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Vor unseren Problemen davonzurennen bringt nichts – wir müssen lernen, was dahinter steckt

Das Gefühl, dass einem alles über den Kopf wächst, kennen viele nur zu gut. Irgendwann will man dann nur noch weg. Aber ist Davonlaufen wirklich die einzige Lösung?

 

Wenn alles zu viel wird 

Bing – der Wecker klingelt! Schnell anziehen, nur einen Schluck Kaffee und schnell, ab zur Arbeit. Frühstück wird überbewertet. Gerade noch rechtzeitig im Büro angekommen, geht es gleich mit den Anforderungen und To-dos des heutigen Tages los. Wie selbstverständlich forderst du Körper und Geist auf, zu funktionieren und abzuliefern. Für Pausen gibt’ keine Zeit: Schaffen, Schaffen, Schaffen! 

Die Energiereserven des Tages gehen spürbar zur Neige und die Leistung lässt nach. Doch du machst vermeintlich munter weiter. Oftmals mit dem Resultat, dass du am Ende des Tages, das Gefühl hast, gar nichts geschafft zu haben? Dann meldet sich der innere Kritiker: So geht’s ja nicht! Du bist viel zu langsam, zu unproduktiv, zu ernst, zu nett, zu abgelenkt, zu schlecht …

Also versuchst du das Ganze aufzuholen: „Wenn ich länger bleibe oder morgen früher komme, dann schaffe ich es vielleicht.“ Also mit schlechtem Gewissen ab nach Hause, dort entlädst du dich dann bei der ersten Gelegenheit, dann herrscht dicke Luft! Das machst du Wochen, Monate oder gar Jahre und die Spirale zieht immer weiter nach unten, bis du erschöpft zusammenbrichst: „Ich kann nicht mehr! Holt mich hier raus!“ 

Da hilft nur noch eins: abhauen

Natürlich werden die Angst, das alles nicht zu schaffen, und der Druck immer größer. Alles fällt dir schwer. Die Vergangenheit will man tunlichst vermeiden und die Gegenwart präsentiert sich als absolute Hölle. Die Angst treibt Dich immer weiter in die Enge. Jeder Tag gleicht dem anderen. Der Sinn zeigt sich nicht. Und dann ruft plötzlich in der Ferne die ersehnte Lösung. Du machst dich endlich mit dem Gedanken vertraut, dass du hier raus musst. Doch anstatt etwas an deinem Verhalten zu ändern, ergreifst du die Flucht und rennst vermeintlich vor dem Problem, aber leider eben eher mit dem Problem weg. 

Der Verstand findet zahlreiche plausible Begründungen, das Gefühl sagt: Endlich RUHE. Der Körper ist müde. Also trennst du dich vom Partner, Job oder was auch immer der scheinbare Auslöser gewesen ist. 

Viele von uns neigen zu solch einem Verhalten. Doch der Schein trügt, denn dadurch beseitigen wir nur kurzfristig das Symptom, nicht die Ursache. Damit will ich nicht sagen, dass es nicht lohnt, im Leben neue Wege zu gehen. Unbedingt sogar! Aber Du solltest wissen, warum du es tust. Und welche Absicht du damit verfolgst. Reagierst du aus einem Mangel heraus, irrst du planlos herum und bist nur noch damit beschäftigt, aus dem Weg zu räumen? Dann rutscht du letztlich immer wieder in das selbe Muster, aber denkst: „Was für ein Pech! Schon wieder! Warum immer ich? Ich ziehe die Probleme auch magisch an. Nochmal schaffe ich das nicht!” Und so weiter…

Selbstreflexion ist angesagt 

Wenn du dein Verhalten so reflektiert, fällt dir vielleicht etwas auf? Es liegt nicht am viel beschworenen Schicksal. Im Gegenteil! Die Dinge, die dir „zustoßen” machen dir nur immer wieder deutlich, dass DU an DIR etwas ändern musst! Und zwar etwas Grundlegendes, ansonsten verändern die Dinge dich.

Also gehen wir nochmal zurück: Warum lassen wir es überhaupt soweit kommen? Ich liebe Analogien. Wieso fahren wir das Auto, solange bis der Tank leer ist? Wieso ignorieren wir die Tankleuchte, die uns bittet aufzutanken? Wieso denken wir: „Geht schon noch …”, oder „Tanken ist Zeitverschwendung”, wenn wir dann plötzlich und ganz „unerwartet” stehen bleiben, aber schimpfen wir? Wir ärgern uns dann tatsächlich über den zu kleinen Tank, das Auto, die fehlende Tankstelle, was auch immer, statt vorher bewusst auf die Zeichen zu achten und die Katastrophe damit zu verhindern. Wenn wir nicht tanken, fehlt uns der Kraftstoff, um weiterzufahren. Das ist eigentlich ganz logisch. Da hilft es nicht auf die äußeren Umstände zu schimpfen oder gar das Auto zu wechsel – nein, das einzige, das hilft: tanken.

Und täglich grüßt das Murmeltier 

Überprüfe dich also selbst! Meistens schleicht sich die Erschöpfung doch langsam ein und wir ignorieren die ersten Anzeichen. Zeichen, die uns auf etwas aufmerksam machen möchten. Wir sollen hinschauen! Aber stattdessen gucken wir weg und machen weiter. Wir packen uns immer voller und lenken uns mit Arbeit ab. Nach außen hin ist alles supi. Man hilft gern hier und kümmert sich – alles gar kein Problem. Jede Ablenkung ist herzlich willkommen. Doch merken wir dabei nicht, dass wir uns selbst vernachlässigen und wichtige Zeichen missachten. 

Langsam schleichen sich dann auch Konflikte in unserem Umfeld ein. Die Stimmung ist gereizt, der Körper verspannt, der Geist überfordert. Vorwürfe machen sich breit: „Muss ich denn alles selber machen?!“, oder „Bin ich denn hier die einzige Person, die mitdenkt?!“ Oft weiß das Umfeld aber gar nicht, was los ist und wie es darauf reagieren soll. Meist kommt es zu Streitereien. Erschöpft von dem Tag betäubt man sich dann oftmals mit der scheinbar hart verdienten Belohnung in Form von Wein, Essen oder irgendeiner vergleichbaren Sucht. Endlich im Bett angekommen quälen einen dann die Gedanken, bis man viel zu spät einschläft. Nicht wirklich erholt, grüßt dann täglich das Murmeltier und man steht viel zu spät auf, um erneut den Kampf anzutreten. Das alles wiederholen wir dann, bis der Tank leer ist.

Sei gut zu dir 

Aber das muss nicht sein, Lass es also nicht soweit kommen. Wenn du wirklich da raus willst, dann renn nicht weg, sondern ändere etwas. Fang an, bewusster und achtsamer mit dir umzugehen. Komm raus aus der Spirale des Aktionismus. Achte auf die Signale deines Körpers, denn der ist sehr schlau und weiß genau, was du brauchst. Gib ihm den nötigen Kraftstoff. Mache Pausen, damit der Kopf frei wird. Gehe in die Natur, um durchzuatmen. Bewege dich! Finde dein Gleichgewicht wieder. Du kannst dir nicht andauernd alles abverlangen und funktionieren, ohne dir auch mal etwas zurückzugeben. Alles ist eine Frage der Balance. Sei nicht so hart zu dir selbst und zu anderen. Sorge für dein eigenes Gleichgewicht, damit der Tank wieder voll ist und du deine Kraft voll ausschöpfen kannst. Und fang am besten JETZT damit an.

Dieser Beitrag ist zuerst auf Vanessas Blog erschienen. Wir freuen uns, dass sie ihn auch hier veröffentlicht. 


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