Foto: Beth Solano | Unsplash

Wie ich gelernt habe, nervige Aufgaben nicht mehr aufzuschieben

Wie ich daran arbeite, Dinge nicht mehr auf die lange Bank zu schieben und meine Tage produktiver zu gestalten.

 

Was du heute kannst besorgen …

Eigentlich ist es doch nicht schwer: Es gibt Dinge, die erledigt werden müssen und solche, die man eigentlich gerade lieber täte. Wir alle wissen eigentlich ganz genau, dass langes Aufschieben im Grunde nichts bringt. Und dennoch folgen wir alle hin und wieder unserem inneren Schweinehund und schieben Dinge auf die lange Bank, die sich eigentlich schnell erledigen lassen würden.

Zugegeben, manches davon ist vielleicht auch nicht „mal eben schnell” erledigt, sondern erfordert, dass man sich auf den Hintern setzt und konzentriert arbeitet. Das blöde an der Aufschieberei ist, dass wir durch das Aufschieben natürlich keinen zusätzlichen Nutzen haben. Denn mal ehrlich: Wer kann denn schon entspannen, wenn klar ist, dass die Präsentation für morgen noch nicht steht, die Steuererklärung noch gemacht und die nächste Waschmaschinenladung noch gewaschen werden muss?

Feind oder Freund: Das schlechte Gewissen

Bei der ganzen Aufschieberei ist ein schlechtes Gewissen allgegenwärtig. Trotzdem muss man deshalb ja nicht gleich mit der eigentlichen Aufgabe anfangen. Ich bin ein Profi darin, mir vermeintlich nützliche Nebenschauplätze zu eröffnen. Zum Beispiel, in dem ich versuche meine Arbeit – wenn ich sie denn schon machen muss – möglichst produktiv zu gestalten. Es ist erstaunlich, wie viel Zeit man damit zubringen kann, neue und effektive Methoden des Zeit- und Selbstmanagements zu recherchieren, wenn doch eigentlich nur die nächste Bewerbung geschrieben werden sollte. Da kann es dann schon einmal vorkommen, dass ich zwei bis drei Stunden damit zubringe, YouTube-Viedos zum Thema Prokrastination – also Aufschieberitis – zu schauen und mich damit geschickt vor meiner eigentlichen Aufgabe drücke. Prokrastinieren mit Videos über Prokrastination … das muss man auch erst einmal hinbekommen.

Trotz der punktuell ausschweifenden Ablenkung haben meine „Recherchen“ aber auch ihr Gutes. Zum einen ist die Erkenntnis, nicht allein zu sein sehr tröstlich. Denn dass es da draußen viele Leidensgenossinnen und –genossen gibt, zeigt die Fülle an Blogs, Artikeln und Videos zu dem Thema. Zum anderen habe ich tatsächlich viele Tipps und Tricks ausprobiert, die mir helfen, meine Blockade zu überwinden und meinen Tag produktiver zu gestalten. Im Folgenden möchte ich daher meine Beobachtungen zu einigen Methoden mit euch teilen. Vielleicht inspirieren euch meine Erfahrungen ja diese selbst einmal testen.

Den eigenen Biorhythmus kennen

Immer wieder lese ich von erfolgreichen Menschen, die schon früh am morgen gut gelaunt aus dem Bett springen und es kaum erwarten können, mit viel Power oder sogar einem ausgiebigen Workout in den Tag zu starten. Und dann sind da die absoluten Morgenmuffel, deren bester Freund die Snooze-Taste des Weckers ist. Außerdem gibt es Menschen, von denen man spät am Abend noch E-Mails bekommt, weil sie sich allabendlich noch einmal ein bis zwei Stunden hinsetzen und arbeiten, wenn die Kinder im Bett sind und ein Tag voller Herausforderungen sich dem Ende neigt. Lebensmodelle und Arbeitszeiten sind heute eben sehr unterschiedlich und zunehmend flexibel. Das kann Vorteile haben, muss es aber nicht.

Ich selbst bin eher ein Morgenmensch. Das heißt nicht, dass ich morgens voller Freude mit einem breiten Grinsen aufspringe, sobald der Wecker klingelt. Doch ich komme recht gut und schnell auf Betriebstemperatur, wenn ich es denn erst einmal aus dem warmen Bett geschafft habe. Unheimlich hilfreich hierfür ist es, den Wecker so weit weg zu platzieren, dass man gezwungen ist aufzustehen, um das nervige Piepen zu beenden. Ich arbeite gerne und vor allem gerne selbstbestimmt und mit flexiblem Zeitplan. Dennoch bin ich immer auch gut mit einer festen Arbeitszeit von neun bis 17 Uhr klargekommen und kann so einem festen Tagesplan einiges abgewinnen. Denn mehr Selbstbestimmung und Flexibilität erfordern eben auch mehr Eigenverantwortung und Selbstdisziplin. Und da hapert es bei mir auch gerne mal. Aber egal welches Arbeitszeitmodell bei mir und euch gerade aktuell ist: Versucht mal euch selbst zu beobachten und euren natürlichen Biorhythmus herauszufinden. Mir hat das unheimlich dabei geholfen, meinen Tag zu strukturieren und meine Aufgaben danach auszurichten.

Dem Modell nach bin ich der Typ Lerche. Da Lerchen am Morgen ihre kreative Hochphase haben, versuche ich Aufgaben, die gute Ideen, Kreativität und meine volle Aufmerksamkeit am dringendsten benötigen, in diese Zeit zu legen. Tendenziell stupidere Aufgaben – Papiere abheften, einfache E-Mails beantworten etc. – erledige ich dann eher am frühen Nachmittag, weil da mein Tagestief grüßen lässt. Es ist natürlich bei selbstständiger Arbeit einfacher sich daran zu orientieren, als bei Jobs mit festen Arbeitszeiten. Dennoch gibt es auch hier Möglichkeiten sich dem eigenen Biorhythmus anzunähern. Probiert es einfach aus.

Ablenkungen erkennen und abstellen

Es könnte alles so einfach sein – wären da nicht all die vielen Ablenkungen, die einem das Leben schwer machen. Eigentlich kann ich dazu nur einen Tipp geben: Schaut bewusst darauf, was eure größten Ablenkungsgefahren sind und minimiert diese so gut es geht. Ich selbst lasse mich beispielsweise unheimlich leicht durch bewegte Bilder und mein Handy ablenken. Die YouTube-App auf dem Handy vereint beides. Da hilft nur eins: Handy während der Arbeit stumm schalten und weglegen. Meine Erfahrung ist, dass es sich erst seltsam anfühlt, nicht ständig up to date über eingegangene Nachrichten zu sein, aber man gewöhnt sich schnell daran. Und ehrlich gesagt, kann es auch ganz schön befreiend sein, nicht ständig auf das Handy zu schauen. Denn wenn man sich erst einmal bewusst wird, wie viel Zeit und Energie es kostet, ständig erreichbar zu sein, dann spürt man auch schnell ein Gefühl der Leichtigkeit, wenn man sich wieder voll und ganz auf andere Dinge konzentrieren kann. Überlegt also bewusst: „Wann und wie viel Zeit brauche ich wirklich, um neue Nachrichten zu lesen und zu beantworten, vielleicht auch mal ein Video zu schauen oder Flugverbindungen für den Urlaub zu recherchieren?” Dann legt ein Zeitfenster fest, um diese Dinge zu erledigen. Und dann wieder ab an die Arbeit. Am besten einen Timer, damit man sich nicht verzettelt. Womit wir beim nächsten Punkt wären.

Zeitfenster festlegen und Timer stellen

Ich bin leider wirklich nicht besonders diszipliniert. Daher brauche ich etwas, dass mir auf die Sprünge hilft. Irgendwann habe ich davon gelesen, dass es helfen kann, sich für bestimmte Aufgaben ein bestimmtes Zeitbudget festzulegen, einen Timer zu stellen und dann gegen die Uhr zu arbeiten. So weit so gut, ich probiere alles gerne aus. Also habe ich meinen Kalender mit allerlei To-Dos gefüllt und den Timer brav bereit gelegt. Leider wurde mir schon beim Anblick des komplett gefüllten Kalenders ganz schlecht. Statt einer produktiven Arbeitswoche hatte ich ein stetig größer werdendes Brett vorm Kopf und habe gar nichts mehr geschafft. Denn ich sah nur die viele Arbeit und geriet ganz schnell in Panik, wenn ich bei einer Aufgabe mal nicht vorankam, weil eine geniale Eingebung meistens nun mal nicht auf Kommando kommt. Ich musste also schnell feststellen: Den Timer und meinen Kalender so zu nutzen bringt  mir persönlich überhaupt nichts, im Gegenteil. Aber bevor ihr jetzt ganz schnell den Timer in die Ecke werft, lest erst eimal weiter.

Der Timer kann nämlich auf andere Weise sehr nützlich für die eigene Disziplin sein. Ich nutze ihn sogar ziemlich regelmäßig für zwei Dinge: Um meine Pausen nicht zu überziehen. Ehrlich. Es hilft: Zeitbudget für die Pause festlegen, Timer stellen, Pause genießen und dann wieder frisch ans Werk. 

Wenn ich mich überhaupt nicht motivieren kann, mit einer Aufgabe anzufangen, stelle den Timer auf 15 Minuten und fange einfach an. Ich nehme mir dabei nur vor, zumindest in dieser Zeit konzentriert an der Aufgabe zu arbeiten. Danach darf ich wieder neu entscheiden, ob ich weiter mache. Klingt vielleicht erst einmal komisch, funktioniert bei mir aber wunderbar. Meistens ist es dann so, dass ich nach den ersten 15 Minuten, weitere 15 Minuten dranhänge. Und dann noch einmal. Und irgendwann stelle ich den Timer aus, weil ich so im Flow bin, dass mich das ständige Piepen nervt. So einfach kann es manchmal sein. Die Zeit ist natürlich recht willkürlich festgelegt. Vielleicht sind es für euch eher 20 oder 30 Minuten. Dass kann mal nur durch ausprobieren herausfinden. Für mich funktionieren 15 Minuten sehr gut, weil die Zeit so kurz ist, dass sie selbst meinem inneren Schweinehund nicht weh tut. Und wenn der erst einmal vom Sofa runter ist, fällt es ihm meistens auch nicht schwer, einfach weiter zu machen.

To-Do-Listen

Wie schon erwähnt, kann ich nicht gut mit einem komplett durchgetakteten Terminkalender arbeiten. Dazu bin ich zu sehr kreativer Chaot, obwohl ich gerne plane und es in manchen Situationen auch nicht anders möglich ist. Aber ich versuche bei meiner Planung und Arbeit eher auf meine Intuition zu hören und mich nicht künstlich zu sehr einzuengen. Darum bin ich dazu übergegangen, alle Aufgaben, die in nächster Zeit anstehen, in einer zentralen, handschriftlichen To-Do-Liste zu sammeln. Täglich ziehe ich dann einige wenige Aufgaben heraus, die ich am jeweiligen Tag erledigen will und schreibe diese auf eine kleinere Tages-To-Do-Liste. Das sind dann meistens nur so zwei bis drei wirklich relevante Sachen, die ich dann aber auch wirklich abarbeite und anschließend abhaken kann. Für mich funktioniert diese Mischung aus „Überblick für die nächste Zeit” und „überschaubarem Tageswerk” sehr gut. Und wenn die Aufgaben für den Tag erledigt sind, kann ich entscheiden, ob ich noch mehr mache oder frei habe.

Prioritäten setzen und die eigene Zeit bewusst machen

Das mit den To-Do-Listen kann in dieser Form nur funktionieren, wenn einem die eigenen Prioritäten sehr klar sind. Sonst verliert man sich schnell in langen Listen mit Kleinkram. Prioritäten zu setzen fällt jedoch manchmal nicht leicht. Dabei ist es hilfreich sich zu fragen: Was ist dringend? Was erfordert viel Zeit? Was lässt sich schnell erledigen? Was kann ich vielleicht später machen oder auch ganz lassen? Was kann vielleicht auch jemand anderes für mich erledigen? Und was ist vielleicht nicht dringend, hat keine Deadline, aber es ist mir persönlich ganz wichtig? 

Es ist wichtig sich mit seinen Prioritäten auseinander zu setzen. Denn vielfach hetzen wir in unserm Alltag stumpf irgendwelchen Deadlines hinterher, ohne uns bewusst zu machen, dass wir eine Wahl haben, ob und welche Dinge wir erledigen. Ich tappe selbst immer wieder in die Falle, scheinbar keine Zeit für die Dinge zu haben, die mir wichtig sind. Aber ich werde stetig besser darin, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Ein inspirierender Vortrag, den ich hierzu gesehen habe, stammt von Laura Vanderkam, die einem bewusst vor Augen führt: Die Woche hat 168 Stunden. Das ist verdammt viel Zeit, die jeder von uns zur Verfügung hat, es kommt nur darauf an, diese vernünftig zu nutzen. Ein zweiter, ebenfalls sehenswerter Vortrag stammt von Rory Vaden. Er enthält ebenfalls Tipps dazu, wie man leichter Prioritäten setzen kann. 

Pausen machen

Bei allem Streben nach Produktivität und Disziplin: Es ist wichtig Pausen zu machen. Wirklich! Es ist weder möglich noch sinnvoll den ganzen Tag ohne Pause durchzupowern. Der Köper und vor allem der Kopf brauchen Erholung, um gut zu arbeiten. Also nehmt euch immer wieder kurze Pausen, um durchzuatmen. Und macht vernünftige Mittagspausen. Also ausreichend lange und vor allem: Weg mit euch vom Schreibtisch! Lieber eine Runde an der frischen Luft bewegen, etwas Gesundes essen und sich mit den Kollegen unterhalten – und zwar besser über den nächsten Urlaub als über das nächste Meeting! Wenn ich zu Hause arbeite, nutze ich die Mittagspause auch gerne mal für ein kurzes Nickerchen oder meditiere. Egal was ihr macht, wichtig ist Erholung. Dann könnt ihr danach auch wieder mit frischer Energie weiterarbeiten.

Den eigenen Weg finden

Auch ich habe noch nicht die eine, einzig wahre Methode gefunden, um meinem inneren Schweinehund ein für alle Mal Lebewohl zu sagen. Aber ich lerne stetig dazu und mir werden zunehmend diejenigen Punkte bewusst, an denen es bei mir häufig hakt. Dadurch kann ich gezielt daran arbeiten, diese abzustellen. Was ich beschrieben habe, sind natürlich meine persönlichen Erfahrungen. Was für mich funktioniert, muss für andere nicht zwangsweise auch gelten. Letztendlich muss jeder für sich selbst Wege finden, wie der Tag, die Woche und die eigene Arbeit am besten gestaltet werden können. Also bitte: Versteht die oben stehenden Tipps als Angebot und Anregung, nicht als Patentrezept. Viel Spaß beim Ausprobieren!

Mehr bei EDITION F 

Wie du endlich aufhören kannst, alles aufzuschieben. Weiterlesen

Wieso wir Dinge aufschieben und wieso das gut ist. Weiterlesen

Home Office – aber richtig: 15 Tipps für einen wirklich produktiven Tag. Weiterlesen

Anzeige