschen vergeben, die einander kennen oder die ein gemeinsamer Kontakt miteinander verknüpft hat. Wichtig: Netzwerke sollten in beide Richtungen funktionieren. Du kannst sie am besten aufbauen, wenn du selbst Leute empfiehlst und sie einander vorstellst, wenn es Sinn macht. Eine weitere tolle Seite am Netzwerken: In der Regel ist ein gutes Netzwerk immer mehr als nur eine berufliche Unterstützung. Du wirst hier immer Menschen treffen, die dir ans Herz wachsen und dich lange Zeit begleiten.
6. Wird es Zeit für einen Mentor oder eine Mentorin
Immer wieder liest man in Interviews, wie wichtig Mentoren für die Person waren, die erfolgreich ihren Weg gegangen ist. Doch wie findet man die eigentlich? Jedenfalls nicht, in dem du darauf wartest, dass ein Mentor oder eine Mentorin auf dich zukommt – auch wenn das durchaus passiert, wenn eine erfahrenere Person dein Talent erkennt und dich fördern möchte. Die beste Herangehensweise, ist Personen zu identifizieren, von denen du gern langfristig lernen willst, und sie zu fragen. Lege dich dabei nicht auf eine Person fest, sondern bleib offen und versuche auch hier, ein kleines Netzwerk aufzubauen. Es muss auch nicht unbedingt eine Branchenkoryphäe sein. Co-Mentoring mit ähnlich alten Kolleginnen kann ebenso gut funktionieren, weil man sich gegenseitig motivieren kann und unterschiedliche Erfahrungen macht, von denen man wechselseitig lernt. Zudem hast du als Mentee auch einer älteren Mentorin etwas zu bieten, denn es gibt immer Dinge, die sie eben noch nicht gelernt hat. Mentoring ist in den seltensten Fällen eine einseitige Beziehung. Und um auf die Frage zu antworten: Mentoring ist immer ein Gewinn. Es gibt nichts, was dagegen spricht, dass du dir jetzt eine Vertrauensperson für deine Karriereplanung suchst.
7. Was macht mich glücklich?
„Erfüllung im Job wird überbewertet“, sagen die einen, andere glauben, man können seine Arbeit nur gut machen, wenn es der absolut perfekte Job ist. Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte, denn es ist seltener das Gesamtkonstrukt, was glücklich macht, sondern einzelne Aspekte deines Jobs, die dich besonders motivieren. Die Berufsberaterin Ragnhild Struss glaubt, dass ein Job vor allem dann glücklich macht, wenn man das eigene Potenzial dort entfalten kann:
„Du kannst im Grunde genommen nur dann erfolgreich und glücklich sein, wenn du in Kongruenz mit deiner Persönlichkeit arbeitest, weil du in keinem anderen Setting effizienter wärest. Es ist ein selbst-anregendes System, wenn du etwas tust, was dich beflügelt und du dich zusätzlich weiterentwickeln kannst.“
Was du also tun kannst? Finde für dich heraus, was dir Energie gibt, wann du gut arbeiten kannst und dich im Flow fühlst, welche Arbeitsumgebung du brauchst, um dich wohl zu fühlen. Wenn du den Großteil deiner Arbeit mit Aufgaben verbringst, die nicht zu deinen Stärken und zu deiner Persönlichkeit passen, ist es Zeit für einen Wechsel.
Glück kann nicht unterschätzt werden. (Bild: Angelina Litvin/Stoksnap)
8. Möchte ich noch einmal etwas Neues lernen?
Die Realität in vielen Firmen ist leider: Weiterbildung wurde im Vorstellungsgespräch zwar versprochen, es handelt sich dabei jedoch um Einweisungen in Outlook oder Teammeetings, in denen Skills vermittelt werden sollen. Wenn du wissbegierig bist, wird dir das auf Dauer nicht reichen. Vielleicht kennst du den Wow-Effekt, der sich einstellt, wenn du ab und an spannenden Vorträgen zuhörst oder eine spannende Doku schaust und denkst: „Es gibt noch so viel zu wissen und zu lernen.“
Wenn das so ist, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Du kannst echte Fortbildungen mit deinem Arbeitgeber verhandeln, in Gebieten, die dich wirklich reizen und deine Persönlichkeit entwickeln. Du kannst deine Arbeitszeit reduzieren, um dich privat weiterzubilden. Du kannst einen Bildungsurlaub zu machen. Du kannst auch noch einmal zur Uni gehen, einen Master oder einen Aufbaustudiengang belegen oder einen ganz neuen Berufsweg einschlagen. So etwas wie zu spät gibt es nicht, wenn du das Gefühl hast, vor einer Wand zu stehen.
9. Lohnt es sich, Risiken einzugehen?
Frauen sind risikoscheu? So ein Bullshit. Wenn du ein Risiko eingehst, wird vor allem eines passieren: Du wächst an dir selbst. Als ich 30 geworden bin, habe ich einen gut bezahlten Job gekündigt um in ein brandneues Startup zu gehen. Meine damaligen Kollegen fanden das Risiko viel zu hoch. Ich hätte aber rückblickend nichts besser machen können, als diesen Karriereschritt zu gehen, denn ich habe verdammt viel gelernt. Auch, Unsicherheiten auszuhalten und Durststrecken zu überwinden. Denn ganz ehrlich: Wie viel lernst du wirklich, wenn alles immer einfach und vorhersehbar ist?
10. Kann ich nicht eigentlich viel mehr?
Kann ich das wirklich? Bin ich nicht noch viel zu kurz im Unternehmen, um mich für die Beförderung zu qualifizieren? Kann nicht eine andere Person viel besser diesen Vortrag auf der Konferenz halten? Was dich beruflich oft zurückhält, ist deine innere Stimme, gegen die du die Debatte gewinnen solltest. Ja, du kannst das. Ein Phänomen, was sich herumgesprochen haben sollte: Die meisten Männer bewerben sich auf eine Stellenanzeige, wenn sie etwa 45 Prozent der Anforderungen erfüllen. Frauen wollen mindestens 80 Prozent der Anforderungen entsprechen, bevor sie sich bewerben. Ein bisschen Größenwahn kann also nicht schaden. Wenn du Lust hast, dich zu entwickeln und zu wachsen, muss es ein wenig unbequem werden. Denn wenn du dich auf eine Stelle bewirbst, für die du alle Fähigkeiten schon hast, wirst du vermutlich erst gar nicht zum Gespräch eingeladen. Eine gute Chefin weiß, du würdest dich dort nur langweilen.
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