Foto: Barbara Seng

Klar geht das: Unternehmerinnen erzählen von ihrem Alltag mit Kind – Teil 2

Mutter und selbstständig: Welche Herausforderungen warten hier, wie plant man eine Schwangerschaft und ist das überhaupt notwendig? Genau das haben wir Unternehmerinnen gefragt, die uns aus ihrem Leben als (werdende) Mama erzählt haben – hier kommt Part 2 mit fünf weiteren tollen Frauen.

 

Mama werden und Unternehmerin bleiben – so geht’s

Seine eigene Chefin zu sein, hat viele Vorteile, wenn man Mutter wird – aber  mit der Doppelrolle ergeben sich auch einige Herausforderungen. Doch mit einem guten Plan lässt auch das sich regeln. Welchen sie für sich aufgestellt haben, wie sie sich mit ihrem Partner die Kinderbetreuung aufteilen und wo Hürden auftauchten, die sie vielleicht erstmal gar nicht vermutet hatten, das haben uns fünf tolle Frauen für unseren zweiten Teil der Serie erzählt. 

Dieses Mal mit dabei sind die Fotografin Kirsten Becken, die ein einjähriges Kind hat, Laura Sophie Dornheim, die mittlerweile fest angestellt ist und gerade Mutter wurde, sowie Jessica Weiß, Gründerin von Journelles und Jouur, und die Schmuckdesignerin Leonie Eberlin, Gründerin von Leo Mathild, die beide demnächst ihr erstes Kind bekommen werden.

Kirsten Becken, selbstständige Fotografin

Bild: Barbara Seng

Hast du in der Schwangerschaft bereits Pläne gemacht, die
Veränderungen deiner Arbeitsläufe betreffen?

„Als Fotografin arbeite ich selbstbestimmt und meine Jobs sind recht gut planbar. Es gibt genügend Spielraum und wenn man flexibel im Kopf bleibt, geht sehr viel mehr als man denkt. Während meiner Schwangerschaft habe ich mir kaum Sorgen gemacht und auch beim Thema Geburt auf Mutter Natur vertraut. Es war eine wunderbare Zeit für mich und meinen Körper! Sorgen macht man sich natürlich immer und meine ersten Jobs – in diesem Fall Hochzeiten – habe ich in einem Sicherheitsabstand von drei Monaten terminiert. Tom kam Ende Mai und im August startete ich mit den ersten Aufträgen. Ich habe den Verdacht, dass vieles mit Mut zu tun hat und damit, die Blicke der anderen auszuhalten und einfach sein Ding zu machen. Als Mutter machst du es so, wie es zu dir passt.“

Hast du dir eine Auszeit genommen? Wie wird dein/euer Kind nun betreut?

„Ich habe mir gesagt, dass ich im Kopf genug Platz für mein Kind haben möchte und eine warmherzige Mutter sein will. Einen Plan gab es aber nie. Ich wollte alles auf mich und meinen Mann zukommen lassen. Weil ich meine Arbeit sehr liebe hatte ich Bedenken, wie es ist mit Kind und wie Arbeit und Mutterliebe kollidieren. Natürlich habe ich mich die meiste Zeit um mein Baby gekümmert, zehn Monate gestillt und Baby-Dates gemacht, aber die Arbeit war mir immer wichtig. Ich habe Tom von Anfang an mit ins Studio genommen und dort auch ‚Ladendienst‘ gemacht. Er war einfach immer dabei und hat auch überall geschlafen. Irgendwann ging das nicht mehr, als er anfing zu laufen, weil er zu
neugierig und eigensinnig wurde. Ab September hat er hier einen schönen Kita-Platz bekommen, da wir aber zurück in die Heimat ziehen, plane ich ein bisschen um.“

„Ich habe den Verdacht, dass vieles mit Mut zu tun hat und damit, die Blicke der anderen auszuhalten und einfach sein Ding zu machen.“

Hättest du gedacht, dass das Leben als arbeitende Mutter so ist, wie es nun ist – oder hättest du es dir anders vorgestellt?

„Bisher deckt sich meine Vorstellung mit dem, wie es für mich tatsächlich ist. Ich bin froh, dass sich mein Mann freinimmt, wenn ich Aufträge habe, die ich ohne Kind erledigen muss. Er hat mir sehr früh den Rücken freigehalten und mich unterstützt. Ich habe meinen Mann aber auch ganz bewusst früh viel machen lassen, damit eine innige Bindung entsteht. Ich finde es wichtig, dass Kinder zwei starke Bezugspersonen haben, wenn sie aufwachsen. Insbesondere weil unsere Eltern – wie es ja bei vielen der Fall ist – nicht um die Ecke wohnen,
wachsen Zeitnot und Alltagsstress. Ich wundere mich aber über die Vorstellungen, die immer noch herrschen, wenn es um die Rollenverteilung geht. Ich bin hier von einem Nachbarn schon Rabenmutter genannt worden, weil ich meinen Sohn in den ersten Monaten nicht im Schlepptau hatte und gerade meine Fotoausrüstung ins Auto einlud. Schön ist auch auf Abendveranstaltungen die erste Frage ‚und wo ist dein Kind?‘ – die wird merkwürdigerweise nur Frauen gestellt.“

Wo liegen Schwierigkeiten, mit denen du nicht gerechnet hast? Und was ist einfacher als gedacht?

„Man rechnet mit Schlafmangel und man malt sich ansatzweise aus, wie es ist, wenn man keinen Wecker mehr braucht, weil das Kind schon früher wach ist. Aber wie es dann tatsächlich ist, fühlt sich anders an. Wesentlich anstrengender als gedacht! Ich bin fasziniert von der Leistung, die Eltern bringen und habe Respekt vor der Disziplin und dem Fokus auf das Kind. Ich brauche meine Arbeit, um einen Ausgleich zu finden und bin sehr dankbar, dass ich dieses freiere Modell nutzen kann.“

Wirst du von allen als Unternehmerin noch genauso ernst genommen wie zuvor?

„Ich habe nicht das Gefühl, weniger ernst genommen zu werden. Im Gegenteil! Man wächst durch die Mutterrolle in eine neue Verantwortlichkeit hinein und bestimmt deutlicher, was mit der wenigen Zeit passiert, die man zur Verfügung hat. Natürlich gibt es auch Kunden, die sich einmischen und zum Beispiel nicht klar sagen, was sie meinen. Es gab den Fall, dass ein Verlagshaus eine Volontärin zur Fotoproduktion mitgeschickt hat, weil sie im Vorfeld wussten, dass ich mein Baby dabei habe. Sie hat sich im Nachhinein am Tag der Produktion verplappert und ihr rutschte heraus, dass sie zum Babysitten eingeplant war und nicht um zu sehen, wie so ein Shooting abläuft. Da musste ich schmunzeln. Oft ist die Unsicherheit der anderen das Problem.“

Jessica Weiß, Founder Journelles und Jouur

Bild: Jessica Weiß | Instagram

Wie hast du deine Elternzeit geplant? Gibt es eine Vertretung, während du nicht da bist und/oder strukturelle Änderungen im Team?

„Meine Elternzeit habe ich noch nicht wirklich geplant. Wir haben noch knapp drei Monate bis zur Geburt und ich kann irgendwie nicht weiter denken als bis zum Tag der Geburt, da sich alles noch so neu und unrealistisch anfühlt. Allerdings plane ich gerade die strukturelle Änderung des Team-Aufbaus und werde ab Herbst Festanstellungen für die Redaktionsleitung – sowie assistenz einführen, um flexibler agieren zu können und das Wochenbett ohne Laptop zu wuppen. Das ist ein großer Schritt für Journelles, da ich bisher nur mit Freelancern arbeite.“

„Seine Flexibilität ist ein Glücksfall und ich weiß, dass er mir langfristig den Rücken freihalten kann, damit ich mein Unternehmen weiter führen kann.“

Wie hast du dich mit deinem Partner bezüglich der Kinderbetreuung besprochen?

„Mein Mann ist selbstständig und es sieht ganz danach aus, als ob er 50 oder sogar mehr als 50 Prozent übernehmen wird. Seine Flexibilität ist ein Glücksfall und ich weiß, dass er mir langfristig den Rücken freihalten kann, damit ich mein Unternehmen weiter führen kann. Die neuen Festanstellungen dienen vorsorglich aber auch dem Fall, ernsthaft Elternzeit zu nehmen – und sei es in Teilzeit. Da ich Gründerin bin, kann ich mir nur schwer vorstellen, langfristig aus dem Daily Business auszusteigen.“ 

Wie werdet ihr das Kind betreuen lassen? Wirst du dein Umfeld einbinden, um Job und Mutterschaft unter einen Hut zu bekommen?

„Wir planen alles selbst zu machen, bis das Kind in die Kita geht. Wir kriegen ja keine Drillinge und das haben schon Millionen andere vor uns gewuppt.“

Hast du im Business-Kontext mit dummen Sprüchen zu kämpfen? Wirst du von allen als Unternehmerin noch genauso ernst genommen wie zuvor oder hast du manchmal das Gefühl, „raus“ zu sein?

„Bislang kam noch gar nichts, mal abgesehen von guten Ratschlägen, wie man mit der neuen Situationen umgehen soll. ‚Raus‘ fühle ich mich auch noch nicht, da ich weiterhin Vollzeit arbeite. Mal abwarten, wie es ist, wenn das Kind da ist.“

Worauf freust du dich und was bereitet dir vielleicht Sorge, wenn du auf die Zeit nach der Geburt und den Wiedereinstieg in den Job blickst?

„Ich freue mich auf alles, was kommt, und habe keinerlei Sorgen. Das liegt an meinem Mann, denn der ist hoffnungsloser Optimist – mir schon jetzt den Kopf über Eventualitäten zu zerbrechen, wäre Quatsch. Ich warte erst mal das Kennenlernen mit dem kleinen Zwerg ab und dann schauen wir weiter.“

Leonie Eberlin, Founder Leo Mathild Collection

Bild: C. Hasselbusch

„Auch meine Mutter war früher selbstständig und zudem sogar alleinerziehend. Wir haben nie darunter gelitten, dass sie viel gearbeitet hat, denn wir waren meistens in ihrer Nähe.“

Wie hast du deine Elternzeit geplant? Gibt es eine Vertretung, während du nicht da bist und/oder strukturelle Änderungen im Team?

„Ich plane nur einen Monat zuhause zu sein, dann kommt meine Tochter mit ins Office. Natürlich arbeite ich anfangs etwas weniger oder auch mal von unserem Arbeitszimmer zuhause. Im Leo Mathild-Atelier arbeitet auch meine Mutter, zusätzlich haben wir eine Nanny, die täglich fünf Stunden ins Büro kommt, um mit der Kleinen spazieren zu gehen, wenn sie eingeschlafen ist, und mir mit anderen Dingen zu helfen. Wenn mein Kind anfängt, aktiver zu werden und zu krabbeln, ist die Unterstützung natürlich sehr wichtig für mich. Auch meine Mutter war früher selbständig und zudem sogar alleinerziehend. Wir haben nie darunter gelitten, dass sie viel gearbeitet hat, denn wir waren meistens in ihrer Nähe.“

Wie hast du dich mit deinem Partner bezüglich der Kinderbetreuung besprochen?

„Mein Partner ist ebenfalls selbstständig, doch sein Büro ist deutlich größer und lauter. Leo Mathild ist mittlerweile ein Familienbetrieb. Oma, Mama, Nanny und zudem noch lauter kinderverrückte Mädels! Hier bekommt man mehr Entertainment und Aufmerksamkeit tagsüber. Mit einem Jahr geht meine Tochter dann bis mittags in die Kita, jedoch nur für ein paar Stunden. Ab dann wird auch ihr Papa an manchen Tagen früher aus dem Büro fahren, um sie abzuholen.“

Wie werdet ihr das Kind betreuen lassen? Wirst du dein Umfeld einbinden, um Job und Mutterschaft unter einen Hut zu bekommen?

„Ich denke, wenn deine eigene Mutter hinter dir steht, dann ist schon viel gewonnen. Meine Mutter und ich arbeiten zusammen, meine Tochter wird ihre Oma fast jeden Tag sehen. Auch die Nanny ist notwendig, in diesen fünf Stunden muss ich mich, so gut es geht, der Arbeit widmen. Mein Partner ist dann sozusagen noch mein Joker, wenn ich einen Termin habe, der sehr wichtig ist, kann er sich durch seine Selbstständigkeit auch mal für zwei Stunden in seinem Büro ausklinken, wenn mir an diesem Tag sonst niemand unter die Arme greifen kann.“

Wirst du von allen als Unternehmerin noch genauso ernst genommen, wie zuvor oder hast du manchmal das Gefühl, „raus“ zu sein?

„Überhaupt gar nicht. In zwei Monaten kommt mein Kind zur Welt und ich arbeite momentan noch genauso viel wie zuvor. Meine Kunden sind super begeistert von der Kugel und die etwas klumpigen Füße bekommt man schnell verziehen. Man ist eben nur ein Mensch! Selten wurde ich gefragt, ob ich es richtig finde, meine Zeit zwischen Arbeit und Baby teilen zu müssen und ob es nicht besser wäre, eine Auszeit zu nehmen. Wisst ihr, ich werde alles geben, um eine tolle Mutter zu sein, aber ich trage auch die Verantwortung für meine Mitarbeiter und mein Unternehmen. Und das beides ist absolut okay so.“

Worauf freust du dich und was bereitet dir vielleicht Sorge, wenn du auf die Zeit nach der Geburt und den Wiedereinstieg in den Job blickst?

„Manchmal macht man sich Gedanken, alles unter einen Hut zu bekommen, denn es ist schon interessant zu sehen, wie unterschiedlich die Kommentare zum Eltern werden sind. Einige sagen: ‚Genieß deine letzten Wochen Ruhe und Schlaf, das wird die anstrengendste Zeit in deinem Leben und niemals packst du es, Arbeit und Kind unter einen Hut zu bekommen.‘ Andere Mütter wie zum Beispiel meine Frauenärztin erzählen mir, dass sie im ersten Lebensjahr ihres Sohnes ihre Doktorarbeit auf dem Teppich geschrieben hat, während er auf einer Decke daneben lag. Mit mittlerweile drei Schulkindern läuft ihre eigene Praxis trotzdem gut. Auch mein Lebenspartner sagt: ‚Die meisten Leute, die dein Arbeitspensum einen Monat lang durchhalten müssten, wären total überfordert. Für dich ist es aber ganz normal, im Gegenteil – dir macht die Arbeit so viel Spaß. Mit dem Kinderbekommen ist es genauso, es gibt eben Frauen, denen ohne Arbeit ein Kind reicht und dann gibt es diese, die beides schaffen, womöglich oft erschöpft, aber glücklich sind. Natürlich wird es anstrengend, aber für uns ist das ja wohl nichts Neues!‘ Ich finde mein Partner hat absolut Recht.“

Lea-Sophie Cramer, Co-Founder Amorelie

Bild: Amorelie

Wie habt ihr die Betreuung eures Kindes organisiert (Kita/Nanny etc.), und wie teilt ihr euch untereinander auf?

„Inzwischen ist unser Sohn in der Kita und die ersten drei Monate bin ich mit ihm Zuhause geblieben. In dieser Anfangszeit hat mein wundervoller Mitgründer, Sebastian, unser Unternehmen allein gestemmt. Danach haben mein Sohn und unser Au-pair mich zur Arbeit begleitet, wir sind täglich zu dritt losgezogen (lacht). Das Büro von Sebastian und mir wurde zum Arbeits­- und Kinderzimmer umfunktioniert und durch die Hilfe des Au-pairs hatte ich die Möglichkeit, Meetings wahrzunehmen und auch für mein Team da zu sein.
Mein Lebenspartner reist aus beruflichen Gründen sehr viel, weshalb wir uns viel Unterstützung geholt haben, sodass wir beide auch weiterhin unseren beruflichen Wünschen nachgehen können. Meine Eltern sind in Berlin und unterstützen uns sehr. Meine Mutter ist eine unglaubliche Hilfe und hat ihren festen ‚Oma­-Kind‘- Tag pro Woche. Unser Au-pair lebt seit Januar bei uns und wir haben ein tolles Netzwerk an Babysittern. Seit ein paar Wochen ist unser Sohn zudem in der Kita, somit ist er jetzt schon bestens vernetzt und findet andere Menschen und Kinder toll und spannend. Auch wenn es einiger Anstrengung bedarf, alle Parteien zu organisieren, bin ich unfassbar dankbar, dass wir diese Möglichkeit haben und unser Sohn es genießt.“

„Ein Kind zu bekommen, ändert nichts an meiner Qualifikation, meiner Professionalität oder meiner Leidenschaft für meine Arbeit.“

Hättest du gedacht, dass das Leben als arbeitende Mutter so ist, wie es nun ist – oder hättest du es dir anders vorgestellt? 

„Ehrlicherweise waren meine Pläne zu meinem Erstaunen, trotz kompletter Unwissenheit, was da auf mich zukommt, ziemlich ‚spot­ on‘. Zum Beispiel stieß meine Idee, mein Kind mit ins Büro zu nehmen, bei einigen auf Widerspruch, oder zumindest glaubten einige, dass das nicht funktionieren kann. Ich muss sagen, dass es in meinem Fall die ideale Lösung war.

Was ich nicht auf dem Schirm hatte, waren die Nächte mit einem nicht schlafen wollenden Baby (lacht). Unser Kleiner ist weit davon entfernt, durchzuschlafen  – ich glaube, wir hatten bisher eine einzige Nacht und das ist wirklich sehr anstrengend. Das hatte ich nicht antizipiert. Nach mehreren Nächten mit drei Stunden Schlaf dann trotzdem pünktlich und glücklich ins Büro zu starten, kostete schon etwas Disziplin. Wenn mein Partner da ist, teilen wir uns die Nächte und im Wechsel darf jeder Mal durchschlafen, so tanken wir wieder etwas Energie.“

Wo liegen Schwierigkeiten, mit denen du nicht gerechnet hast? Und was ist einfacher als gedacht?

„Ich hatte zu Beginn ein wenig Bedenken, dass ich meinen Sohn mit ins Büro bringe. Denn kleine Kinder quengeln oder schreien nun mal von Zeit zu Zeit und ich hatte die Befürchtung, dass sich meine Mitarbeiter gestört fühlen könnten. Zum Glück war das aber gar nicht der Fall. Mein Sohn ist zumeist sehr zufrieden und ich hatte das Gefühl, dass sich alle sehr über den kleinen Zuwachs gefreut haben und somit über kurze, lautere Momente gern hinweggesehen haben.
Die Nächte und die damit einhergehende Müdigkeit hatte ich nicht antizipiert. Und ich hatte auch nicht vorhergesehen, wie oft kleine Kinder krank werden und dass dann immer ein Notfallplan greifen muss und ich als Mama natürlich gefragt bin, aber all das lernt man und man passt sich dem an.“

Hast du im Business­-Kontext mit dummen Sprüchen zu kämpfen (wenn ja, welche)? Wirst du als Unternehmerin noch genauso ernst genommen wie zuvor?

„Ich habe überhaupt keine schlechten Erfahrungen gemacht, weder in Form von blöden Sprüchen, noch hatte ich das Gefühl, weniger ernst genommen zu werden. Warum auch? Ja, ich bin Mutter und ja, da ändern sich die Prioritäten und man kann/will nicht mehr jede freie Minute im Büro verbringen. Aber das gilt aus meiner Sicht auch für Männer und es ist der schönste Grund der Welt. Ein Kind zu bekommen, ändert nichts an meiner Qualifikation, meiner Professionalität oder meiner Leidenschaft für meine Arbeit. Im Gegenteil, die meisten Leute haben Anerkennung für diese Situation übrig und sind froh zu sehen, dass es anscheinend doch ‚geht‘ und man sich selbst nicht aufgeben muss.“

Laura Sophie Dornheim: Selbstständige Unternehmenberaterin / angestellt bei Adblock Plus

Bild: Laura Sophie Dornheim

Wie hast du deine Elternzeit geplant? Gibt es eine Vertretung, während du nicht da bist und/oder strukturelle Änderungen im Team?

„Ich bin in einer doppelten Luxus-Situation: Als selbstständige Unternehmensberaterin kann ich meine Projekte ziemlich gut timen und habe schon zu Ende der Schwangerschaft weniger Aufträge angenommen. Zudem habe ich im fünften Monat noch eine neue feste Stelle angefangen, bei einem großartigen Arbeitgeber, der mich trotz meinem Neben-Projekt ‚Baby‘ unbedingt haben wollte. Die ersten drei Monate waren somit meine intensive Einarbeitungszeit, jetzt im Sommerloch kommt das bisherige Team gut ohne mich zurecht. Danach komme ich dann mit voller Power zurück – wenn auch erstmal in Teilzeit.“

Wie hast du dich mit deinem Partner bezüglich der Kinderbetreuung besprochen?

„Mein Partner hat schon seit Beginn der Schwangerschaft beschlossen, dass er gerade in den ersten zwei Jahren soviel Zeit wie möglich mit unserem Kind verbringen will. Er ist Wissenschaftler und muss sich zwar um seine akademische Karriere kümmern, aber in erster Linie wird er erstmal Papa und Hausmann sein. Ich bin superglücklich, dass er sich so auf diese Zeit freut und ich bald wieder zurück in den Job kann, denn meine Arbeit war für mich immer ein wichtiger und vor allem erfüllender Teil meines Lebens. Wir haben aber auch den Deal, dass wir nach zwei Jahren neu planen, wenn es dann gerade ein spannendes Angebot für meinen Partner gibt, hat er Priorität.“

Wie werdet ihr das Kind betreuen lassen? Wirst du dein Umfeld einbinden, um Job und Mutterschaft unter einen Hut zu bekommen?

„Unabhängig zu sein war und ist mir extrem wichtig. Freunde und Bekannte einzuspannen kommt für mich daher eher nicht in Frage. Und unsere Familien sind leider zu weit weg. Klar ist es großartig zu wissen, dass Freunde mit Kindern im Notfall da sind, aber die dauerhafte Betreuung werden wir mit Kita und bezahltem Babysitter organisieren. Momentan planen wir den Kitastart mit sechs Monaten, wenn es klappt in einer Kita mit angeschlossenem Coworking-Space, wo wir parallel an unseren Projekten arbeiten können. Ein Glück gibt es in Berlin annähernd genug Plätze. Meine Schwester lebt in München und die Kitaplatzsuche war bei beiden Kindern nervenaufreibend ohne Ende…“

„Mittlerweile ist das Baby da und das, was ich am schnellsten gelernt habe, ist, dass Babys auf Pläne scheißen.“

Hast du im Business-Kontext mit dummen Sprüchen zu kämpfen? Wirst du von allen als Unternehmerin noch genauso ernst genommen wie zuvor oder hast du manchmal das Gefühl, „raus“ zu sein?

„Mir ist aufgefallen, dass ich gerade in den ersten Monaten eigentlich niemandem, mit dem ich beruflich zu tun hatte – und mein Job macht den größten Teil meines Lebens aus – von meiner Schwangerschaft erzählen wollte. Dieses ‚abgestempelt werden‘ habe ich als fast unausweichlich vorausgesetzt. In der Realität war es dann ein bisschen besser, wenn auch sehr durchwachsen. Gerade bei Männern, die selbst schon Kinder haben, war ich oft überrascht, wie positiv und emphatisch die Reaktionen waren. Es hat sich manchmal angefühlt, als trete ich einem geheimen Club bei. Viele kleine wissende Kommentare von Männern, die sonst im Job wenig über ihr Familienleben reden. Bei manchen jüngeren Frauen hatte ich hingegen den Eindruck, sie können nur noch über Babys reden, sobald sie einen Bauch sehen. Und genau das wollte ich immer vermeiden. Denn in meinem Kopf waren und sind immer noch auch ziemlich viele andere Themen.

Die beste Bestätigung, dass ich trotz Bauch nicht raus bin, kam aber definitiv von meinem jetzigen Arbeitgeber. Als sie mich für den Job bei Adblock Plus ansprachen, wussten sie nichts von meiner Schwangerschaft. Als ich ihnen vor Vertragsabschluss davon erzählt habe, kamen in der Reihenfolge Gratulationen und dann sehr konstruktive Rückfragen zu meiner Planung. Insgesamt war es eher ein weiteres Detail in der Vertragsverhandlung als ein großes Thema oder gar Problem. Gerade wenn ich anderen Frauen und Müttern davon erzähle, sind die allermeisten total erstaunt, dass es solche Vorzeigeunternehmen wirklich gibt.“

Worauf freust du dich und was bereitet dir vielleicht Sorge, wenn du auf die Zeit nach der Geburt und den Wiedereinstieg in den Job blickst?

„Ich habe vor der Geburt nur drei Wochen Mutterschutz genommen und trotzdem habe ich mich gerade in den letzten Tagen furchtbar gelangweilt. Ein festes Wiedereinstiegsdatum zu haben war da sehr beruhigend. Zu wissen, es gibt spannende Projekte und fordernde Aufgaben, die auf mich warten. Ich glaube, ansonsten wäre ich schnell in einer kleinen Sinnkrise gelandet, denn ich habe mich nie als Vollzeit-Mama gesehen.

Mittlerweile ist das Baby da und das, was ich am schnellsten gelernt habe ist, dass Babys auf Pläne scheißen. Gerne auch mal wortwörtlich. Für einen Kontrollfreak wie mich eine harte Lektion. Da frage ich mich natürlich, wieviel unserer Planung für die nächsten Monate funktionieren wird. Aber ich habe mit dem Papa und meinem Arbeitgeber gleich zwei flexible Partner, wir kriegen das schon hin! Am allermeisten freue ich mich gerade auf unser erstes Business-Lunch zu dritt: Papa und Baby kommen mich im Büro abholen, Baby wird gestillt und dann gehen wir zusammen in Berlin-Mitte Mittagessen.“

Mehr bei EDITION

Klar geht das: Unternehmerinnen erzählen von ihrem Alltag mit Kind – Teil 1. Weiterlesen

Cristina Mühle:„Chefs können von Müttern als Mitarbeiterinnen absolut profitieren” Weiterlesen

Mama und Papa arbeiten – und zwar viel: Das sagen die Kinder berufstätiger Eltern. Weiterlesen

Anzeige