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Freund*innen fürs Leben? Manchmal geht das einfach nicht

Wann hilft eine Aussprache und wann ist es Zeit, einem geliebten Menschen Lebewohl zu sagen?

Konfrontation mit Folgen

Wie verhält man sich, wenn das traurige Ende einer Freundschaft gekommen zu sein scheint? Ghosting, einfach auslaufen lassen, sich nicht mehr melden? In meinem Fall habe ich seit Jahren endlich mal widersprochen und meiner Freundin gesagt, was mich verletzt. Das allein reichte aus, um einen wertgeschätzten Menschen zu verlieren.

Eigentlich sind wir seit Jahren gute Freundinnen – dachte ich. Oder habe ich es mir nur eingeredet? Denn wenn ich mich recht erinnere, bereitet mir dieser Mensch schon seit Jahren ein schlechtes Gefühl. Wenn ich ehrlich bin, endeten Besuche, Telefonate oder das Abhören von ihren geliebten Sprachnachrichten damit, dass ich mich bei meinem Mann stundenlang über sie aufregen musste, um am Ende mit schlechter Laune ins Bett zu gehen, um am nächsten Morgen eben nicht den versprochenen ehrlichen Anruf zu tätigen, in dem ich ihr all die Dinge, die mir auf der Seele lagen, endlich einmal mitteilte.

Ehrlichkeit ist eine Säule einer Freundschaft

Ja, Freunde sollen ehrlich sein, auch wenn das oft weh tut. Aber, wer wenn nicht die beste Freundin darf einen kritisieren und sagen, wenn man mal wieder über die Strenge schlägt? Gleichwohl ist es ein schmaler Grat, zwischen lieb und teuer gemeinten Ratschlägen und verletzenden Maßregelungen.

Doch egal welchen Rat ich auch befolge, wie sehr ich mich auch an ihren Ansprüchen messe und mich anzupassen versuche – nichts will ihr gefallen. Ist das die Art Freundschaft, die ich suche? Sollte eine Freundin mich nicht stärken, mich stützen, anstatt mich zu bewerten, mich zu kritisieren und ehrlich sein zu wollen um des Ehrlichseins Willen. Eine Freundin sollte mich so nehmen wie ich bin.

Eine gute Freundin hört zu

Vielleicht wüsste sie besser, was ich fühle, wenn sie mich mal erzählen ließe und es nicht immer nur um sie ginge. Wenn sie mir Zeit einräumen würde, um meine wahren Gefühle zu teilen. Aber was, wenn dafür nie Zeit ist und eigentlich auch kein wirkliches Interesse besteht? Was, wenn ich aus enttäuschenden Erlebnissen heraus aufgehört habe von mir zu erzählen und mein Innerstes mit diesem Menschen zu teilen? Ist es dann nicht die logische Konsequenz sich von solchen Menschen zu distanzieren? Ich möchte mich schützen und baue eine innere Wand auf, die verhindert, dass mich ihre Empfehlungen und Ratschläge verletzen.

Was ich nun weiß ist, dass ich noch Jahre so weiter machen kann, eine Rolle zu spielen, aber das würde mich stetig unglücklicher machen. Also nehme ich all meinen Mut zusammen und verlange eine Aussprache. Schluss mit falschen Projektionen ihrer Probleme auf mein nahezu glückliches Leben. Denn es ist alles gut und ich freue mich über jeden guten Tag der kommt. Für mich ist das Glas eben halb voll und nicht halb leer.

Der Elefant im Raum

Aussprachen mit Freundinnen sind irgendwie wie Vorstellungsgespräche. Man bereitet sich ausgiebig vor, legt sich entscheidende Sätze im Kopf zurecht, dann kommt alles anders als geplant und am Ende ist man heilfroh, wenn es vorbei ist. Schade nur, dass bei mir niemand anrief, um zu sagen: „Sie haben den Job.”

Meine Aussprache endet in einem Monolog ihrerseits. Ich verliere haushoch gegen die Erzählungen über die Eskapaden ihres Mannes und der immerfort großen Probleme ihres Mittleren in der Schule. Ich schaffe es gerade zu sagen, was ich mir als Freundin von ihr wünsche, bevor ihr Telefon klingelt und sie die Jüngste aus der Kita abholen muss, weil die ein anderes Kind gebissen hat. Kurz bevor sie geht, knalle ich ihr all meinen aufgestauten Ärger um die Ohren. Ich zittere und merke wie meine Stimme einen anderen Klang bekommt. Mit dem Satz, dass ich mich nie so zeige wie ich wirklich bin, verlässt sie das Café.

Auch Freundschaften können zu Ende gehen

Das war das Ende einer Freundschaft, in der die eine vor lauter vermeintlich freundschaftlich und lieb gemeinten Bekundungen, wie die andere zu sein hat, gar nicht mitbekommt, wie die andere wirklich ist. Und wie in dem Gedicht „Sachliche Romanze” von Erich Kästner kam uns unsere Freundschaft plötzlich abhanden. Ich habe mich nicht mehr bei ihr gemeldet. Und dann ist Ghosting plötzlich nicht mehr so schwer.

Wegen einer Sache hätte ich mir dann aber doch gewünscht, dass die Aussprache ein gutes Ende nimmt: der kleine große Mann in unser beider Leben – ihr Erstgeborener und mein Patenkind. Kinobesuche mit Jumbo-Popcorn und 1-Liter Fanta macht er nun mit einer anderen.

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