Ein Film, der ganz Hollywood verzaubert und zum Träumen einlädt: La La Land. Ein Teil der Magie ist eindeutig den wunderschönen Kostümen von Mary Zophres zu verdanken. Im Interview hat uns die Kostümdesignerin verraten, wie ihr das gelungen ist.
„Here’s to the ones who dream“
La La Land – schon der Titel klingt wie eine Einladung in ein Land voller Farben, Musik und Träume. Und genau darum geht es auch in diesem Meisterwerk von Film, das bereits am vergangenen Wochenende durch die Prämierung mit sieben Golden Globes Rekorde gebrochen hat. Die bittersüße Romanze handelt von den vielen Verheißungen der Stadt Los Angeles. Einer Stadt, die seit Jahrzehnten Menschen anlockt zu träumen, sich selbst zu verwirklichen. Einer Stadt, die aufgrund des unwirklichen Showbusinesses unter Palmen und dem ewigem Sommerwetter den Kosenamen „La La Land“ erhalten hat.
Für Damien Chazelle, den erst 31-Jährige Regisseur, war der Film „Whiplash“, der unter anderem vier Oscars erhalten hat, nur das Warm-Up. Denn mit seinem dritten Film La La Land hat er es geschafft, ganz Hollywood nachhaltig zu verzaubern.
Im Film stolpern sich zum dritten Mal in ihrer Karriere Emma Stone und Ryan Gosling über den Weg. Dass sie ein Traum-Paar ergeben, wissen wir spätestens seit „Crazy Stupid Love“. Gemeinsam tanzen sie diesmal als Mia und Sebastian durch die Entertainment-Metropole und versuchen dabei, sich und ihre Träume zu verwirklichen. Ein Träumerpärchen, könnte man sagen.
„A movie where when people have emotions, they sing about it and they dance about it.“
Eine Frau, die hier außergewöhnlich gute Arbeit geleistet hat, ist Mary Zophres. Der Name ist hierzulande wohl den Wenigsten bekannt. Sie ist eine der erfolgreichsten Kostümdesignerinnen unserer Zeit. Sie begann ihre Karriere Ende der 1980er Jahre und bekam 1996 mit „Fargo“, einem Film der Coen-Brüder, ihre erste Chance, die Hauptverantwortung für das Kostümdesign zu übernehmen. Seitdem hat sie das Kostümdesign bei elf Filmen der Brüder gemacht, darunter „Burn After Reading“ und zuletzt „Hail, Caesar!“. Ihre Kostüme in „True Grit“ waren im Jahr 2011 für den Oscar nominiert. Im Interview verriet uns die Hollywood-Größe, welche Herausforderungen die Arbeit an La La Land mit sich brachten und was für sie die größte Gefährdung der Filmindustrie ist.
Wie bereitet man sich auf einen Film wie diesen vor?
„Damien Chazelle hat all seine Ideen mit uns geteilt und wir als Abteilung waren in der Lage sie zu realisieren. Und er war auch sehr offen für neue Ideen! Er wollte einen Film machen, der eine moderne Version eines MGM Musicals ist. Einen Film, in dem die Leute ihre Emotionen durch Gesang und Tanz ausdrücken. Zwar sollte der Film an sich modern sein, doch sollte das Gefühl eines älteren Films vermittelt werden.
Wir hatten ein Meeting, in dem wir das Skript Seite für Seite, Szene für Szene durchgegangen sind und nach Wegen gesucht haben, genau dieses Gefühl zu kreieren. Außerdem haben wir uns viele Filme angeschaut. An drei Filmen des französischen Filmemachers Jacques Demy haben wir uns ganz besonders orientiert: ,The Umbrellas of Cherbourg‘, ,The Young Girls of Rochefort‘ und ,Lola‘, obwohl das ein Schwarz-Weiß-Film ist. Wir haben die Filme studiert und oft geschaut. Dabei haben wir gelernt, dass die Art und Weise wie Farbe in diesen Filmen eingesetzt wird, genauso choreographiert wird wie die Tänze. Also haben wir das auch getan. Wir haben miteinander kollaboriert, einen Plan gemacht. Wir haben eine Farbpalette festgelegt und abgesprochen, wo und wie wir sie einsetzen. Also an welchen Stellen wir die Farben stark einsetzen und an welchen wir das Bild entsättigen und Farben rausnehmen. Und dann haben wir besprochen, dass all die Farbe wieder reinkommt.“
Sind die Vorbereitungen immer so kollaborativ und intensiv?
„Nein. Diese Art von detaillierter Diskussion darüber, wie der Film zustande kommt, hatte ich noch nie zuvor. Und ich glaube das ist der Grund, weshalb die Bilder im Film so gut zusammenkommen! Wir hatten trotzdem eine recht zügige Vorbereitung. Es kam alles ziemlich schnell und – wie ich denke – sehr erfolgreich zusammen. Das war für mich eine Neuerung, aber sonst habe ich alles gemacht wie immer.“
Und wie hat Lola, als Schwarz Weiß Film, für einen doch so farbenfrohen Film als Inspiration gedient?
„Lola hat sehr geholfen, um das Gefühl dahinter zu kreieren. Die Stimmung. Außerdem war der Protagonist in dem Film, Roland Cassard, wohl der Grund, warum ich Ryan Gosling so eingekleidet habe, wie ich es getan habe.“
„Damien hat eine sehr sentimentale Einstellung zu weiblicher Schönheit. Er sieht etwa die Anmut im Nacken und muss keine Brust sehen.“
Obwohl der Film so intensiv farbenfroh ist, wirkt er nie chaotisch oder unkontrolliert. Gab es eine Szene, in der es besonders schwer war, all die Farben zu koordinieren?
„Nein, die gab es tatsächlich nicht. Entscheidend war, dass wir die Farben immer kontrolliert eingesetzt haben. Ich habe all diese Technicolor-Filme studiert und auch viele andere alte Filme angeschaut, als ich mich auf ,Hail, Caesar!‘ vorbereitet habe. Für mich waren die besten Filme diejenigen, in denen man zwar offensichtlich die jugendliche Begeisterung für die frisch gewonnene Farbfilmtechnik spürt, in denen aber trotzdem spezifische Palletten gewählt wurden. Es gab nicht einfach eine Explosion aus jeder Farbe des Universums, sondern es wurden bestimmte Farben ausgewählt und diese wiederholt. Und das haben wir auch getan. Ich habe sie innerhalb einer Szene wiederholt, sodass eine etwas kontrolliertere Version von Technicolor entstand.
Was allerdings eine Schwierigkeit darstellte war, dass manche Choreographien noch nachträglich verändert wurden. Aber im Grunde war es fantastisch, weil Mandy Moore, die Choreographin, und ich unsere Arbeit komplett aufeinander abstimmten. Wir haben darüber gesprochen, welche Person welche Farbe tragen würde und wo sie dann tanzen würden.“
Hast du eine Lieblingsszene?
„Meine Lieblingsszene ist der Epilog, in dem Ryan und Emma durch die gemalten Szenen von Paris und durch diese sternenklare Nacht laufen. Wahrscheinlich ist es meine Lieblingsszene, weil es mein Lieblingskleid ist. Ich muss jedes Mal weinen, wenn ich die Szene sehe.“
Es wird immer wieder berichtet, dass Sexismus ein großes Problem in Hollywood ist. Wie erlebst du es, eine Frau am Set zu sein?
„Ich muss sagen, dass ich recht ,ballsy‘ bin, also recht draufgängerisch. Außerdem arbeite ich in einem Bereich der überwiegend weiblich besetzt ist. Ich habe mir meinen Beruf natürlich nicht deswegen ausgesucht, sondern wegen meines persönlichen Hintergrunds und vielen anderen Dingen in meinem Leben. Daher habe ich davon nicht so viel mitbekommen wie andere – ich glaube, dass Schauspielerinnen da viel mehr aushalten müssen. Außerdem stehe ich sehr für mich selbst ein. Vielleicht habe ich auch deswegen sexuelle Diskriminierung selbst noch nicht erlebt, wer weiß. Aber nur weil ich Sexismus und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz nicht erfahre, sage ich natürlich nicht, dass sie nicht existiert. Es ist nur für mich persönlich noch nie zum Problem geworden.“
„Ich liebe meinen Job, aber ich glaube, dass ich eher etwas ganz anderes machen würde, als eine ganze Stange von Mädchen in nuttigen Outfits einzukleiden.“
Haben die sexistischen Stereotypen denn schon mal deine Designs beeinflusst?
„Ja, das ist aber eine Weile her. Und ich habe mit diesem Produzenten nie wieder gearbeitet. Normalerweise wähle ich diese Filme einfach nicht aus. Man kann das häufig schon aus dem Skript herauslesen. Das ist für mich einfach nicht besonders interessant und ich habe das große Glück, diese Art von Filmen nicht machen zu müssen. Das war so erfrischend an Damien: er hat nie nach mehr Dekolleté oder mehr Bein gefragt. Er hat eine sehr sentimentale Einstellung zu weiblicher Schönheit. Er sieht etwa die Anmut im Nacken und muss keine Brust sehen. Das war super. Bei den Cohen-Brüdern ist das ähnlich. Es ist nicht so, als würde ich ausschließlich mit diesen beiden arbeiten. Doch mit dem Produzenten, der ein sehr provokatives Frauenbild erzeugen und immer noch mehr Haut sehen wollte, habe ich entschieden nie wieder gearbeitet.“
Diese Freiheit ist ein enormes Privileg, oder?
„Ja, da habe ich viel Glück! Ich versuche einfach mein Leben zu leben, ich bin nicht besonders extravagant. Ich versuche so zu leben, dass ich es mir auch mal leisten kann, nicht zu arbeiten. Es kann gut sein, dass ich dieses Glück nicht immer haben werde. Ich liebe meinen Job, aber ich glaube, dass ich eher etwas ganz anderes machen würde, als eine ganze Stange von Mädchen in nuttigen Outfits einzukleiden. Das ist nicht mein Ding.“
Wie erlebst du denn die moderne Filmindustrie momentan?
„Ich wünschte, dass mehr Filme wie La La Land gemacht würden. Dadurch, dass die Technologien sich so schnell entwickeln und zunehmend mehr Menschen Filme auf ihren Smartphones gucken stehen wir kurz davor, dass Filme als Kunstform verloren gehen. Ich sehe das an der Qualität der Skripts, die ich von Autoren erhalte. La La Land war super aufregend, eine Ausnahme. Denn die Meisten sind einfach zu flach, langweilig und wenig anspruchsvoll. Kunstlos. Ich glaube, dass hier das größte Problem liegt. Ich bin sehr begünstigt, an diesem Projekt arbeiten zu dürfen und auch, dass ich für die Cohen-Brüder designen darf.“
Was liebst du besonders an deinem Job?
„Ich liebe die gemeinschaftliche, kollaborative Natur. Und ich liebe es, etwas von einer Seite zu nehmen und diese Charaktere, diese Visionen eines Skriptes, zum Leben zu erwecken. Das ist ein unheimlich erfüllender Prozess und gerade diesmal war es fantastisch. Ja, das ist wirklich mein liebster Part an dem Beruf.“
„It means a lot to me that you loved the movie!”
Mit diesen Worten endete unser Interview und es stimmt: mich, die sogar „Titanic“ kalt gelassen hat, hat dieser Film zu echten, nassen Tränen gerührt. Am Donnerstag, den 12. Januar 2017 kommt La La Land auch in Deutschland in die Kinos.
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